von Dr. Jürgen Waldorf (Geschäftsführer licht.de)

Licht wirkt sich unmittelbar auf das Wohlbefinden und die Gesundheit des Menschen aus. Unter Lichtmangel leiden oft ältere Menschen, die wenig oder keine Zeit im Freien verbringen können. Auch die nachlassende Sehkraft bringt häufig die innere Uhr aus dem Gleichgewicht. In noch höherem Maße gilt das für Demenzkranke, deren Tag-Nacht-Empfinden sich sogar umkehren kann.

Ein großes Plus für die Gesundheit ist biologisch wirksames Licht: Das moderne Lichtkonzept Human Centric Lighting (HCL) orientiert sich mit dynamisch wechselnden Lichtfarben und Helligkeiten am natürlichen Tagesverlauf und unterstützt die natürlichen Phasen von Aktivität und Erholung. HCL wurde auf Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse entwickelt. Ziel ist, die Lebensqualität von pflegebedürftigen Menschen und Bewohnern mit neurodegenerativen Erkrankungen zu verbessern. Von einem stabilen circadianen Rhythmus profitieren auch die Mitarbeitenden.

Biologisch wirksam und intelligent gesteuert

HCL berücksichtigt visuelle, nichtvisuelle und emotionale Lichtwirkungen. Für die nichtvisuellen oder biologischen Wirkungen werden am Morgen und Vormittag hohe Beleuchtungsstärken und Blauanteile zur Aktivierung eingesetzt. Das gelingt mit einer flächigen Beleuchtung, die vergleichbar mit dem Himmelslicht besonders viele lichtempfindliche Rezeptoren im Auge erreicht. Gegen Abend stimmt warmtoniges, gedämpftes Licht den Organismus auf die Nacht ein.

Gerade von Demenz Betroffene haben oft ein krankheitsbedingt gestörtes Tag-Nacht-Empfinden. Studien zeigen, dass sich ihr circadianer Rhythmus dank einer HCL-Beleuchtung stabilisieren kann. Eine HCL-Lichtplanung für Seniorenheime erfordert hohe Expertise und große Sorgfalt seitens des Planers.

Sehen im Alter

Aufenthaltsraum

Natürliches Tageslicht und eine circadian wirksame künstliche Beleuchtung stabilisieren den Schlaf-Wach-Rhythmus älterer Menschen und tragen zu mehr Lebensqualität bei. – Foto: licht.de/Derungs

Licht hat direkten Einfluss auf unseren Körper. Der natürliche Verlauf des Tageslichts bestimmt unseren Hormonhaushalt und regelt den Schlaf-Wach-Rhythmus. Ein gesunder Wechsel von Tag und Nacht beruht auf Lichtreizen, die auf unsere Netzhaut treffen. Im Alter kommt weniger Licht hindurch. Für den gleichen Helligkeitseindruck brauchen Sechzigjährige viermal so viel Licht wie Zwanzigjährige. Die innere Uhr und der circadiane Rhythmus geraten deshalb leichter aus dem Takt.

Mit dem Alter nimmt darüber hinaus die Blendungsempfindlichkeit zu, gleichzeitig nehmen Sehleistung und Adaptionsfähigkeit ab – deswegen steigen die Anforderungen an das Umgebungslicht. Intelligent gesteuerte Beleuchtung kann auf die individuellen Bedürfnisse der Bewohnerinnen und Bewohner abgestimmt werden, muss aber auch manuelle Einstellungen erlauben.

Lichtstudie zeigt Vorteile für die Pflege

Wie gut HCL-Beleuchtung in der Praxis funktioniert, zeigt eine Studie in einer Einrichtung in Neubrandenburg: Im Vergleich zu einer Kontrollgruppe konnte bei Menschen unter HCL-Bedingungen eine gesteigerte Ausschüttung von Aktivitätshormonen – vor allem Cortisol – festgestellt werden. Damit kamen die Bewohner etwa auf das Level einer Vergleichsgruppe jüngerer Menschen. Sie berichten zudem von subjektiv mehr Tatkraft und weniger Tagesschläfrigkeit. Auch das Personal schilderte positive Effekte: Die Mitarbeitenden fühlten sich wach, aufmerksam und aktiv.

Wer mehr sieht, verletzt sich weniger

Seniorenappartement

Multifunktionale Beleuchtung am Bett kann als Raumlicht mit indirektem Anteil sowie als Lese- und Untersuchungslicht eingesetzt werden. – Foto: licht.de/Trilux

Senioren und Demenzpatienten sind oft verunsichert, weil sie Gesichter und Personen sowie Stufen und Hindernisse schlecht erkennen. Unebenheiten oder Treppen können leicht zu Stolperfallen werden.

In gleichmäßig ausgeleuchteten Fluren sind Bewohner sicherer unterwegs, denn Fehlinterpretationen durch irritierende Schatten werden vermieden. Gute Lichtlösungen weisen auf Gefahrenstellen hin. Ausgewogene direkte und indirekte Lichtanteile fördern die Orientierung im Raum.

Die Bewohner der Studieneinrichtung gaben an, dass sie sich durch die neue Beleuchtung sicherer in der Fortbewegung fühlen und weniger Angst vor möglichen Stürzen haben, sowohl beim Gehen als auch beim Fahren mit dem Rollstuhl. Die Sturzquote in der Einrichtung reduzierte sich deutlich.

Lichtmanagement ist der Schlüssel zu mehr Effizienz

Moderne Beleuchtung dient nicht nur Bewohnern und Personal, sie spart auch Kosten. Intelligente Lichtlösungen bringen Licht dorthin, wo und wann es gebraucht wird. Sensoren messen die Helligkeit, stimmen die Beleuchtung auf den tatsächlichen Bedarf ab und vermeiden so unnötige Stromkosten. Präsenzmelder, z. B. in Aufbewahrungsräumen, Fluren und Treppenhäusern, schalten nur dann automatisch das Licht ein, wenn Personen den Bereich betreten. Moderne Anwesenheits- und Tageslichtsteuerungen sparen Energie und sind wartungsarm – mit Einsparpotenzialen von bis zu 80 %.

Weitere Hinweise zur HCL-Lichtplanung in Seniorenheimen gibt DIN/TS 67600 und das Heft „licht.wissen 19“ erklärt die Wirkung des Lichts auf den Menschen. Freier Download unter: www.licht.de/lichtwissen

Über licht.de

Die Brancheninitiative licht.de ist seit 1970 kompetenter Ansprechpartner, wenn es um Fragen der Beleuchtung geht. Die Fördergemeinschaft bündelt das Fachwissen von rund 125 Mitgliedsunternehmen aus der Lichtindustrie, die im Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI e. V. organisiert sind. licht.de informiert über aktuelle Aspekte effizienter Beleuchtung und vermittelt Basiswissen rund um Licht, Leuchten und Lampen – herstellerneutral und kompetent. Das Informationsportal www.licht.de sowie die Schriftenreihen „licht.wissen“ und „licht.forum“ bieten umfassenden Service, geben praktische Hinweise und Beleuchtungsbeispiele für Architekten und Planer, Journalisten und Endverbraucher.

Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2024 zu finden.

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