von Leslie Günther (Direktorin) und Constance Krüger (Pflegedienstleitung, beide bei PFLEGEN & WOHNEN HEIMFELD)

In der stationären Pflegeeinrichtung HEIMFELD von PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG, die 235 Pflegeplätze umfasst, ist im Frühjahr 2025 ein zukunftsweisendes Modellprojekt zur telemedizinischen Notfallversorgung gestartet. Ziel des Projekts ist es, pflegebedürftigen Menschen auch außerhalb der hausärztlichen Sprechzeiten schnellen Zugang zu ärztlicher Hilfe zu ermöglichen – und dabei unnötige Aufenthalte in der Notaufnahme zu vermeiden.

Constance Krüger (li.) und Leslie Günther stehen vor dem Eingang von „Pflegen & Wohnen Heimfeld“ und lächeln in die Kamera bei sonnigem Wetter.

Constance Krüger (li.) und Leslie Günther von der PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH – Foto: ©PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH

Die Kooperation richtet sich an die Bewohnenden der Pflegeeinrichtungen der PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG GmbH, welche über die vertragsbeteiligten Krankenkassen versichert sind. Aktuell sind die folgenden Krankenkassen beteiligt: AOK Rheinland Hamburg, IKK classic, TK, Novitas BKK, HEK und die HKK. Nach erfolgreichem Roll-Out des Projektes sollen alle anderen Krankenkassen folgen. Das Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg ist das kooperierende Krankenhaus.

Die Vorbereitungen für das innovative Projekt laufen bereits seit Februar diesen Jahres auf Hochtouren. Vor dem Start Mitte April mussten zahlreiche organisatorische und technische Voraussetzungen geschaffen werden. „Wir haben einiges an Unterlagen von teilnehmenden Krankenkassen erhalten, darunter Fragebögen und Datenschutzerklärungen, die von Angehörigen, Bewohnenden oder Betreuenden ausgefüllt und mit Zustimmung zur Projektteilnahme zurückgesendet wurden“, berichtet Constance Krüger, Pflegedienstleitung in HEIMFELD.

Umfangreiche Vorbereitungen für das Pilotprojekt

Ein wesentlicher Bestandteil des Projekts ist der Einsatz neuer technischer Ausstattung. Dazu gehören Tablets mit spezieller Software für die telemedizinische Konsultation sowie ein tragbares Untersuchungsgerät. Dieses ermöglicht es Pflegekräften, Vitalwerte zu erfassen, die Haut zu analysieren, die Lunge abzuhören oder über eine Kamera Einblicke ins Ohr zu gewinnen. Alle erhobenen Daten können direkt an eine Ärztin oder einen Arzt im Krankenhaus übermittelt werden.

Für eine reibungslose Kommunikation mit dem Klinikum wurde eine eigene Notfall-Telefonnummer eingerichtet. Darüber kann das Pflegepersonal kurzfristig einen virtuellen Arzttermin buchen. Noch vor dem offiziellen Start erfolgten täglich Probeanrufe in die Notaufnahme sowie wöchentliche Abstimmungsgespräche zwischen der Pflegeeinrichtung und dem Klinikteam.

„Unsere Mitarbeitenden wurden umfassend geschult und vorbereitet“, erklärt Einrichtungsleitung Leslie Günther. Neben der technischen Bedienung steht auch der gesamte Ablauf einer virtuellen Konsultation im Fokus: von der ersten Einschätzung des Gesundheitszustands über die Datenübermittlung bis hin zur professionellen Kommunikation mit den behandelnden Ärzten.

In der Praxis bedeutet das: Bei gesundheitlichen Problemen können Pflegekräfte per Tablet eine direkte Verbindung zu einer Notärztin oder einem Notarzt herstellen. Bereits im Vorfeld werden relevante Patientendaten und Vitalwerte übermittelt. Während des Videogesprächs kann sich die Ärztin oder der Arzt ein genaues Bild vom Zustand der betroffenen Person machen. Je nach Befund wird dann entschieden, ob eine medikamentöse Anpassung notwendig ist, das Pflegepersonal die weitere Betreuung übernehmen kann oder doch eine Krankenhauseinweisung erforderlich ist.

Ein weiterer Vorteil: Die angebundene Apotheke ist über eine Schnittstelle direkt in das System integriert, sodass benötigte Medikamente im Idealfall schnell geliefert werden können.

Erste Erfahrungen im Pflegealltag

Für die Verantwortlichen in HEIMFELD bietet das Projekt gleich mehrere Chancen. „Unsere Bewohnenden profitieren von einer deutlich geringeren Belastung – unnötige Transporte und stundenlange Wartezeiten in Notaufnahmen können vermieden werden“, sagt Constance Krüger. Auch für das Pflegepersonal eröffnen sich neue Perspektiven. Leslie Günther betont: „Die telemedizinische Unterstützung entlastet unser Team im Alltag und stärkt gleichzeitig die fachliche Kompetenz. Das trägt auch zur Aufwertung des Berufsbildes bei.“

Die ersten Wochen haben gezeigt, dass das Modellprojekt noch holprig anläuft und sich langsam in den Pflegealltag integriert. Durch den direkten Draht zum Krankenhaus war es möglich, schnelle medizinische Versorgung zu gewährleisten. Bei den ersten Telekonsilen zeigten sich diese als Akutfälle, welche weiterhin im Krankenhaus behandelt werden mussten. Weiterführende medizinische Untersuchungen im Rahmen der Kooperation haben aktuell noch nicht stattgefunden.

Wie gut die Zusammenarbeit mit der Notaufnahme des Asklepios Klinikums Hamburg-Harburg im Rahmen dieser besonderen Kooperation funktioniert, schildert Leslie Günther anhand eines Beispiels: „Es haben bereits mehrere Telekonsile einrichtungsübergreifend stattgefunden, die uns durch diese Methode schnelle Klarheit über den Zustand des Bewohners lieferten. Durch den direkten Austausch mit einem Arzt war eine zeitnahe Versorgung im Krankenhaus möglich. In diesen Situationen fühlten sich unsere Mitarbeiter unterstützt und bestätigt. Die Erkenntnisse aus der ersten Zeit zeigen jedoch, dass wir noch in den Anfängen der Telemedizin stecken und die Prozesse und Abläufe sich weiter festigen müssen und weiter versucht werden muss, diese Art der Digitalisierung in den Pflegealltag zu integrieren.“

Gemeinsam mit den Krankenkassen und dem Asklepios Klinikum Hamburg-Harburg hat PFLEGEN & WOHNEN HAMBURG mit diesem Pilotprojekt einen innovativen Weg in der Versorgung pflegebedürftiger Menschen beschritten. Perspektivisch soll die virtuelle Notfallversorgung nach erfolgreicher Erprobung auf alle Pflegeeinrichtungen des Unternehmens ausgeweitet werden.

Vorteile der Kooperation ‚Virtuelle Notfallversorgung‘

  • Hoher Bürokratieaufwand und Ressourcen (Zeit/Personal) in der Pflegeeinrichtung und Notaufnahme entfallen.
  • Kommunikationsprobleme werden reduziert, z. B. wenn relevante Unterlagen in der Notaufnahme fehlen.
  • Lange Liegezeiten in der Notaufnahme ohne Betreuungs- oder Bezugsperson werden vermieden. Besonders desorientierte Patienten werden geschont, da eine fremde Umgebung für sie sehr belastend ist.
  • Unnötige Fahrten in die Notaufnahme werden vermieden und damit auch die Kostenübernahmen (bis zu 1.000 Euro) seitens der Krankenkassen.
  • Kompetenzstärkung des Pflegepersonals durch direkten Austausch mit ärztlichem Personal.
  • Hoher Sicherheitsaspekt seitens der Bewohnenden und Angehörigen durch den direkten Kontakt mit der Zentralen Notaufnahme (ZNA).

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 02/2025 erschienen.

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