von Jochen Richter und Dietmar Motzer
(Partner bei CURACON GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft)

Jochen Richter

Fotos: Curacon

Dietmar Motzer

Fotos: Curacon

Die Notwendigkeit, sich als Unternehmen in der Sozialwirtschaft den krisenhaften Entwicklungen zu stellen und strategische Zukunftskonzepte zu entwickeln, ist den meisten Vorständen und Aufsichtsgremien bewusst. Der folgende Beitrag gibt einen Einblick, wie ein Komplexträger am Beispiel des Caritasverbandes für die Diözese Eichstätt an ein solches Vorhaben herangeht, was wesentliche Erfolgsfaktoren sind und welche strategischen Optionen sich entwickeln lassen.

Herausforderungen nehmen zu und werden komplexer

Eine gesicherte und planbare Refinanzierung von Leistungen ist eine der größten Herausforderungen. Hohe Kostensteigerungen bei Energie, Personal und Lebensmitteln werden nicht vollumfänglich oder nur mit zeitlichem Verzug von den Kostenträgern refinanziert. Oftmals müssen Leistungsanbieter in Vorleistung gehen, was die Liquidität belastet. Darüber hinaus stellen die Rekrutierung und Bindung von Fachkräften die Träger vor große Probleme. Personalausfälle und nicht besetzte Stellen führen zu Belegungsrückgängen und Einnahmeausfällen. Beim Caritasverband für die Diözese Eichstätt ist bspw. die Allgemeine Sozialberatung in den Kreisstellen vor Ort ein Herzstück der Caritasarbeit, welche stark nachgefragt wird und der Caritas ein Gesicht im Gemeinwesen gibt. Diese Leistungen sind jedoch regelmäßig nicht öffentlich refinanziert und werden aus Eigenmitteln des Verbandes und Kirchensteuermitteln bezahlt. Auch die Overheadkosten, die nur in Teilen vom Kostenträger bezahlt werden, sind eine finanzielle Herausforderung. Immer neue Aufgaben und Auflagen sowie eine ausufernde Bürokratie sind bei vielen Trägern allgegenwärtig. Finanzmittel, die von der öffentlichen Hand kommen, werden aufgrund der politischen Rahmenbedingungen reduziert. Nicht zuletzt sind zukünftig auch rückläufige Kirchensteuermittel eine große Herausforderung. Eine Steuerung „auf Sicht“ und nur reaktiv ist somit zu kurz gedacht. Soll das Leistungsangebot der Caritas Eichstätt auch zukünftig aufrechterhalten werden, so wird dies nicht ohne ein strategisches Zukunftskonzept möglich sein.

Ein Zukunftskonzept muss vielen Anforderungen gerecht werden

Angesichts der zahlreichen Herausforderungen dürfen bei der Ermittlung strategischer Optionen nicht nur die Risiken gesehen werden. Veränderungen beinhalten auch immer Chancen. Hilfsbedürftige, Angehörige, Mitarbeiter und Öffentlichkeit erwarten gerade von einem caritativen Sozialverband, dass mit begrenzten Mitteln dennoch möglichst viele Hilfen zur Verfügung gestellt werden. Eine ganzheitliche und klare Strategie gewährleistet, dass hier zielgerichtet vorgegangen wird. Hierzu gehören Priorisierungen bei Investitionen ebenso wie eine qualitativ und wirtschaftlich ausgerichtete Steuerung im Unternehmen. Ein wesentlicher Erfolgsfaktor ist die Schaffung von Transparenz über Gründe für Entwicklungen, Wechselwirkungen und Entscheidungen für die Zukunft. Dies ist nicht nur mit Blick auf die Mitarbeitenden, sondern auch mit Blick auf die Hilfsbedürftigen, Angehörigen und die Öffentlichkeit von Bedeutung. Nicht immer ist der Öffentlichkeit bewusst, wie Hilfsangebote finanziert werden und warum es bei unzureichenden Refinanzierungsbedingungen zu Reduzierungen oder zur Einstellung von Angeboten und Diensten kommen kann. Es ist deshalb auch wichtig, den Schulterschluss mit der Diakonie und anderen Wohlfahrtsverbänden zu suchen.

Partizipierter Ansatz für eine breite Akzeptanz

Für die Caritas Eichstätt war von Anfang an klar, dass ein Zukunftskonzept nur gelingen kann, wenn das Vorhaben und die Ziele im Verband transparent gemacht werden. Die Mitarbeitenden sollten in solch ein Projekt frühzeitig mit eingebunden werden. Der partizipative Ansatz wurde in allen Phasen des Projektes durch Curacon und die Caritas Eichstätt zugrunde gelegt. Dies hat sich als wesentlicher Erfolgsfaktor für das Projekt gezeigt. Neben regelmäßigen Statusberichten auf verschiedenen Ebenen wurde eine Plattform für das Projekt eingerichtet, in der zu jeder Zeit Ideen, Anregungen und Kritik geäußert werden konnten. Eine gute Kommunikation während der Konzepterstellung ist nötig, um Veränderungen zu begründen und Auswirkungen aufzuzeigen. Entscheidend hierbei ist, die vereinbarten Maßnahmen auch konsequent umzusetzen, sonst werden die gesetzten Ziele nicht erreicht.

Konsequente Umsetzung von Strategien

Für Unternehmen in der Sozialwirtschaft zeigen sich erfahrungsgemäß verschiedene strategische Optionen, die oftmals miteinander kombiniert werden. Jede Strategie ist individuell und lässt sich nicht einfach auf das nächste Unternehmen übertragen. Es haben sich jedoch drei wesentliche strategische Zielrichtungen in der Sozialwirtschaft herauskristallisiert: Stabilisierung, Fokussierung und Entwicklung. Die Stabilisierung beinhaltet Ziele und Maßnahmen, die eine Optimierung der Refinanzierung zum Inhalt hat und Verluste in Leistungsbereichen vermeiden soll. Hierzu gehört auch die Stabilisierung notwendiger Ressourcen für die zukünftige Leistungserbringung. Die Fokussierung zielt insbesondere auf das Leistungsportfolio sowie die zukünftige Marktposition. Hier gilt es, Schwerpunkte zu setzen und kritische Leistungsangebote konsequent zu hinterfragen. Die Entwicklung oder ggf. auch das Wachstum als dritte strategische Zielrichtung berücksichtigt die stetigen Veränderungen in den Rahmenbedingungen. Sie erfordert Innovationsstärke und richtet sich nach innen als auch nach außen. In den einzelnen Bereichen sind die Spezifika dieser Hilfefelder maßgeblich. Funktionalstrategien gewinnen insgesamt immer mehr an Bedeutung. Der eigentliche Mehrwert dieser Strategien kann aber nur dann zum Tragen kommen, wenn die Umsetzung konsequent verfolgt wird. Hier hat sich ein Umsetzungscontrolling bewährt, das auf einen längeren Zeitraum angelegt ist und die Wirksamkeit auch im Laufe weiterer Veränderungen in den Rahmenbedingungen messbar werden lässt.

Fazit

Ohne ein strategisches Zukunftskonzept wird die langfristige Existenzsicherung zum Zufall und gerade Komplexträger können den derzeitigen und zukünftigen Risiken kaum begegnen. Es lohnt sich im Interesse der Menschen, für die Hilfen angeboten werden, für alle Mitarbeitenden und nicht zuletzt die Öffentlichkeit mittel- bis langfristige Ziele zu entwickeln und mit konkreten Maßnahmen zu unterfüttern. Auch wenn Finanzierung und Wirtschaftlichkeit mitunter eine deutliche Dominanz in der Strategiefindung haben, so werden doch oftmals auch Potenziale und Chancen sichtbar, um Hilfsangebote nachhaltig zu sichern und auszubauen. Eine breite Beteiligung von Mitarbeitenden im Unternehmen macht Entscheidungsgründe transparent, erschließt innovative Ideen und schafft damit auch höhere Wahrscheinlichkeiten für eine tatsächliche Umsetzung.

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 01/2025 erschienen.

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