Lesen sie hier den ersten Teil der Serie: Stellungnahmen auf Begehungs- und Prüfberichte


von Michael Wipp

Michael Wipp - Foto: Wipp

Michael Wipp – Foto: Wipp

Teil II: Erarbeitung der Stellungnahme „Das lassen wir so nicht stehen!“

Nachdem der vorliegende Bericht in der beschriebenen Form bearbeitet wurde, erfolgt jetzt die inhaltliche Bewertung unter Einbezug derjenigen verantwortlichen Mitarbeiter vor Ort, welche die individuellen Situationen der Pflegebedürftigen am besten kennen. Dabei geht es jetzt darum, beschriebene Sachverhalte auf den individuell bewohnerbezogenen Praxisbezug zu analysieren und zu überprüfen, ob diese tatsächlich zutreffend sind. Wenn nicht, wird es erforderlich, geeignete Dokumente, Nachweise zu beschaffen, welche das Gegenteil oder den eigenen Standpunkt nachweislich untermauern. Das können u. a. sein:

  • Inhaltliche Verweise auf Passagen aus Expertenstandards
  • Textpassagen aus den diversen MDS- Grundsatzstellungnahmen
  • Textpassagen aus der Anlage 4 der QPR (Erläuterungen)
  • Belege aus anerkannter Fachliteratur (Fachzeitschriften, Fachbücher)
  • Nachweise aus einrichtungsinternen Dokumenten, die nicht unmittelbarer Bestandteil der Pflegedokumentation sind („weitere Informationsquellen“; QPR)
  • Einbezug früherer Prüf- oder Begehungsberichte, weil identische Sachverhalte von inzwischen anderen Prüfpersonen abweichend beurteilt werden

Die in diesem Beitrag gewählte Form der Stellungnahme soll als Beispiel dienen, jetzt den Prüf-/Begehungsbericht in der Einrichtung aufzubereiten.

Die Stellungnahme gliedert sich in folgende Rubriken:

  1. Bezugnahme (z. B. Seitenverweis/Prüfnummer aus Bericht)
  2. Bewertung gemäß Prüfbericht
  3. Begründung zur Bewertung aus Prüfbericht (=Textauszug)
  4. Stellungnahme der Einrichtung
  5. Maßnahmen der Einrichtung
  6. Umsetzung/Durchführung
  7. Verantwortlich
  8. Umsetzung bis/erfolgt am: …
  9. Anlagen

Nach Fertigstellung der Stellungnahme wird abschließend noch ein Begleitschreiben dazu verfasst, in welchem auf die beiliegende Stellungnahme nebst Anlagen verwiesen wird. Dabei kann beispielsweise bereits kurz und auszugsweise auf zentrale Punkte eingegangen werden. Genauso kann auch ein Dank für eine qualifizierte und konstruktive Prüf- oder Begehungssituation angesprochen werden. Zusammen mit diesem Begleitschreiben gehen Stellungnahme und Anlagen (fristgerecht) zur Post; von allen Dokumenten geht eine Kopie in die hausinterne Ablage „Qualitätsprüfung am XY“. Eine umfangreiche Stellungnahme kann – je nach dem Umfang an beschriebenen „Mängeln“ im Bericht – durchaus auf 30 bis 40 DIN A4-Seiten kommen. Dieser Aufwand sollte nicht gescheut werden. Oder wird die Einrichtung gefragt, ob sie einen bis 200-seitigen Bericht haben möchte?

In jeder Einrichtung, insbesondere bei großen Trägerverbänden sollte eine fortlaufende Übersicht mit folgender Dokumentation über alle Einrichtungen hinweg erfolgen (SGB XI u. LHeimG):

  • Dokumentation des Datums der Qualitätsprüfung/Begehung Heimaufsichtsbehörde
  • Dokumentation Eingangsdatum des Prüfberichts/Begehungsberichtes
  • Eingang der vorläufigen Qualitätsinformationen über die Pflegeeinrichtung
  • Termin zum Ablauf der Kommentar-Frist beachten (QDVS, Anlage 3, Ziffer 3.4)
  • Dokumentation des Datums, Versand der Stellungnahme
  • Prüfen, ob Fristverlängerung bei den Qualitätsinformationen erforderlich ist
  • Dokumentation Datum des Eintreffens des Antwortschreibens
  • Hier beginnt der Vorgang möglicherweise erneut: Prüfen der Argumentation in Bezug auf das erhaltene Antwortschreiben, ggf. zu einzelnen Punkten erneute Stellungnahme u.s.w.
Stellungnahme Prüfbericht Beispiel 1

Stellungnahme Prüfbericht Beispiel 1

Doppelprüfungen und Bürokratie

Ein Ende der jährlichen Doppelprüfungen von MDK und Heimaufsichtsbehörden würde massiv zum Bürokratieabbau beitragen, Kosten auf allen Seiten einsparen, den Einrichtungen Zeit für deren eigentliche Aufgaben zurückgeben und die Qualität in den bundesdeutschen Pflegeeinrichtungen definitiv nicht negativ beeinträchtigen.

Bis heute ist es den politisch Verantwortlichen nicht gelungen das Geflecht der Doppelprüfungen identischer Sachverhalte nachhaltig wirklich zu entflechten. Dabei wäre es so einfach: der MDK/PKV prüft die Qualität der Leistungen und die regionalen Heimaufsichtsbehörden, mit deren hochinteressanten bundeslandspezifischen Bezeichnungen, vor allem personelle, bauliche Standards etc. Das wird aber abgetan mit dem Verweis auf das Leistungs- und Ordnungsrecht. Kritische Zeitgenossen vermuten andere Beweggründe eine klare Aufgabentrennung zu verhindern. Zumindest für einen Teil der Pflegeeinrichtungen ist jetzt eine Entspannung der Lage zu erwarten, wenn diese nach den neuen Regelungen des § 114 c Abs.1 SGBXI ab 2021 in einen Zweijahres-SGBXI-Prüfturnus kommen.

Stellungnahme Prüfbericht Beispiel 2

Stellungnahme Prüfbericht Beispiel 2

Reaktionen und Ausblick

Von den Heimaufsichtsbehörden erfolgt auf Stellungnahmen seitens der Einrichtungen nicht selten keine Reaktion (auch das ist eine, weil später die Behörde in einem Argumentationsnotstand kommen kann) analog zu der Einrichtung, die ihrerseits einen Begehungs- oder Prüfbericht nicht adäquat bearbeitet. Es wäre im Sinne eines einheitlichen und trägerübergreifenden Vorgehens wichtig, dass alle Einrichtungen zwingend Stellungnahmen schreiben, weil dann die Behörden ihrerseits die Erfahrung machen (müssen), was es bedeutet sich ständig mit Reaktionen auf quantitativ endlose Berichte befassen zu müssen. Unbenommen davon sollte es dem Selbstverständnis der Einrichtung entsprechen, nicht jede unqualifizierte Aussage unkommentiert stehen zu lassen. Gleichermaßen bietet die Stellungnahme die Möglichkeit, sich im Sinne einer Evaluation, konsequent mit den Inhalten des Berichtes auseinanderzusetzen und somit (nebenbei) auch im Sinne des Qualitätsaspektes 6.3 aus der aktuellen QPR tätig zu sein.

Kurzinfo

Über den Autor Michael Wipp

Inhaber WippCARE, Beratung & Begleitung für Pflegeeinrichtungen, langjährige Erfahrung im Management bundesweit tätiger diakonischer und privater Unternehmen der Pflege; Ausbildung in der Altenpflege und in der Krankenpflege; diverse Zusatzqualifikationen; berufspraktische Erfahrung auf dem Gebiet der Altenhilfe in unterschiedlichen Positionen, Dozenten – und Lehrtätigkeit; Autor und Co-Autor v. Fachbüchern u. zahlreichen Fachveröffentlichungen; Mehrjährige Aufsichtsrats- und Kuratoriumstätigkeiten. Mitglied im Landesvorstand des bpa Baden-Württemberg; Extern berufenes Mitglied der Enquetekommission Pflege des Landtags Baden-Württemberg 2014-2016; Extern geladener Sachverständiger zu der Konzentrierten Aktion Pflege, Arbeitsgruppe 2, des Bundesministeriums für Gesundheit.

www.michael-wipp.de

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2020 zu finden.

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