von Peter Wark (Deutsche Zöliakie-Gesellschaft, Team Öffentlichkeitsarbeit, peter.wark@dzg-online.de)
Bei immer mehr Menschen fortgeschrittenen Alters wird die Autoimmunerkrankung Zöliakie diagnostiziert. Das ändert den Alltag Betroffener völlig, denn sie müssen sich u. a. plötzlich radikal und alternativlos glutenfrei ernähren. Aber auch langjährig diagnostizierte und erfahrene Zöliakiepatienten benötigen manchmal Unterstützung, um auch mit zunehmendem Alter in ihrer Situation gut klarzukommen.
Für Senioreneinrichtungen, die bisher nicht auf glutenfreie Essensalternativen für ihre Bewohnenden eingestellt waren, stellt das anfangs eine echte Herausforderung dar – aber eine, die gelöst werden kann! (mehr dazu im Beitrag „Problemfall Zöliakie?! Warum so viele Betroffene kein geeignetes Seniorenheim finden“ im Seniorenheim-Magazin 01/2024)
Sensibilisierung und Kommunikation
Diese beiden Stützpfeiler sind unerlässlich, um im Seniorenheim glutenfreie Ernährung für Menschen mit Zöliakie, Glutenunverträglichkeit und Weizensensitivität erfolgreich umzusetzen. Wichtig ist eine gute, abteilungsübergreifende Kommunikation mit allen Beteiligten.
Dazu gehört natürlich zunächst einmal die Aufklärung darüber, was Zöliakie eigentlich ist, welche Symptome es gibt und welche existenzielle Bedeutung eine strikt glutenfreie Ernährung für die Betroffenen hat. Wenn sich diese Erkenntnisse beim Personal erst einmal gefestigt haben und man alte Gewohnheiten über Bord wirft, kann innerhalb kurzer Zeit eine hilfreiche Routine einkehren. Es gibt immer wieder positive Beispiele, in denen glutenfreie Verpflegung in Senioreneinrichtungen problemlos funktioniert und dankbare Bewohner hinterlässt.
Kontaminationsrisiken erkennen und vermeiden
Egal, ob das Essen vom Caterer angeliefert wird, oder ob die Einrichtung mit eigener Küche arbeitet: glutenfreies Kochen ist das eine, das Vermeiden von sog. Kontaminationsrisiken das andere. Denn selbst die Aufnahme geringer Spuren von Gluten kann für Zöliakiebetroffene erhebliche gesundheitliche Folgen nach sich ziehen. Kontaminationsrisiken lauern in der Gemeinschaftsverpflegung an vielen Stellen.
Ein kleines Beispiel, das die Bedeutung größter Sorgfalt veranschaulicht: ein glutenfreies Brot darf nie auf demselben, nicht gereinigten Schneidebrett geschnitten werden, auf dem zuvor ein herkömmliches Brot geschnitten wurde, weil hier die Risiken einer Verunreinigung viel zu groß sind! Das verdeutlicht, dass für die Zubereitung glutenfreien Essens idealerweise separate Küchenutensilien in einem eigenen Arbeitsbereich bereitgehalten werden sollten. Gründliches Reinigen von Besteck und Co. sowie das Tragen von sauberer Arbeitskleidung (kein Mehlstaub/keine Krümel) sind Mindestanforderungen an die Küchenhygiene.
Wie hilft die DZG ganz konkret?
Gerne unterstützt die Deutsche Zöliakie-Gesellschaft e. V. (DZG/www.dzg-online.de) Senioreneinrichtungen mit Rat und Tat. Hier gibt es jede Menge Informationsmaterial, gegebenenfalls auch Beratung vor Ort. Detaillierte, leicht verständliche Checklisten und Info-Mappen erleichtern den Einstieg in die glutenfreie Verpflegung. Was ist die Allergenkennzeichnung? Wie kontrolliert man Lebensmittel auf ihre Glutenfreiheit? Wie werden glutenfreie Lebensmittel sicher zubereitet? Welche Besonderheiten müssen bei der Essensausgabe beachtet werden? Diese und andere Fragen werden beantwortet.
Ernährungswissenschaftlerin Stefanie Reicherter von der DZG weist auf die Schulungen speziell für Seniorenheime hin: „Für einen erfolgreichen Einstieg in die glutenfreie Verpflegung unterstützen wir Sie mit unseren Schulungen, die auf Ihre Bedürfnisse zugeschnitten sind. So bieten wir Ihnen unsere E-Learning-Schulung, die Sie orts- und zeitunabhängig, ganz bequem von zu Hause, durchführen können. Oder wir besuchen Sie vor Ort in Ihrer Einrichtung und schauen uns gemeinsam Ihre Küche und Lagermöglichkeiten an.“
Einrichtungen, die noch am Anfang ihrer „Glutenfrei-Erfahrungen“ stehen, können anhand von Abhaklisten arbeiten, bis sich eine Selbstverständlichkeit einstellt. Ein konkretes Beispiel ist die Checkliste Allergenmanagement:
Checkliste Allergenmanagement
Einkauf + Anlieferung
☐ Sind die glutenfreien Produkte ausreichend verpackt und gekennzeichnet?
☐ Wie sind die hygienischen Verhältnisse im Fahrzeug und beim Fahrzeugführer?
☐ Arbeitet der Anlieferer ausreichend sorgfältig?
Lagerung
☐ Werden die glutenfreien Produkte getrennt von glutenhaltigen gelagert?
☐ Werden die glutenfreien Produkte über den glutenhaltigen gelagert?
☐ Sind die glutenfreien Produkte immer gut verpackt und gekennzeichnet?
Personalhygiene
☐ Ist die Arbeitskleidung sauber bzw. frei von Mehlstaub und Krümeln?
☐ Sind die Hände frisch gewaschen?
Küchenhygiene
☐ Werden stets frische, saubere Tücher zum Putzen, Trocknen und Anfassen genutzt?
☐ Wird für die Zubereitung glutenfreier Gerichte ein sauberer, oder besser, ein räumlich getrennter Arbeitsplatz genutzt?
☐ Werden nur saubere, nicht kontaminierte Geräte genutzt?
Zubereitung
☐ Werden nur separate, saubere, nicht kontaminierte Küchenutensilien genutzt?
☐ Sind alle Zutaten und Komponenten sicher glutenfrei?
☐ Gibt es eine separate Fritteuse für glutenfreie Gerichte oder Beilagen?
☐ Wurden „alte Gewohnheiten“ geprüft und bei Bedarf geändert?
Ausgabe/Büfett
☐ Welche Garnituren gibt es? Sind alle glutenfrei?
☐ Ist die glutenhaltige Brotstation räumlich getrennt von den glutenfreien Komponenten/Gerichten?
☐ Wie werden die glutenfreien Gerichte/Teller gekennzeichnet?
☐ Gibt es am Büfett ausreichend Platz für eine räumliche Trennung der glutenfreien Speisen?
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2024 zu finden.