von Tobias Fundis (Geschäftsführer) und Michael Radetzky (Leitung Organisation & Unternehmensentwicklung) Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG

„Nichts ist so beständig, wie der Wandel“ (Heraklit) – Dieser Grundsatz gilt in der heutigen Zeit mehr denn je: Um den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens auch in Zukunft sicherstellen zu können, ist es von entscheidender Bedeutung, sich auf den Wandel einzulassen und das Unternehmen kontinuierlich weiterzuentwickeln. Als Grundlage für eine solche Unternehmensentwicklung ist eine gezielte und langfristig ausgerichtete Wachstumsstrategie unerlässlich. Besonders kleine und mittlere Unternehmen kann das konzeptionelle Erarbeiten einer fundierten Wachstumsstrategie vor gewisse Herausforderungen stellen. Auch die Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG muss sich mit diesen Herausforderungen auseinandersetzten. Hierfür ist es zunächst einmal wichtig, die aktuellen und zukünftigen Entwicklungen der Pflegebranche detailliert zu analysieren.

Zukunftstrends erkennen

Foto: Seniorenstift Eppingen

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Als zentrale Zukunftstrends lassen sich neben den Themen Urbanisierung und Digitalisierung vor allem der demografische Wandel und eine starke gesellschaftliche Entwicklung hin zu immer mehr Individualität herausstellen. Dies führt zum einen dazu, dass in der Pflegebranche die Nachfrage langfristig gesichert sein wird und somit eine Basis für Wachstumsperspektiven besteht, zum anderen nimmt das Bedürfnis der Menschen nach individuellen Wohn- und Versorgungsformen im Alter weiter zu.

Diese Erkenntnisse, insbesondere in Bezug auf die zu erwartende Nachfrage, bestärken den Seniorenstift in seinen Wachstumsplänen. Als potenzielle Diversifikationsmöglichkeiten zur weiteren Unternehmensentwicklung kommen für das Unternehmen grundsätzlich mehrere Alternativen in Frage.

Da der Seniorenstift Eppingen bereits in der vollstationären Pflege tätig ist, wäre eine Spezialisierung dieser Leistungen in den Bereichen Demenz- oder Intensivpflege denkbar. Des Weiteren wäre eine teilstationäre Erweiterung durch das Angliedern einer Tages-/Nachtpflege möglich. Eine zusätzliche Option bestünde auch in der Implementierung eines ambulanten Dienstes sowie dem Angebot eines Betreuten Wohnens, beziehungsweise eines Service Wohnens.

Das eigene Potenzial analysieren

Foto: Seniorenstift Eppingen

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In Anbetracht der Vielzahl unterschiedlicher Alternativen, entschied sich die Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG dazu, einen strukturierten Analyseprozess vorzunehmen, um die strategisch sinnvollste Variante für das Unternehmen identifizieren zu können. Im Zuge dieses Analyseprozesses wurde eine umfangreiche SWOT-Analyse durchgeführt. Hierbei handelt es sich um ein Instrument zur strategischen Planung und Positionierung eines Unternehmens. Es werden die Stärken und Schwächen des Unternehmens, mittels Unternehmensanalyse/interner Analyse, sowie die Chancen und Risiken des Unternehmensumfeldes herausgearbeitet und gegenübergestellt. Ziel dieser Analyse ist es, unternehmensinterne sowie externe Einflussfaktoren zu ermitteln, die sich auf die weitere Unternehmensentwicklung auswirken könnten. Auf Grundlage dieser Erkenntnisse können dann die Diversifikationsalternativen mit dem höchsten Mehrwert für das Unternehmen herausgestellt werden. Auf Basis dieser umfassenden analytischen Betrachtung, konnte das Unternehmen die verschiedenen Diversifikationsmöglichkeiten in eine entsprechende Prioritätsreihenfolge bringen, die sich aus dem jeweiligen unternehmerischen Mehrwert ergab.

Prioritäten setzten

Den höchsten Prioritätsrang erreichte die Implementierung eines ambulanten Dienstes. Ausschlaggebend war hier unter anderem die Möglichkeit, die ambulanten Versorgungsstrukturen als Distributionskanäle zu nutzen, um Dienstleistungen über die klassische hauswirtschaftliche und pflegerische Versorgung hinaus anknüpfen zu können. Hier sollen beispielsweise Leistungen wie Gärtnerarbeiten, Essen auf Rädern oder Unterstützung bei finanziellen und wirtschaftlichen Angelegenheiten angeboten werden.

So kann die Wertschöpfungskette des Seniorenstift Eppingen auf vorgelagerte Stufen erweitert werden und Leistungen unabhängig von den gesetzlichen Regelungen des Sozialgesetzbuchs sowie der Abhängigkeit von Pflegefachkräften erbracht werden. Gleichzeitig kann dadurch dem gesellschaftlichen Bedürfnis nach einem hohen Grad an Individualität begegnet werden. In Anlehnung an das Mass-Customization-Verfahren aus der Wirtschaft und Industrie, kann mithilfe eines Baukastenprinzips des Dienstleistungsportfolios ein möglichst individuelles Leistungsangebot erreicht werden.

Herr Fundis (links) Herr Radetzky (rechts) - Foto: Seniorenstift Eppingen

Die Autoren Tobias Fundis und Michael Radetzky vom Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG – Foto: Seniorenstift Eppingen

Einen besonderen Mehrwert dieses Vorgehens sieht der Seniorenstift vor allem i. V. m. einem Betreuten Wohnen/Service Wohnen. Die Kunden könnten durch das Wohnangebot im Zusammenspiel mit dem Dienstleistungsportfolio des ambulanten Dienstes möglichst lange in den eigenen vier Wänden wohnen und somit einen hohen Grad an Autonomie und Individualität, selbst bei zunehmendem Pflegebedarf, erlangen. Leistungen können entsprechend der eigenen körperlichen Verfassung sukzessive hinzugebucht werden und das Bestreben eines lebenslaufbegleitenden Wohnens realisiert werden. Im Kontext eines Betreuten Wohnens/Service Wohnens lassen sich auch gewisse Synergieeffekte nutzen. So kann die Effizienz der Leistungserbringung gesteigert und der Ressourcenverbrauch reduziert werden. Der Einsatz entsprechender digitaler Lösungen kann diesen Effekt zusätzlich verstärken. Dadurch lässt sich ein deutlich gesteigerter Return on Investment (ROI) erzielen.

Denkbar wäre, dieses Leistungskonstrukt im Zuge der weiteren Unternehmensentwicklung auch noch durch eine Tages- bzw. Nachtpflege zu erweitern. Dies würde das Portfolio der Versorgungsleistungen ausbauen und den Grad an Synergieeffekten weiter erhöhen. Aufgrund der regulatorischen Bestimmungen und dem benötigten Investitionsvolumen, liegt diese teilstationäre Diversifikationsalternative allerdings auf einer nachgelagerten Stufe der Unternehmensentwicklung. Ebenso ist auch der erweiterte Ausbau im Bereich der vollstationären Pflegeleistungen, aufgrund des hohen finanziellen Volumens im Vergleich zu den Alternativen, erst in der langfristigen Perspektive in Betracht zu ziehen.

Mehrwert schaffen

Da jedes Unternehmen unterschiedliche Rahmenbedingungen und Gegebenheiten aufweist, müssen die Analyse und Abwägung verschiedener Wachstumsschritte immer individuell vorgenommen werden. Das Vorgehen der Seniorenstift Eppingen GmbH & Co. KG kann vielleicht auch anderen Einrichtungen als Hilfestellung dienen.

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 zu finden.

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