von Dr. rer. nat. Frederik Haarig

Die Arbeit mit demenziell erkrankten Menschen bringt verschiedene besondere Herausforderungen mit sich. Daraus entstehen Situationen, in denen Pflegekräfte einerseits pflegerische Aufgaben erfüllen und andererseits auf spezifische Bedürfnisse der Betroffenen eingehen. Konzepte der Führung helfen dabei, positiv auf die Betroffenen einzuwirken.

Einführung in das Konzept „Führung“

Führung ist die bewusste und zielbezogene Einflussnahme auf den Menschen (Rosenstiel, 2003). Menschen sollen demnach dazu bewegt werden, bestimmte Ziele einer Führungskraft (bzw. der Einrichtung) zu verfolgen. Damit nimmt die Führungskraft eine bedeutende Rolle ein, um z. B. das Teamklima so zu beeinflussen, dass auch interaktionell auffällige Betroffene „abgeholt“ und unterstützt werden. Der Führungserfolg ist dabei abhängig davon, inwiefern vorab definierte Ziele auch tatsächlich erreicht werden (z. B. im Kontakt mit Betroffenen auf die Bedürfnisse dieser zu achten und zu versuchen, sie zu erfüllen). Führung ist vor allem dann nötig, wenn Menschen mit Menschen arbeiten und hohe sozial-emotionale Anforderungen – wie Zeitdruck, Notwendigkeit einer konstruktiven Zusammenarbeit oder Relevanz gruppendynamischer Prozesse – für die eigene Tätigkeit entstehen (Rosenstiel, 2003). Inwiefern Führung dann auch tatsächlich nützlich ist, hängt vom Zusammenspiel zwischen der Person des/der Führenden und den Besonderheiten der Führungssituation ab. Das gezeigte Verhalten sollte flexibel an die jeweilige Situation und die Besonderheiten des angestrebten Ziels angepasst werden (z. B. wenn hohe Fluktuation in der eigenen Einrichtung zu beobachten ist, ändern sich Führungserfordernisse im Vergleich dazu, wenn Mitarbeiter/-innen nicht fluktuieren). Nur dann kann eine erfolgreiche Führung gewährleistet werden. Lassen Sie uns für den Moment schauen, was Eigenschaften der Führung sind:

Führung ist zielgerichtet, indem nicht jede ggf. auch unbewusste oder unabsichtliche Beeinflussung gezeigt wird. Gerade in Einrichtungen für demenzerkrankte Menschen sind Führungsziele häufig ein Produkt aus dem Team heraus. Fallbesprechungen unter Kollegen helfen globale Ziele für Bewohner/-innen zu finden, bei deren Erreichung stets das gesamte Team mitverantwortlich ist. Damit ist essenziell ein gutes Teamklima als Voraussetzung zu schaffen, wodurch ein konstruktives System zwischen Führungskräften und den Mitarbeiter/-innen entsteht (Rosenstiel, 2003).

Demenzielle Patienten benötigen Unterstützung, Struktur und gleichzeitig emotionale Wärme sowie ein entspanntes, teaminternes Klima. Zur Erreichung dieser Ziele können zwei Führungsstile angewandt werden:

  1. Transaktionale Führung
    Dabei weisen Führungskräfte die Tendenz auf, Menschen zu unterstützen, Aufgaben, Tätigkeiten und andere Anforderungen zu bewältigen (Effektivität).
  2. Transformationale Führung
    Dabei weisen Führungskräfte die Tendenz auf, in Bezug auf die Bewältigung der bestehenden Aufgaben positive Visionen zu vermitteln und Mitarbeiter/-innen in Bezug auf ihre Persönlichkeitsentwicklung zu unterstützen.

Dabei ist es auch möglich, beide Führungsstile gleichzeitig anzuwenden, um sowohl einen erfolgreichen Umgang mit den Demenzerkrankten zu erreichen (transaktional), als auch Mitarbeiter/-innen dafür bestmöglich zu motivieren (transformational).

Wichtige Fragen, die sich Führungskräfte selbst in diesem Zusammenhang stellen könnten, wären die folgenden:

  • Was heißt Führung für mich selbst?
  • Will ich Dinge selbst vorgeben oder möchte ich gemeinsam mit meinem Team zukünftige Pläne aufstellen?
  • Was benötige ich als Führungskraft, um optimal zu handeln?
  • Beteilige ich andere Personen an bestimmten Entscheidungen?

Führung und Beziehung

Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion, was bedeutet, dass man in diesem Zusammenhang Authentizität, freundliche Atmosphäre und Empathie im pflegerischen Bereich zulässt. Es ist wichtig, Auszubildende aktiv mitgestalten zu lassen. Beziehung stellt eine wesentliche Komponente für die Kooperation zwischen Menschen dar. Aber worin liegt die Basis von Beziehung? Beziehungen nehmen eine zentrale Stellung im Leben von Menschen ein, wodurch soziale Interaktionen entstehen und sämtliches Miteinander emotional geprägt ist. Biografiearbeit mit chronisch kranken Menschen kann z. B. helfen, einen Zugang zu schaffen. Fragen Sie den Menschen, was er/sie möchte und worin Bedürfnisse bestehen könnten, um zukünftig mögliche Aktivitäten zu planen. In Bezug auf Beziehungen, die uns prägen und die uns führen lassen, stellen sich folgende Kriterien als wichtig heraus (Asendorpf, 2000):

Führung und Demenz - Grafik: Dr. rer. nat. Frederik Haarig

Grafik: Dr. rer. nat. Frederik Haarig

Fazit

Führung heißt Beziehung. Ohne Beziehung schafft man es nicht, Menschen mit Handicaps in dem Maß zu unterstützen, dass sie trotz der widrigen Situation Lebensqualität erfahren. Führung besteht darin, sich zu überlegen, welche Relevanz die unterschiedlichen Elemente der Führungsqualität für die jeweilige Person haben. Betroffene haben in Bezug auf ihre eigene kognitive Leistungsfähigkeit Probleme funktional zu sein und dennoch ist es wichtig, ihnen im Sinne der Beziehungsgestaltung Aktivitäten zu bieten und Alternativen zu schaffen (Anregung der kognitiven Fähigkeiten). Wichtig ist, dass Betroffene, so gut es geht, kontinuierlichen Kontakt zu einzelnen Mitarbeiter/-innen erfahren, die ein Gespür für sie haben und individuelle Bedürfnisse kennen. Das stellt eine wesentliche Grundlage dar, um positiv auf sie einzuwirken.

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2020 zu finden.

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