von Amely Reddemann (Stiftung viamedica)

Das von der Stiftung viamedica initiierte Klimaschutzprojekt „Klimaretter – Lebensretter“ für die Beschäftigten im Gesundheitswesen greift die aktuellen Handlungsfelder Abfälle und Digitalisierung auf und sensibilisiert zu einem sorgsamen Umgang mit Energie und Ressourcen. Neue Aktionen im online verfügbaren Klimaretter-Tool (www.klimaretter-lebensretter.de) motivieren Pflegekräfte dazu, in ihrem Arbeitsumfeld Verpackungsmüll zu vermeiden und ihren digitalen CO2-Fußabdruck zu reduzieren.  

Wachsende Müllberge in Zeiten der Pandemie

Der jährliche Verpackungs- und Datenmüll ist in den letzten Jahren stetig gestiegen. Rund 107 kg Verpackungsmüll[1] hat ein durchschnittlicher Endverbraucher im Jahr 2017 verursacht – das entspricht rund 120 kg CO2 pro Jahr. Die Pandemie hat die Müllberge weiter anwachsen lassen – auch im Pflegebereich. Einmal-Gesichtsmasken und Schutzausrüstungen sind dabei nicht allein schuld am erhöhten Abfallaufkommen während der Pandemie. Auch Einwegprodukte, die meist schnell auf dem Müll landen, sind im Gesundheitswesen aufgrund des hohen Aufwands für den Infektionsschutz meist noch Standard.

Rund zwei bis acht Kilogramm Müll[2] fallen täglich pro Heimbewohner an, pflegespezifische Abfälle nicht eingerechnet. Ein umfassendes Hygiene- und Abfallmanagement kann für die Gesundheit von Pflegeheimbewohnern und -personal sowie für den wirtschaftlichen Betrieb der ohnehin unter Druck stehenden Einrichtungen sorgen und Einsparpotenziale heben. Wer ein funktionierendes System in seiner Einrichtung etablieren möchte, muss das Pflegepersonal mitnehmen. Denn es spielt eine zentrale Rolle beim effizienten Umgang mit Energie und Ressourcen und bei der Reduzierung des Abfallaufkommens. Mit der Teilnahme am Projekt Klimaretter – Lebensretter können Einrichtungen die gesamte Mitarbeiterschaft in ihre Nachhaltigkeitsstrategie einbinden.

Das zeigt das Haus St. Anna der Deutsch-Ordens Altenhilfe, das sich seit letztem Herbst am Projekt beteiligt – auch hier ist der Pandemie-Effekt spürbar: „Ich weiß, durch Corona haben sich unsere Abfälle vermehrt. Und wir halten zwar mehr Videokonferenzen ab, anstatt durchs Land zu fahren, aber für den digitalen Fußabdruck ist das wohl nicht förderlich“, sagt die Qualitätsbeauftragte Katharina Schillke. Denn auch die Digitalisierung hat einen enormen Schub erfahren – mit negativen Auswirkungen fürs Klima. Im Durchschnitt beträgt der digitale CO2-Fußabdruck rund 740 kg CO2 pro Jahr und Person[3]. Dieser umfasst den Stromverbrauch elektronischer Geräte und Dienste (Fernsehen, Computer, Smartphones und Internet) sowie den Energieverbrauch, der durch deren Herstellung verursacht wird.

Klimaretter-Tool sensibilisiert zu mehr Energie- und Ressourcenschutz

Gemeinsinn und Nachhaltigkeit im Fokus: Katharina Schillke, Qualitätsbeauftragte mit Pflegefachkraft Thorge Olthoff vom Haus St. Anna der Deutsch Ordens Altenhilfe bei der Preisübergabe des Klimaretter-Awards 2021. - Foto: Haus St. Anna

Gemeinsinn und Nachhaltigkeit im Fokus: Katharina Schillke, Qualitätsbeauftragte mit Pflegefachkraft Thorge Olthoff vom Haus St. Anna der Deutsch Ordens Altenhilfe bei der Preisübergabe des Klimaretter-Awards 2021. – Foto: Haus St. Anna

Dass es zahlreiche Möglichkeiten gibt, seinen Verbrauch an Verpackungsmüll und Energie für die digitale Nutzung zu verringern, zeigen die neuen Aktionen im Klimaretter-Tool (www.klimaretter-lebensretter.de) der Stiftung viamedica. Das Online-Tool unterstützt Einrichtungen in der Pflege dabei, ihre Mitarbeitenden für das eigene Verhalten zu sensibilisieren und ein Umdenken in Gang zu setzen. „Wer bei der digitalen Nutzung einige Regeln beachtet, kann pro Monat rund 4 kg CO2 vermeiden“, weiß Markus Loh, Projektleiter bei der Stiftung viamedica. „Und wer seinen Verpackungsmüll um ein Drittel reduziert, vermeidet in vier Wochen rund 3 kg klimaschädliches CO2.“ Das Klimaretter-Tool rechnet die wöchentlich vermiedene Müll- und Energiemenge in CO2 um, ordnet diese dem Nutzerkonto und dem Konto der teilnehmenden Einrichtung zu und macht diese im Ranking sichtbar. So entsteht ein spielerischer Wettbewerb um die höchsten CO2-Einsparungen. „Gemeinsam aktiv zu werden, spornt an und motiviert“, ist Loh überzeugt. Das kann auch Qualitätsbeauftragte Schillke bestätigen, die mit ihrer Einrichtung den diesjährigen Klimaretter-Award 2021 gewonnen hat.

Tipps im Tool motivieren niederschwellig

Viele Pflegeeinrichtungen haben bereits das Thema Müll in ihre Nachhaltigkeitsstrategie aufgenommen, um Ressourcen und Kosten für die Müllentsorgung einzusparen. Dabei stehe nicht unbedingt die Einsparung an CO2 im Vordergrund, sondern der Aspekt, dass für die Beschäftigten das Thema Müll am stärksten sichtbar sei, berichtet Thomas Diekamp, Projektleiter bei der Arbeiterwohlfahrt aus dem Projekt „klimafreundlich pflegen – überall“, das ideeller Partner des Klimaretter-Projekts ist. So verbesserten laut Diekamp Einrichtungen ihre Mülltrennung und setzten auf Müllvermeidung durch den Ersatz von Einweg- durch Mehrwegverpackungen oder frischer Ware bei der Verpflegung.

Neue Aktionen aus dem Klimaretter-Tool: Digitalen Fußabdruck reduzieren und Verpackungsmüll vermeiden - Grafik: Scholz & Volkmer

Neue Aktionen aus dem Klimaretter-Tool: Digitalen Fußabdruck reduzieren und Verpackungsmüll vermeiden – Grafik: Scholz & Volkmer

Mit dem Klimaretter-Projekt können Beschäftigte selbst aktiv werden, um Müll zu vermeiden: So kann man ausprobieren, möglichst verpackungsfrei einzukaufen und auf Produkte zu achten, deren Verpackung plastikfrei oder recycelbar ist. Auch der eigene digitale CO2-Fußabdruck lässt sich leicht reduzieren: So kann im Büro und zuhause der Monitor oder Desk-Top Computer bei Nichtnutzung ausgeschaltet und Bildschirmschoner generell deaktiviert werden. Auch lohnt es sich, auf energiesparendere Geräte wie Laptops oder Tablets umzusteigen und deren Nutzungsdauer zu verlängern. Um die stromfressenden Rechenzentren zu entlasten, sollte man doppeltes Abspeichern von Daten vermeiden und nicht gebrauchte Dateien und E-Mails mit viel Speicherplatz löschen. Auch bei Videokonferenzen können Einrichtungen Energie sparen, wenn man Kamera oder Mikrofon ausschaltet, wenn diese nicht benötigt werden. Das Klimaretter-Tool zeigt die Einsparungen der umgesetzten Aktionen direkt an und sorgt für Bestätigung: „Beschäftigte, die durch die eigene Verhaltensänderung ein Erfolgserlebnis haben, werden auch betriebliche Entscheidungen zu mehr Nachhaltigkeit mittragen“, versichert Loh.

Chance für Pflegeeinrichtungen

Neue Aktionen aus dem Klimaretter-Tool: Digitalen Fußabdruck reduzieren und Verpackungsmüll vermeiden - Grafik: Scholz & Volkmer

Grafik: Scholz & Volkmer

Mit dem Nachschärfen des Klimaschutzgesetzes stehen auch Pflegeeinrichtungen in der Verantwortung, ihre CO2-Emissionen weiter zu reduzieren. Der steigende CO2-Preis wird Ansporn sein, neben dem Energiebereich auch das Einsparen von Ressourcen und Abfällen verstärkt ins Visier zu nehmen. Das von der Stiftung viamedica initiierte und vom Bundesumweltministerium (BMU) geförderte Klimaretter-Projekt ist eine Chance für Pflegeeinrichtungen, die Beschäftigten dabei mitzunehmen. Anmeldung und weitere Informationen unter https://projekt.klimaretter-lebensretter.de.

Informationen zur Stiftung viamedica:

Die 2002 von Umweltpreisträger und Hygieniker Prof. Dr. Franz Daschner gegründete Stiftung mit Sitz in Freiburg arbeitet zu den Themen Umweltschutz und Nachhaltigkeit im Gesundheitswesen. Die Stiftung hat das vom Bundesumweltministerium im Rahmen der Nationalen Klimaschutzinitiative geförderte Projekt „Klimaretter – Lebensretter“ 2017 initiiert, um die Beschäftigten im Gesundheitswesen für mehr Klimaschutz zu sensibilisieren. Weitere Informationen unter www.viamedica-stiftung.de.

Quellen:

[1] Umweltbundesamt

[2] Arbeitsgemeinschaft Abfallberatung in Unterfranken in: https://www.abfallmanager-medizin.de/themen/hygiene-und-abfallentsorgung-in-pflegeheimen-infektionsrisiken-senken-einsparmoeglichkeiten-pruefen/

[3] Klimaretter-Tool, Öko-Institut

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2021 zu finden.

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