von Klaus Thönißen, LL.M. und Dr. Eva Rütz, LL.M. (beide Luther Rechtsanwaltsgesellschaft mbH)

Autor Klaus Thönißen

Autor Klaus Thönißen, LL.M. – Fotos: Jörg Modrow/laif

Autor Dr. Eva Rütz

Autor Dr. Eva Rütz, LL.M. – Fotos: Jörg Modrow/laif

Problemdarstellung

Die Kosten für Pflegeheime steigen immer weiter: Infolge der seit September 2022 geltenden Tariftreueregelungen nach dem Gesundheitsversorgungsweiterentwicklungsgesetz sowie den steigenden Mieten und Energiekosten nehmen die (Personal-) Kosten für Pflegeeinrichtungen zu. Das macht es für die Betreiber notwendig, diese Kostensteigerungen teilweise weiterzugeben und den Eigenbetrag der Bewohner zu erhöhen. Denn die Kostensteigerungen laufen regelmäßig nicht synchron mit den Verhandlungen bzw. den Laufzeiten der Versorgungsverträge. Das heißt: Kostensteigerungen sind wegen der bereits bestehenden Versorgungsverträge nicht unmittelbar refinanzierbar. Insbesondere im Fall der Einführung der Tariftreueregelungen hätte der Gesetzgeber auf einen solchen Gleichlauf mit den Versorgungsverträgen achten müssen, hat es jedoch nicht getan. Die Insolvenzen der letzten Jahre sprechen für sich.

Die Eigenanteile der Bewohnenden steigen seit Jahren stetig an. Im Schnitt zahlen die zu Pflegenden im Bundesdurchschnitt über 2.800,00 € pro Monat im ersten Aufenthaltsjahr (Stand: Juli 2024 bei Pflegegrad 2). Diese Steigerungen führen dazu, dass sich immer mehr Pflegebedürftige diesen Eigenanteil nicht mehr selbst leisten können. Trotz Pflegeversicherung sind diese Menschen auf Sozialhilfe – die sog. „Hilfe zur Pflege“ – angewiesen. Ihrer Leistungspflicht kommen die Sozialhilfeträger jedoch aufgrund langer Bearbeitungszeiten nur mit erheblichen Verzögerungen nach – die Pflegeheimbetreiber müssen immer öfter erhebliche Summen vorfinanzieren. So gaben in einer Befragung des Verbands katholischer Altenhilfe in Deutschland (VKAD) aus September 2024, an der sich 130 Träger der Langzeitpflege beteiligten, 71 % an, dass Sozialämter Zahlungsrückstände bei ihnen hätten. Teils gehen die offenen Rechnungen der Heimbetreiber gegen den Staat in die Millionen: 39 % aller befragten Träger gaben an, dass Zahlungsrückstände bereits aktuell oder jedenfalls in absehbarer Zukunft liquiditätsgefährdend seien. Doch nicht nur die Liquidität der Betreiber ist erheblich gefährdet, sondern es droht auch eine Zwei-Klassen-Gesellschaft zu entstehen. Denn die Betreiber müssen genau hinschauen, ob und wie viele Sozialhilfeempfänger sie – ohne ihre Betriebe in wirtschaftliche Nöte zu bringen – aufnehmen können. So gewinnt das eigene Vermögen der Pflegebedürftigen entscheidende Bedeutung bei der Vergabe von Pflegeplätzen. All dies führt insgesamt dazu, dass die wirtschaftliche Lage im Pflegesektor sich immer weiter anspannt.

Rechtliche Handhabe

Die große Mehrheit (83 %) der von Rückständen betroffenen Träger gab in der Befragung des VKAD an, bereits Maßnahmen gegen die Engpässe und Zahlungsverzögerungen unternommen zu haben. Maßnahmen sind demnach insbesondere Beschwerden bei Sozialämtern, Gespräche mit Kommunen und Bezirksregierungen sowie Kontakt zu Angehörigen. Doch wie sieht die rechtliche Handhabe der Leistungserbringer gegen die Sozialhilfeträger aus?

Pflegebedürftige Personen haben einen Rechtsanspruch auf Hilfe zur Pflege, soweit ihnen und ihren Ehegatten nicht zuzumuten ist, dass sie für die zur Pflege benötigten Mittel aus ihrem eigenen Einkommen und Vermögen aufkommen, § 61 S. 1 SGB XII. Diese Hilfe zur Pflege umfasst für Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 und höher auch stationäre Pflege in einem Pflegeheim, § 63 Abs. 1 S. 1 Nr. 5 SGB XII i. V. m. § 65 S. 1 SGB XII. Zwar sind diese Leistungen als Sachleistungen ausgestaltet. Soweit aber der Leistungsträger nicht ausnahmsweise als Leistungserbringer tätig wird, war der Anspruch bereits früher – im Rahmen des sog. sozialhilferechtlichen Dreiecksverhältnisses – nach der einschlägigen Rechtsprechung der Sozialgerichte auf Sachverschaffung gerichtet. Der Träger trat der Schuld des Leistungsempfängers gegenüber dem Leistungserbringer als weiterer Schuldner bei. Dadurch wurde ein Zahlungsanspruch des Leistungserbringers gegenüber dem Sozialhilfeträger konstruiert.

Seit der Reform 2020 ist ein unmittelbarer Anspruch auf Zahlung der Vergütung für die Leistungserbringung gegen den verpflichteten Sozialhilfeträger ausdrücklich gesetzlich in § 75 Abs. 6 SGB XII festgelegt. Dieser direkte Leistungsanspruch ist nicht privatrechtlicher, sondern öffentlich-rechtlicher Natur. Die Vergütung bemisst sich auf Grundlage der vertraglich zwischen Leistungserbringer und -empfänger vereinbarten Vergütung danach, was dem Empfänger vom Sozialhilfeträger bewilligt wurde, § 77a Abs. 1 S. 2 SGB XII. Der Vergütungsanspruch entsteht, wenn der Sozialhilfeträger die Leistung gegenüber dem Berechtigten durch Bescheid bewilligt hat und der Leistungserbringer die Leistung erbracht hat. Bereits den Bewilligungsbescheid gegenüber dem Leistungsberechtigten zu erlassen, kann angesichts langer Bearbeitungszeiten die Zahlung an den Leistungserbringer erheblich verzögern. Diese Zeit zu verringern liegt allerdings nicht in den Händen des Leistungserbringers: Nur der Sozialhilfeberechtigte ist klagebefugt und kann auf Bewilligung der Hilfe zur Pflege klagen. Der Leistungserbringer ist in diesen Verfahren lediglich notwendig beizuladen, hat jedoch kein eigenes Initiativrecht. Erst wenn die Pflegeleistung erbracht ist und die Hilfe formell bewilligt ist, kann der Leistungserbringer – und muss es angesichts des mangelnden Zahlungseifers der Sozialhilfeträger oft auch – den Anspruch klageweise vor den Sozialgerichten, § 51 Abs. 1 Nr. 6a SGG, geltend machen.

Was tun? Professionelles Forderungsmanagement

Ab dem Bestehen der Forderung nach der Bewilligung haben die Leistungserbringer eine rechtliche Handhabe, die Forderung schnell durchzusetzen. Daher kommt dem eigenen Forderungsmanagement immer mehr Bedeutung zu. Denn Verzögerungen seitens der Sozialämter binden dort erheblich mehr Kapazitäten als früher üblich. Es wird deswegen zunehmend unentbehrlich, das Forderungsmanagement zu professionalisieren. Nur auf diese Weise lässt sich die unter der steigenden Kapazitätsbindung leidende Effizienz erhalten; und nur so lässt sich letztlich auch die wirtschaftliche Existenzfähigkeit des Unternehmens sichern.

Dazu muss das gesamte bestehende Forderungsmanagement auf den – insbesondere digitalen – Prüfstand gestellt werden. Selbst kleine Effizienzsteigerungen durch Automatisierung oder Digitalisierung der Prozesse haben, weil es sich bei diesen Arbeitsschritten nunmehr um Massenvorgänge handelt, einen großen Hebel. Besonders der Mahnprozess kann und sollte verbessert werden. Auch standardisierte Arbeitsschritte und Rechnungstemplates gehören dazu. Bei Kapazitäts- und Kompetenzlücken bietet sich ein Rückgriff auf externe Partner mit entsprechender Expertise besonders an: Das Themenfeld des Forderungsmanagements ist abgrenzbar und kann ohne größere Schwierigkeiten in die eigene Organisation eingebettet werden.

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 01/2025 erschienen.

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