von Dina Michels

Wenn Sie eine Beziehung zu jemandem mit Demenz aufbauen und diese Person möglichst aktivieren wollen, ist ein sorgfältiger und geduldiger Umgang unbedingt erforderlich. Der sogenannte „Expertenstandard“ stellt die Lebensqualität von Menschen mit Demenz in den Vordergrund und erwartet von den Pflegekräften ein konsequentes Handeln nach den Bedürfnissen der Betroffenen. Die mit Demenz einhergehenden Verhaltensänderungen wirken sich nicht nur auf Patienten, sondern auch auf deren unmittelbares Umfeld aus. Daher konzentriert sich der Expertenstandard auf Strategien, die soziale und persönliche Interaktionen bei Menschen mit Demenz erleichtern und aufrechterhalten.

Arbeitsabläufe, wie man sie aus der „normalen“ Altenpflege kennt, funktionieren bei Dementen nur noch bedingt. Um den Besonderheiten der Arbeit mit kognitiv beeinträchtigten Menschen gerecht zu werden, muss man sich immer auf neue, teilweise schwierige, oftmals unvorhersehbare Situationen einstellen. Dies liegt daran, dass demente Menschen mit Fortschreiten dieser degenerativen Erkrankung in ihrem Denken zunehmend assoziativ werden, da die kognitive Aufmerksamkeitsspanne immer kleiner wird. Das kann auch zu aufbrausendem, verweigerndem, impulsivem Verhalten führen, das sich teilweise an absoluten Nichtigkeiten entzündet. Ganz zu schweigen von konfusen Wahrnehmungen und daher rührenden Verhaltensweisen.

Es braucht insofern Wissen um die Krankheit, um die sich zunehmend eintrübende Perspektive der Betroffenen, über Reaktionsformen und Entstehung von Verhaltensauffälligkeiten. Zudem muss man Wissen über verbale und nonverbale Interaktions- und Kommunikationsvarianten und spezifisches Wissen für die Gestaltung von Beziehungen zu Menschen mit Demenz haben. Wissen etwa über unterschiedliche Demenzformen und Phasen des Verlaufes in Korrelation zu Persönlichkeitsmerkmalen, die durch Lebensgeschichte und Umfeld geprägt sind. All dies muss sich niederschlagen in Empathie, unbedingter Wertschätzung und darin, Erkrankte so anzunehmen, wie sie sind.

Mehr als nur eine Diagnose

Sehr wichtig ist, dass man die Demenz des Patienten nicht bloß als medizinisches Problem wahrnimmt. Eine solche Haltung führt dazu, dass der Fokus nur darauf liegt, Verhaltensstörungen zu unterbinden, die als nicht sozialadäquat gelten, was der Demenz-Situation aber überhaupt nicht gerecht wird. Eher muss in den zunehmend desorientierten Patienten das Gefühl gefördert werden, gehört, verstanden und angenommen zu werden und nicht ihrem zunehmend verwirrten Selbst überlassen zu sein. Es braucht dafür eine akzeptierende und wertschätzende Grundhaltung gegenüber dem Menschen mit Demenz, die Fähigkeit, sich einzufühlen und die Welt des Erkrankten verstehen zu lernen. Das bedingt Offenheit, Wissen um die Wahrnehmungsveränderungen, die mit einer Demenz einhergehen – und nicht zuletzt eine gute Portion wertschätzenden Humor.

Warum laufen Menschen mit Demenz weg?

Wenn Menschen mit Demenz weglaufen, steckt dahinter keineswegs böser Wille. Die Beweggründe können unterschiedlicher Natur sein. Demente Personen sind sehr erratisch, teils schwer einzuschätzen und manche Handlung ist so überraschend wie irrational. Auch die Motive können völlig unterschiedlich und teils sehr lapidar sein. Manchmal ist einfach Langeweile im Spiel oder sie sind irritiert, verängstigt oder suchen etwas. Erste Hinweise auf entsprechende Rastlosigkeit können sich ergeben, wenn Patienten ziellos herumlaufen. Entlaufene Demenzpatienten können manchmal nur schwer auffindbar sein. Allein schon weil ihr planloses Handeln sie an alle möglichen Orte führen könnte. Das kann mitunter gefährlich enden, da z. B. Gefahren im Straßenverkehr nicht mehr erkannt werden.

Weglaufschutz: Was ist möglich und empfehlenswert?

Zur Vorsorge lassen sich technische Hilfsmittel anwenden, die sich auf digitale Kommunikationskanäle stützen und prompt wirksam werden, sobald ein Patient einen definierten Bereich verlässt. Ferner können sie bei der präzisen Lokalisierung helfen, was die Handlungsgeschwindigkeit nach dem Weglaufen von Patienten enorm erhöht. Beispiele für entsprechende Technologien wären:

  • Sensortrittmatten
  • Bettkantenalarm
  • GPS-Sender/Ortungsgeräte
  • Weglaufschutzsysteme

Es gibt unterschiedliche Arten von Weglaufschutzsystemen. Meist enthalten sie einen mobilen Funk-Chip, den die Betroffenen tragen sowie einen korrespondierenden Empfänger. Es ertönt ein Signal, sobald der vorgegebene Bereich verlassen wird. Auch bei einer Sensortrittmatte gibt es einen Funksender, der beim Empfänger einen Alarm auslöst. Die Matte kann vor das Bett von Betroffenen gelegt werden und Aufsichtspersonen können dadurch früh genug Gefahren abwenden.

Selbstverständlich muss man Dementen verhältnismäßige Freiheiten lassen, da sie offensichtliche Einschränkungen oftmals nicht nachvollziehen können. Es braucht gute und sachgerechte Fürsorge, bei der ihre Selbstbestimmung möglichst gewährleistet bleibt. Technische Hilfen können dabei subtil unterstützen, ohne von Betroffenen wahrgenommen zu werden.

Kurzinfo

Dina Michels - Foto: privat

Dina Michels – Foto: privat

Nach abgeschlossenem Psychologiestudium an der Universität Stellenbosch in Südafrika und der Ausbildung zur Alltagsbegleiterin mit Schwerpunkt Demenz gründete Dina Michels im Jahr 2013 die „Seniorenbetreuung mit Herz“. Es ist ihr ein Anliegen, dass dem Patienten der höchste Grad an Empathie entgegengebracht werden muss. Helfen und Heilen ist ihre Erfüllung und so folgte sie ihrer Berufung.

Aufgrund ihrer jahrelangen Tätigkeit in der Betreuung wurde klar, dass ältere Menschen auch Hilfe benötigen z. B. bei dem Umbau eines altersgerechten Bades. So nutzt sie nun ihr Expertenwissen und betreut den Prozess der Planung über die Finanzierung durch die Pflegekasse bis hin zum Abschluss.

Kontakt: https://seniorenbetreuung-duesseldorf.com/

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 zu finden.

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