Eine nachhaltige Produktion wird als Auswahlkriterium für Berufsbekleidung in der Pflege immer wichtiger. Der Kölner Hersteller BP – Bierbaum-Proenen gilt als Nachhaltigkeitspionier der Branche. In einer Studie des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung wurde das Kölner Unternehmen als Positivbeispiel benannt. Fabian Kusch, Leiter Nachhaltigkeit bei BP, gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Herr Kusch, seit wann bemerken Sie, dass Pflegeeinrichtungen bei der Auswahl von Berufsbekleidung sehr bewusst auf eine nachhaltige Produktion achten?
Fabian Kusch: Wir beobachten das seit einigen Jahren. Früher kamen Nachfragen, wie wir unsere Kleidung produzieren, eher sporadisch vor, heute kommen sie sehr regelmäßig. Tendenziell lässt sich sagen: Je größer eine Einrichtung, desto mehr Wert wird auf eine nachhaltige Produktion der Berufsbekleidung gelegt. Und wenn die Berufsbekleidung im Rahmen einer Ausschreibung vergeben wird, ist eine sozial und ökologisch verträgliche Herstellung häufig Grundvoraussetzung.
Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
Nachhaltigkeit ist ein gesellschaftliches Megathema, das alle Bereiche erfasst und das auch medial eine stetig wachsende Bedeutung einnimmt. Die Berufsbekleidung steht dabei, wie grundsätzlich die ganze Bekleidungsindustrie, stark im Fokus. Denn, und da muss man ehrlich sein, Bekleidung ist unter dem Aspekt der Nachhaltigkeit ein schwieriges Produkt.
Was können Hersteller tun, um das zu ändern?
Bei allen Maßnahmen, die wir ergreifen, müssen wir uns zunächst Folgendes vergegenwärtigen: Vermeiden ist immer besser als Reduzieren und erst dann kommt der Punkt Recycling.
Können Sie das konkretisieren?
Vermeiden bedeutet: Erkennen, dass jedes Bekleidungsstück, das wir produzieren, Ressourcen verbraucht. Für die Ressourcenschonung ist die Qualität der Kleidung daher elementar wichtig. Wenn eine Pflegeeinrichtung nicht jedes Jahr neue Produkte für die Belegschaft kaufen muss, ist das der größte Beitrag zur Nachhaltigkeit. Auch das Design spielt hier eine Rolle. „Fast Fashion“ kann per se nicht nachhaltig sein. Das Design sollte immer so konzipiert sein, dass die Kleidung professionell und modern ist, ohne jedem Trend hinterherzulaufen.
Und was bedeutet reduzieren und recyceln?
Reduzieren heißt, dass wir etwa bei Transportwegen und Verpackungen immer schauen müssen, dass jedes Produkt so wenige Kilometer wie möglich zurücklegt, dass wir Frachtkapazitäten optimal ausnutzen und möglichst wenig und umweltschonende Verpackung verwenden. Dazu gehört auch, Baumwolle zu ökologisch vertretbaren Bedingungen anzubauen. Recyceln bedeutet, bei der Herstellung von Berufsbekleidung, Fasern aus recycelten Quellen einzusetzen und das Produkt am Ende seines Lebenszyklus einer weiteren Verwendung und perspektivisch einer Kreislaufwirtschaft zuzuführen.
Wie kann ich als Verantwortlicher für die Berufsbekleidung in einer Pflegeeinrichtung sehen, ob die Kleidung Nachhaltigkeitskriterien entspricht?
Mittlerweile gibt es eine ganze Reihe von Labels für nachhaltig produzierte Kleidung. Ein Beispiel ist das „Fairtrade Label“, dessen Reichweite und Glaubwürdigkeit sehr hoch ist. Wir bei BP nehmen seit fünf Jahren am Pilotprojekt „Supporting Fairtrade Cotton“ teil und haben uns verpflichtet, unseren Anteil an fair gehandelter Baumwolle stetig zu erhöhen.
Gibt es noch weitere Beispiele?
Als ein sehr anerkanntes Label im Hinblick auf die soziale Dimension von Nachhaltigkeit gilt das Label der „Fair Wear Foundation“. Das ist eine unabhängige Multi-Stakeholder-Initiative, die sich für die Verbesserung der Arbeitsbedingungen in der internationalen Bekleidungsindustrie einsetzt. Ihre Standards gelten allgemein als die höchsten in der Branche.
Wie wird sich die Nachfrage nach sozial und ökologisch verträglicher Kleidung im Pflegebereich weiter entwickeln?
Ich bin überzeugt, dass das Thema künftig eine noch größere Rolle spielen wird. Bei der Nachhaltigkeit kommt der Druck auch aus der Belegschaft. Die Pflegekräfte beschäftigen sich wie sehr viele Menschen in der Gesellschaft intensiv mit dem Thema. Daher erwarten sie, dass ihr Arbeitgeber das ebenfalls tut.
Sind Pflegeeinrichtungen bereit, mehr für nachhaltig produzierte Kleidung zu bezahlen?
Da gibt es sicherlich eine Schmerzgrenze, denn die Pflege ist ein preissensibler Sektor. Man muss sich aber immer vor Augen führen, dass nachhaltige Kleidung, die qualitativ hochwertig und langlebig ist, auf Dauer für eine Einrichtung immer günstiger ist als vermeintliche preiswerte Lösungen, die nicht lange halten.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 zu finden.