von Jörg Jendrny (GV-Konzepte)

Kurzer Überblick über die Entwicklung der letzten 30 Jahre

In Senioreneinrichtungen sind immer wieder durch Veränderungen des Gesetzgebers bzw. der finanziellen Möglichkeiten neue Wege der Speisenverteilung gegangen worden. Ende der 90er Jahre konnte noch ein Großteil der Bewohner relativ selbständig in einem Speisesaal/Restaurant ihre Mahlzeiten einnehmen und dies entweder als Tischservice genießen oder aber auch als Familiensituation mit Service über ein Schüsselsystem.

Danach galt das Hausgemeinschaftskonzept mit Beteiligung der Bewohner als die bestmögliche Umsetzung im Sinne einer Teilhabe des Menschen. Dies erwies sich recht schnell durch den hohen fachlichen und personellen Aufwand und den immer geringer vorhandenen Möglichkeiten der Bewohner als selten gut gelöste Variante der Essensversorgung.

Aktuelle Voraussetzungen

Mit PSG 2 und der Neuausrichtung der Pflegegrade hat sich das Klientel weiter in Richtung stark pflegebedürftiger Bewohner entwickelt. Aus dieser Anforderung heraus, haben sich in der Regel folgende Varianten der Speisenverteilung durchgesetzt, mit wenigen Ausnahmen:

  • Dezentrale Speisenverteilung aller Mahlzeiten mit Zubereitung von Frühstück und Abendessen in Wohnbereichsküchen (WBK)
  • Dezentrale Zubereitung von Frühstück und Abendessen, zentraler Portionierung des Mittagessens
  • Tablettierung aller Mahlzeiten

Abhängig vom Produktionssystem des Mittagessens als Cook & Hold oder zeitentkoppelt als Cook & Chill oder Cook & Freeze – Kochen im eigenen Haus/Zukauf von Essenskomponenten oder des kompletten Mittagessens – ist evtl. eine Regeneration erforderlich, die zentral oder dezentral umgesetzt werden kann.

Durch die Entwicklungen der letzten 3 Jahre mit langen Zeiträumen, wo Gemeinschaftsräume nicht genutzt werden durften, haben viele der jetzigen Bewohner noch nie im hauseigenen Restaurant eine Mahlzeit genießen dürfen, bzw. sind durch ihre Einschränkungen dazu nicht in der Lage. Dazu kommt, dass aus Personalgründen oder Änderungen der Raumnutzung die alten Bereiche nicht mehr betrieben werden können. Sofern möglich, wurde die Einnahme der Mahlzeiten für alle Bewohner in den Wohnbereichen umgesetzt. Dementsprechend ist ein „Zurück“ auf den Stand von 2019 nur schwer umsetzbar. Erfahrungen aus unseren Projekten zeigen, dass mit ca. 50 % weniger Bewohner in einem Restaurant/Speisesaal gerechnet werden muss.

Welche Speisenverteilung eignet sich für wen?

Um den aktuellen Anforderungen gerecht zu werden, gibt es für die aufgeführten Varianten durchaus Argumente, die für eine dauerhafte Umsetzung sprechen. Dies ist aber sehr stark von der baulichen Struktur des Hauses, Pflegekonzept und personellen Umsetzung abhängig.

Dezentrale Speisenverteilung aller Mahlzeiten

Diese Speisenverteilung zählt zu der am meisten verbreiteten Variante. Sie hat den wesentlichen Vorteil, dass durch Anwesenheit der hauswirtschaftlichen Kräfte während der Zubereitung mit den Bewohnern in den meist kleinen Gruppen von ca. 15 kommuniziert werden kann und dadurch die Pflege entlastet wird. Das erfordert Mitarbeiter, die es verstehen „ihre“ Bewohner zu unterhalten und sollte mit wenig Wechsel des Personals umgesetzt werden. Wenn gleichzeitig auch noch dezentral das Geschirr gespült wird, ist dies insgesamt mit relativ geringem logistischem Aufwand umsetzbar, vorausgesetzt es gibt ein gut strukturiertes Bestellsystem und regelmäßige Kontrollen verhindern einen Überbestand an Lebensmitteln in den Wohnbereichsküchen (WBK). Je nach Abfrage der Bewohner und Vorbestellung des Mittagessens, kann es im Mittagsbereich zu einem Überhang an Lebensmitteln kommen. Die relativ hohe Menge an Edelstahlbehältern in den Speiseausgabewagen muss zentral gespült werden.

Dezentrales Frühstück und Abendessen, zentrale Verteilung des Mittagessens

Diese Variante geht bei der Verteilung des Mittagessens über eine zentrale Portionierung des Mittagessens auf Tellern mit geeigneter Warmhaltung und Transportmittel in beheizten und isolierten Transferwagen. Frühstück und Abendessen werden dezentral zubereitet. Der Vorteil dieser Variante besteht darin, dass zentral durch Küchenfachkräfte eine optisch ansprechende und genau kalkulierte Portionierung des Mittagessens erfolgt, was auf allen Wohnbereichen nicht immer garantiert ist. Gleichzeitig entfällt das Spülen vieler kleiner GN-Behälter, da direkt auf Porzellan angerichtet wird. Der Transferwagen entspricht in der Größe einem Speiseausgabewagen.

Voraussetzung ist allerdings eine korrekte Vorbestellung der Essen mit entsprechender Zuordnung zum Bewohner. Ein spontanes Entscheiden unmittelbar während der Mahlzeit ist nur sehr eingeschränkt umsetzbar.

SpeisenverteilungDezentral F / M / ADezentral F / A, Zentral MTablettierung aller Mahlzeiten
Personalaufwand Küche++++++
Personalaufwand Hausw. Wohnbereich++++++
Lebensmittelaufwand+++++
Aufwand Logistik+++++
Investitionen Küche*+++++++
Investitionen Wohnbereichsküchen++++++
Investitionen Speisenverteilung++++++

Tablettierung aller Mahlzeiten

Beispiel Tablettierung - Foto: Jörg Jendrny

Beispiel
Tablettierung – Foto: Jörg Jendrny

Neben der seltenen Variante nur das Mittagessen zu tablettieren, die der zentralen Portionierung des Mittagessens ähnlich ist, gibt es auch die Tablettierung aller Mahlzeiten. Wesentliches Merkmal ist, dass in den Wohnbereichen nur das Servieren erfolgt, die Zubereitung und Portionierung wird zentral umgesetzt. Dieses System kommt vor allem in Einrichtungen zum Einsatz, die Aufgrund ihrer baulichen Struktur mit vertretbarem Aufwand keine alternativen Möglichkeiten haben. Wenn keine Wohnbereichsküchen und -räume vorhanden sind und die Wohnbereiche über mehrere Etagen verteilt sind, ist die Volltablettierung evtl. die einzige hygienisch sichere und qualitativ (Temperatur und Optik) geeignete Variante. In diesem Fall ist, je nach Größe der Einrichtung, ein digitales Menüerfassungssystem ratsam oder erforderlich, um den administrativen Aufwand zu kompensieren.

Fazit

Jede Einrichtung ist hinsichtlich der Speisenverteilung individuell zu betrachten, eine generelle Aussage des bestens Systems gibt es nicht. Durch das hohe Alter bestehender Produktionsküchen mit entsprechendem Investitionsvolumen und gleichzeitiger Veränderung der Bewohnerstrukturen und vorhandenen Mitarbeitern in Qualität und Quantität, sind Planungen mehr als sinnvoll, die den Markt mit seinen langfristigen Herausforderungen und Möglichkeiten berücksichtigen.

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2023 zu finden.

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