Wie wichtig professionelle Berufsbekleidung in der Pflege ist, bestreitet niemand mehr. Doch was sind die aktuellen Trends? Welche Anforderungen muss die Kleidung im Arbeitsalltag erfüllen? Und worauf kommt es den Pflegekräften an? Frank Dondajewski, Experte für Berufsbekleidung für Heil- und Pflegeberufe beim Kölner Hersteller BP – Bierbaum-Proenen, kennt die Antworten.
Herr Dondajewski, hat sich das Standing von Berufsbekleidung im Pflegebereich in den vergangenen Jahren verändert?
Frank Dondajewski: Eindeutig ja. In großen Einrichtungen ist es schon lange Standard, dass Pflegekräfte Berufsbekleidung tragen. In kleineren Häusern haben sich die Verantwortlichen lange Zeit schwer damit getan, weil der Pflegesektor eine preissensible Branche ist. Aber auch in kleineren Einrichtungen oder etwa bei ambulanten Pflegediensten, kommt heute niemand mehr um professionelle Berufsbekleidung herum. Die Verantwortlichen haben verstanden, dass das sehr gut investiertes Geld ist.
Worauf führen Sie diese Entwicklung zurück?
Da gibt es mehrere Gründe. Großen Anteil daran hatte die Corona-Pandemie, die gezeigt hat, wie wichtig Hygienewäsche-taugliche Berufsbekleidung ist – für die reibungslosen Abläufe in den Häusern, aber auch für das Sicherheits- und Hygieneempfinden der Pflegekräfte. Ein weiterer Aspekt ist der enorme Fach- und Arbeitskräftemangel im Pflegesektor. Die Arbeitgeber haben verstanden, dass sie ihre Chancen beim Werben um die begehrten Pflegekräfte enorm erhöhen, wenn sie ihren Angestellten bequeme und hochwertige Kleidung zur Verfügung stellen und ihnen dadurch Respekt und Wertschätzung erweisen. Natürlich spielt auch der Wettbewerb der Einrichtungen untereinander und ihre steigende Zahl eine große Rolle: Wer nicht professionell nach außen auftritt, bekommt Probleme, sich in diesem umkämpften Markt zu positionieren und Kunden zu gewinnen. Die Kleidung als Visitenkarte der Einrichtung ist ein wichtiger Bestandteil dieses professionellen Auftritts.
Welche Bekleidungstrends beobachten Sie gerade?
Es ist Vielfalt gefragt: bei den Bekleidungsstücken, bei den Passformen und auch bei den Größen. Der Wunsch der Trägerinnen und Träger ist es, sich je nach Tagesform und Stimmungslage zu kleiden. Sie wollen sich immer und in jeder Situation in ihrer Kleidung wohlfühlen. Es kann sein, dass jemand heute gerne eine Skinny Jeans tragen möchte und morgen eine weit sitzende Schlupfhose. Bei den Oberteilen sind Kasacks genauso gefragt wie T-Shirts oder Poloshirts, Fleece- oder Softshelljacken. Für uns Hersteller bedeutet das, dass sie/wir? viele Auswahlmöglichkeiten anbieten müssen. Die klare Erwartung ist, dass es jedes Produkt in unterschiedlichen Passformen und in einem sehr breiten Größenspiegel gibt. Innerhalb des einheitlichen „Corporate Dress“ soll maximale Individualität möglich sein. Grundsätzlich spiegeln sich gesellschaftliche Entwicklungen in den Trends bei der Pflegekleidung unmittelbar wider.
Können Sie das näher erläutern?
Die Gesellschaft ist vielfältiger geworden. Deutschland ist ein Einwanderungsland. Mit Blick auf die Passformen und den Größenspiegel bedeutet das, dass es die klassische Körperform
nicht mehr gibt. Hinzu kommt ein verändertes Körperempfinden und der Trend zur Body Positivity. So tragen beispielsweise auch Menschen mit einem stämmigeren Körperbau heute gerne enge Kleidung. Jeder Mensch ist eben anders. Das müssen wir Hersteller im Blick haben und vor allem müssen wir allen Menschen Angebote machen: egal, ob groß oder klein, dünn oder eher kräftig gebaut.
Welche Entwicklungen gibt es hinsichtlich des Designs und der Farben?
Das Design der Kleidung soll gut und professionell aussehen, denn die Kleidung spiegelt das Selbstbewusstsein und den Stolz der Beschäftigten auf ihre gesellschaftlich so wichtige Arbeit wider. Zugleich ist die Optik der Kleidung zunehmend „casualisiert“, orientiert sich also an dem, was die Trägerinnen und Träger in ihrer Freizeit tragen und sich auch für das Berufsleben wünschen. Bezüglich der Farben ist Vielfalt gefragt. Wichtig ist ein durchdachtes Farbkonzept, das viele Kombinationsmöglichkeiten zulässt.
Was ist den Beschäftigten sonst noch wichtig?
Die Funktionalität der Kleidung. Dabei spielen nützliche Details eine große Rolle, z. B. Taschen. In unterschiedlicher Größe und an den passenden Stellen sorgen sie dafür, dass die Pflegekräfte alle nötigen Utensilien mitnehmen können und die Hände frei haben. Nicht zu vergessen ist die nachhaltige Herstellung der Kleidung. Diese ist nicht nur für die Einrichtungen selber, sondern zunehmend auch für die Trägerinnen und Träger ein ganz zentraler Aspekt. Der Wunsch nach nachhaltiger Berufsbekleidung wächst quasi von unten.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2024 zu finden.