Die insgesamt 6 Wohnbereichsküchen (WBK) sind täglich besetzt. – Fotos: Jörg Jendrnyvon Jörg Jendrny
In Zeiten des Mitarbeitermangels und ständig wachsender Anforderungen an eine Senioreneinrichtung kann durchaus hinterfragt werden, ob eine klassische Küche mit zentraler, frischer Zubereitung der Mittagsspeisen und Beilagen sowie einer dezentralen Zubereitung von Frühstück und Abendessen in Wohnbereichsküchen noch zielführend ist.
Kurz gesagt: Wenn Sie eine gute Hauswirtschaftsleitung mit entsprechendem Team dahinter haben, auf jeden Fall.
Praxisbeispiel Von-Galen-Haus in Oelde
In dieser Einrichtung ist der Hauswirtschaftsleitung (HWL) mit ihrem hohen Anspruch an Qualität und Bewohnerorientierung die Aufgabe gestellt, aber auch die Möglichkeit eingeräumt worden, in Abstimmung mit Geschäftsführung und Leitungskräften für einen Neubau als Ersatz für die bestehende Einrichtung eine entsprechende Umsetzung anzugehen. Gemeinsam mit Frau Pongritz (HWL) haben wir frühzeitig die Anforderungen an Küche und Hauswirtschaft definiert und daraufhin die zukünftigen Abläufe sowie die Ausstattungen der zentralen Küche und Wohnbereichsküchen festgelegt.
Wesentlicher Faktor: Die Zubereitung der Speisen für die 92 vollstationären und 12 Kurzzeitpflegeplätze sowie dem an der Einrichtung liegenden Kindergarten mit ca. 60 Mittagessen erfolgt täglich frisch. Dabei werden die Möglichkeiten modernster Technik genauso genutzt wie digitale Hilfsmittel, um möglichst viele Personalkapazitäten der Hauswirtschaft direkt am Bewohner einzusetzen.
Küchenplanung
Kurze Wege, die ein rationelles und hygienisches Arbeiten ermöglichen, Lagerräume, die dem tatsächlichen Bedarf entsprechen und eine Geräteplanung mit multifunktionalen Geräten wurden bei der Raumplanung der Küche berücksichtigt. Neben den mittlerweile obligatorischen Kombidämpfern sind 2 Multifunktionsgeräte von Rational mit einer Kapazität von 100 l bzw. 2 x 25 l im Einsatz. Ergänzt wird dies durch einen Schnellkühler, um die Vorproduktion einzelner Komponenten und Zubereitung von z. B. Desserts hygienisch sicher herzustellen, aber auch gleichzeitig die Arbeitsspitzen zu reduzieren. Gerade für das geringer besetzte Wochenende ist dies ein wesentlicher Vorteil, da einzelne Komponenten mittels Cook & Chill vorproduziert und am erforderlichen Tag nur noch regeneriert werden. Ein Induktionsherd sowie ein zusätzlicher Kessel runden die benötigte Gartechnik ab. Gemüseschneider und Anschlagmaschine (längst nicht mehr selbstverständlich in einer Küche) sind für den hohen Grad an selbst hergestellten Speisen erforderlich.
Im Bereich der separaten Spülküche kommt aus ergonomischen Gründen eine Doppelkorbmaschine mit Haubenautomatik zum Einsatz, um zentral alle Edelstahlbehälter und Transportmittel zu spülen, die Wegeführung entspricht den hygienischen Vorgaben von unreinen zu reinen Arbeitsabläufen. Alle erforderlichen Spender und Regale für Behälter sind fahrbar und reduzieren dadurch die Laufwege und vermeiden ein Tragen der schweren Edelstahlbehälter.
Das warme Mittagessen wird bis zur Abholung durch die Mitarbeiter der Hauswirtschaft in klassischen Speiseausgabewagen bereitgestellt, um die erforderlichen Temperaturen einzuhalten. Dabei wird darauf geachtet, die Standzeiten möglichst gering zu halten, was der Qualität der Speisen zugutekommt.
Konzept der Wohnbereichsküchen und Speisenangebot
In den insgesamt 6 Wohnbereichsküchen (WBK), die täglich (auch am Wochenende) jeweils von 07:30 – 13:30 Uhr und von 17:15 – 19:45 Uhr besetzt sind, werden dezentral Heißgetränke zubereitet, die Teller für die Bewohner angerichtet und, sofern erforderlich, Getränke eingeschenkt und Speisen klein geschnitten. Gerade die Dienstplanung für den gleichzeitigen Betrieb aller Wohnbereiche stellte eine große Herausforderung dar und lies sich nur durch ein gut abgestimmtes und harmonierendes Team realisieren. Dadurch wird die Pflege erheblich entlastet, was die Betreuung der Bewohner in den Gemeinschaftsbereichen betrifft. Gleichzeitig führt dies zu einer sehr angenehmen und ruhigen Atmosphäre im gesamten Haus.
Durch die Präsenz auf den Wohnbereichen lassen sich viele individuelle Essenswünsche der Bewohner erfüllen. Ein neben der Küchenzeile liegender, verschließbarer Lagerraum mit Kühlschrank im Gastronormmaß ermöglicht die Zwischenlagerung aller erforderlichen Lebensmittel, die morgens täglich aus der zentralen Küche mitgenommen werden.
Arbeitsplatz offene Wohnbereichsküche
Viel Liebe und Aufwand wird seitens der Küche den Bewohnern mit Kau- und Schluckstörungen (Dysphagie) gewidmet. Täglich wird von einem der beiden angebotenen Menüs eine entsprechende Ableitung hergestellt, selbst für Frühstück und Abendessen sowie bemerkenswerterweise für die Kaffeemahlzeit werden kreativ geeignete Gerichte zubereitet.
Digitalisierung in der Praxis
Das die Digitalisierung nicht unsere Welt rettet, aber durchaus eine Hilfe sein kann, zeigt das eingesetzte System vom Hauptlieferanten Rullko. Auswahl der Artikel, Rezepturerstellung und Speiseplanung sind Grundlage der Daten. Dies ermöglicht die Bestellung der Mahlzeiten oder des Wohngruppenbedarfs für die WBK via PC oder Tablet.
Der angeschlossene Kindergarten bestellt über eine Onlinelösung, wo der Speiseplan hinterlegt ist. Aus all diesen Informationen ergibt sich eine genaue Produktionsplanung mit entsprechenden Zubereitungs- und Verteillisten sowie ein Etikettendruck für die Vielzahl an verschiedenen Komponenten für die jeweiligen Bereiche.
Nur so lassen sich die Abläufe dauerhaft in einer hohen und gleichbleibenden Qualität sicherstellen, der organisatorische Aufwand aller Mitarbeiter im Tagesgeschäft verringern und die Kosten transparent und im Rahmen halten.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 zu finden.