Digitales Lernen ist dienstplanfreundlich und spart Kosten

von Frau Leila Haidar

Ganz gleich, ob es um Dekubitusprophylaxe, Wundpflege oder das Anlegen von Blasenkathetern geht: Das Angebot an E-Learning für Pflegepersonal ist groß. Als Ergänzung zur praktischen Ausbildung lassen sich digitale Trainings gut in den Pflegealltag integrieren und sparen bis zu 60 Prozent der Lernkosten gegenüber Präsenzveranstaltungen.

„E-Learning ist hochaktuell und in der Gesundheits- und Krankenpflege besteht ein enormes Potential“, sagt Christian Wachter. Der Vorstandssprecher der IMC AG befasst sich seit 20 Jahren mit digitaler Bildung. Tatsächlich setzen sich die Vorteile digitalen Lernens im medizinischen Sektor mehr und mehr durch: große Flexibilität im Hinblick auf Zeit und Ort sowie niedrigere Seminarkosten. Pfleger können sich heute via PC, Tablet oder Smartphone die unterschiedlichsten Themenbereiche erschließen. Die Bandbreite der Themen reicht vom „Umgang mit schwierigen Patienten“, zu allgemeinen medizinischen Themen im Bereich der Anatomie bis hin zu pflegespezifischen Lehrgängen wie „Essen eingeben“ oder „Wundliegen verhindern“. So bietet Bibliomed etwa fachspezifische Seminare zu klassischen Pflegethemen, beim Bundesministerium für Gesundheit können sich Pflegende durch ein webbasiertes Training zum Pflegestärkungsgesetz klicken und beim Thieme-Verlag ist sogar das zertifizierte Programm CNE-Certified Nursing Education erhältlich.

Im Pflege-Bereich bieten sich Kombinationen aus digitaler und praktischer Bildung an. So sind Lernende in gewissen Fragen bereits vorinformiert, bevor sie Neues im Alltag anwenden. Das schont Patienten und Senioren. Der jüngst von IMC veröffentlichte Fachtitel Digitale Bildungslandschaften enthält ein ausführliches Kapitel über die Vorteile der Symbiose aus praktischer Übung und der Wiederholung oder Vorbereitung via Internet. Wobei selbst diese Unterscheidung mehr und mehr verschwimmt. Neue Technik macht es beispielsweise möglich, dass Pflegekräfte per virtueller Brille einen Blick in ein Patientenbein werfen, ohne dass es aufgeschnitten wird. Anatomie-Schulungen laufen an der Berliner Charité bereits auf diese Weise innerhalb einer animierten Realität ab. Auch das Anlegen von Verbänden kann so per Erklär-Video gezeigt und zeitgleich geübt werden.

„Digitales Lernen kommt in Bereichen an, wo das frühere E-Learning kaum eingesetzt wurde. Heute ist Lernen immer häufiger Aus- und Weiterbildung in einer konkreten Arbeitssituation“, erläutert Wachter. Es werde weniger auf Vorrat gelernt, sondern on demand – also genau dann, wenn die Information gebraucht und direkt angewendet wird. „Dadurch verzahnen sich Lernen und Praxis mehr und mehr“, beobachtet der Experte für digitales Lernen. Für Pflegende ein echter Vorteil. Denn wissenschaftliche Studien belegen, dass wir im Tun am besten Lernen. Das Gehirn nimmt bis zu 70 Prozent seines Wissens beim konkreten Handeln auf.

Auch die europäische Region der Weltgesundheitsorganisation WHO spricht sich in ihrer Publikation From Innovation to Implementation deutlich für digitale Bildung aus und widmet dem E-Learning in Gesundheitsberufen ein ganzes Kapitel. In dieser Umfrage geben 94 Prozent der Berufstätigen in medizinischen Berufen an, dass E-Learning ihren Zugang zu Bildung und Experten verbessert. Die WHO empfiehlt Mitgliedsstaaten, E-Learning auszubauen und ermutigt dazu, den Nutzen von digitalen Bildungsangeboten auszuloten.

Die Uniklinik Köln nutzt seit 2013 erfolgreich webbasierte Trainings. Gegen das Wundliegen setzt das Klinikum eine selbstentwickelte elektronische Schulung ein. „In der Praxis schafft man es kaum, alle Beschäftigten in Präsenzseminaren innerhalb eines vertretbaren Zeitraums zu erreichen“, sagt Rudolf Pape von der Abteilung Weiterbildung der Uniklinik Köln. Zu aufwändig ist es, die 2500 Personen, die hier pflegen, von ihren Aufgaben freizustellen und dabei Dienstpläne über den Haufen zu werfen. „Es würde zweieinhalb Jahre dauern, alle Pflegenden allein in der Dekubitusprophylaxe per Anwesenheitsunterricht zu qualifizieren“, sagt der promovierte Pflegewissenschaftler. „Wir mussten über Alternativen zur Anwesenheitspflicht nachdenken“.

Das elektronische Lernangebot spart rund ein Drittel der Kosten ein. Dass der Bezug zur Praxis auch beim digitalen Lernen erhalten bleibt, sei besonders wichtig, deshalb sieht die Maßnahme rund anderthalb Stunden Training am Patientenbett vor.

In sieben Kapiteln über insgesamt fünf Stunden überprüfen die Lernenden ihren Wissensstand und bearbeiten anschließend weiterführende Inhalte. Ein Abschnitt in jedem Kapitel dient dem Wissenstransfer durch Fallbeispiele und interaktive Testaufgaben. Die Kapitel behandeln aus der Ausbildung bekannte Grundlagen zur Anatomie und Physiologie der Haut im Alter sowie zur Hautpflege.

„Wer den Abschlusstest besteht, druckt sich eine Teilnahmebescheinigung aus und lässt die Lernzeit auf dem Arbeitszeitkonto gutschreiben. Das haben wir im Rahmen einer Betriebsvereinbarung erreicht“, erläutert Pape. Durch das webbasierte Training konnte die bisherige Lernzeit um die Hälfte reduziert werden, ohne dass dafür Abstriche bei der Qualität gemacht werden mussten. „Die Pflegenden können dienstplanunabhängig jederzeit das Training absolvieren, denn sie entscheiden selbst über Lernort und Lernzeit.“

Links zu den erwähnen Beispielen für Pflege-E-Learning:

https://www.thieme.de/de/thieme-connect/cne-32608.htm

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Kurzinfo

E-Learning-Experte Christian Wachter ist davon überzeugt, dass digitales Lernen auch bei praktischer Fortbildung unterstützen kann. Foto: IMC

E-Learning-Experte Christian Wachter ist davon überzeugt, dass digitales Lernen auch bei praktischer Fortbildung unterstützen kann. Foto: IMC

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2019 zu finden.

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