Wie ein barrierefreies Wohlfühlangebot im BRK-SeniorenWohnen Ludwigsfeld Gesundheit, Selbstbestimmung und Gemeinschaft stärkt – und warum das Modell Mut zur Nachahmung macht
von Ulrike Jocham
Im SeniorenWohnen Ludwigsfeld des Bayerischen Roten Kreuzes (BRK) erleben Bewohnende ein seltenes Plus an Lebensqualität: Insgesamt sieben barrierefreie Senioren-Massagesessel stehen jederzeit zur freien Verfügung. Dank der außergewöhnlich einfachen Bedienung können die Sessel von älteren Menschen völlig selbstbestimmt genutzt werden – ohne Fragen, ohne Hilfe, ohne Hürde. Ob morgens zur Aktivierung, nachmittags zum Wohlfühlen oder abends zur Entspannung: Jede und jeder entscheidet selbst, wann und wie oft dieses in der Altenhilfe noch seltene Angebot genutzt wird. Zwei Bewohnerinnen berichten Erstaunliches: weniger Schmerzen, mehr Beweglichkeit und Mobilität – und eine neue Freude an der Teilhabe am Gemeinschaftsleben. Auch die Mitarbeitenden in der Pflege profitieren spürbar – körperlich wie emotional. Der wohltuende Sessel wird zur wertschätzenden Pause im Alltag, die in Zeiten des Fachkräftemangels längst kein Luxus mehr ist – sondern Teil einer zukunftsfähigen Arbeitskultur.
Das BRK-SeniorenWohnen Ludwigsfeld im bayerischen Neu-Ulm bietet 208 älteren Menschen mit Pflegebedarf ein Zuhause – in einem vierstöckigen Gebäude aus den 1980er Jahren. Sechs Wohnbereiche verfügen jeweils über einen Gemeinschaftsraum und einen Speisesaal. Ergänzt wird das Angebot durch weitere gemeinschaftlich genutzte Räume wie eine Cafeteria, Bibliothek, Kapelle, einen Tagungs- und Gymnastikraum sowie eine Snoezelen-Oase. Ein besonderes innovatives Element dieser gemeinschaftsfördernden Infrastruktur sind die barrierefreien und universell designten Senioren-Massagesessel – verteilt über alle Stockwerke und offen zugänglich für alle Bewohnenden.
Neuartige Gemeinschaftsförderung

In großen Eingangsbereichen laden die Senioren-Massagesessel zu gemeinschaftlichen Treffpunkten ein und können völlig autonom und selbstbestimmt von allen Bewohnenden genutzt werden. – Foto: Massagesessel Welt
„Diese speziell für ältere Menschen entwickelten Massagesessel kenne ich vom Marienheim, ebenfalls einer Einrichtung des Bayerischen Roten Kreuzes“, berichtet der Einrichtungsleiter vom BRK-SeniorenWohnen Ludwigsfeld Gamal Löffler. „Die Vorteile dieser Senioren-Massagesessel überzeugten mich bereits während meiner Tätigkeit im Marienheim. Bei meinem Start im Ludwigsfeld vor einem Jahr habe ich gleich dafür gesorgt, dass neben den zwei bestehenden Massagesesseln im Eingangsbereich fünf weitere Senioren-Massagesessel in den anderen Stockwerken angeschafft wurden“, so Löffler. Möglich machten das die günstigen Mietmodelle des Herstellers mit 119,00 EUR monatlich bei einer Laufzeit von 5 Jahren – ohne hohe Einmalinvestitionen.
Diese in Pflegeheimen noch sehr seltenen und selbstbestimmt nutzbaren Wohlfühlangebote seien beliebt und die Rückmeldungen sehr gut. „Die Sessel animieren unsere Bewohnenden dazu, den eigenen Wohnbereich zu verlassen, sich auf den Weg in die Gemeinschaft zu machen und dort in Kontakt mit anderen zu kommen.“ Gerade im Alter seien Begegnungen und soziale Teilhabe entscheidend für Lebensqualität und Wohlbefinden. „Unsere Senioren-Massagesessel leisten dazu einen ganz praktischen Beitrag – sie machen Begegnung spürbar wahrscheinlicher“, betont der engagierte Einrichtungsleiter.
Lebendiger Eingangsbereich
Genau von diesem Gemeinschaftsaspekt durch die speziellen Senioren-Massagesessel berichtet auch die Bewohnerin Inge Wassermann (Name anonymisiert). „Es ist einfach schön, hier im Eingangsbereich so einen Massagesessel zu nutzen. Hier ist immer was los. Und das ist viel schöner als alleine in meinem Zimmer zu sitzen. Außerdem kann ich ja nicht den ganzen Tag lesen“, erzählt die Seniorin. Sie könne z. B. auch einen Massagesessel in einem anderen Stockwerk nutzen, wo es ruhiger sei. „Doch das will ich gar nicht. Ich mag die Gespräche und die Gesellschaft hier im Eingangsbereich, wo fast immer andere Menschen sind. Ich lebe seit einigen Monaten hier im Ludwigsfeld und mir gefällt es sehr gut“, so Inge Wassermann. Die Senioren-Massagesessel benutze sie täglich. „Manchmal setze ich mich bis zu 6-mal in einen Massagesessel und wenn er nach 10 Minuten aufhört, drücke ich gleich nochmal drauf.“ Es tue einfach gut. „Seither muss ich drei Schmerztabletten am Tag weniger zu mir nehmen und ich laufe zusätzlich viel besser und aufrechter“, betont sie.
Neue Lebensqualität
Im großen Eingangsbereich des BRK-SeniorenWohnen Ludwigsfeld wird spürbar, wie der Massagesessel nicht nur dem Körper guttut, sondern auch Begegnung fördert: Während Inge Wassermann entspannt im Sessel sitzt und die wohltuende Massage genießt, sitzt Sophie Maier (Name anonymisiert) neben ihr – die beiden unterhalten sich lebhaft, lachen gemeinsam und genießen die Gemeinschaft.
„Ich freue mich jeden Tag auf diese kleinen Begegnungen hier unten“, sagt Sophie Maier. „Seit ich hier wohne, setze ich mich mindestens ein- bis zweimal täglich in einen der Massagesessel. Die sind fantastisch. Seitdem habe ich keine Rückenschmerzen mehr – und ich laufe wieder viel leichter.“
Wie gemacht für den Alltag älterer Menschen

Foto: Massagesessel Welt
„Dieser besondere Massagesessel wurde gezielt für ältere Menschen entwickelt – mit dem Anspruch, maximale Einfachheit in der Nutzung mit hoher Funktionalität zu verbinden. Erfunden hat ihn Eugen Maier, Gründer der Allgäuer Massagetechnik. Die intuitive Bedienung – vergleichbar mit einem Lichtschalter – steht exemplarisch für eine durchdachte alltagstaugliche Innovation: einfach, vertraut, wirksam“, berichtet Michael Roedeske, Geschäftsführer der ‚Massagesessel Welt‘ mit Beratungsstützpunkten in Stuttgart, Leverkusen und Dresden. „Vor knapp zwei Jahren haben wir die Allgäuer Massagetechnik übernommen und seit 2024 produzieren wir die Senioren-Massagesessel ‚Made in Germany‘ im schönen Remstal. Bis heute gibt es kein weiteres Modell auf dem Markt, das so konsequent wie der ‚Primera Senior‘ auf die Bedürfnisse älterer Menschen eingeht“, erklärt Roedeske.
Und der überzeugt nicht nur im Pflegealltag, sondern auch aus fachlicher Sicht. Je genauer man hinsieht, desto klarer wird: Dieser Massagesessel erfüllt zentrale Anforderungen gleich zweier wegweisender Gestaltungsansätze: der Barrierefreiheit und des Universal Designs.
Barrierefreiheit im Fokus
Was auf den ersten Blick schlicht und selbstverständlich wirkt, erfüllt bei genauerer Betrachtung zentrale Anforderungen des § 4 des Behindertengleichstellungsgesetzes (BGG): Der Senioren-Massagesessel ist so gestaltet, dass er für Menschen mit Behinderungen auffindbar, zugänglich und nutzbar ist – in allgemein üblicher Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe.
Barrierefreie Auffindbarkeit: Dank der Auswahl aus 52 Farbvarianten, z. B. in Beige oder Rot, lässt sich der Massagesessel kontrastreich zur Umgebung gestalten, etwa im Verhältnis zu Böden und Wänden. So wird er auch bei Sehbehinderungen visuell gut wahrnehmbar. Für Menschen mit Vollerblindung ist er durch sein bodennahes Material zuverlässig mit dem Langstock ertastbar.
Barrierefreie Zugänglichkeit: Die Sitzfläche ist frei zugänglich – ohne störende, fest verbaute Fußteile, wie sie bei vielen herkömmlichen Massagesesseln üblich sind. Stattdessen kann bei Bedarf ein separater Hocker als Fußablage genutzt werden. Der Sessel lässt sich bequem mit dem Rollator anfahren, aber auch zu Fuß mühelos erreichen. Die erhöhte Sitzfläche sowie die stabilen Armlehnen unterstützen ein selbstbestimmtes und kraftsparendes Hinsetzen und Aufstehen – auch bei Mobilitätseinschränkungen.
Barrierefreie Nutzbarkeit: Die Bedienung ist bewusst einfach und selbsterklärend – ganz ohne komplizierte Fernbedienung oder eine Vielzahl kleiner Knöpfe. Ein einziger, großflächiger Drucktaster – kontrastreich gestaltet, gut ertastbar und leicht zu betätigen – startet das Programm. Weitere Einstellungen sind nicht erforderlich, die Massage endet automatisch nach zehn Minuten. Kurz gesagt: Wer einen Lichtschalter bedienen kann, kann auch diesen Massagesessel nutzen.
Breite Passform: Der Senioren-Massagesessel eignet sich für Menschen zwischen 1,20 m und 1,85 m Körpergröße und bis zu 150 kg Körpergewicht – also für kleinere und größere ebenso wie für schmalere und breitere Nutzende. Für Personen, die beim Umsetzen, z. B. vom Rollstuhl auf den Sessel, Unterstützung benötigen, gelten die gleichen Voraussetzungen wie bei jedem anderen Sessel: Die Notwendigkeit von Assistenz liegt nicht am Produkt selbst, sondern an der individuellen Situation.
Vom Gesetz zur Gestaltungsqualität: Universal Design im Blick
Während § 4 BGG den Fokus auf die gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderung legt, geht das Konzept des Universal Designs einen Schritt weiter: Es zielt darauf ab, Produkte und Umgebungen so zu gestalten, dass sie den Alltag möglichst aller Menschen – unabhängig von Alter, Fähigkeit oder Vorerfahrung – vereinfachen und eine umfassende Teilhabe ermöglichen. Auch in dieser Hinsicht überzeugt der Senioren-Massagesessel durch seine durchdachte Gestaltung.
Das Universal Design basiert auf sieben Prinzipien, die für eine möglichst zielgruppenübergreifende und einfache Nutzung stehen:
- Breite Nutzbarkeit
Der Senioren-Massagesessel ist für möglichst viele Menschen zugänglich – unabhängig von Alter, Größe oder Erfahrung. Die erhöhte Sitzhöhe, stabile Armlehnen und das pflegeleichte Design ermöglichen eine komfortable Nutzung. Ein besonderes Merkmal: Der Verzicht auf fest verbaute Fußteile erleichtert den Zugang – auch mit Gehhilfen. Die Bedienung über einen einzigen, vertrauten Taster (wie ein Lichtschalter) ist außergewöhnlich einfach – und macht technische Einweisungen komplett überflüssig.- Flexibilität in der Benutzung
Höhenverstellbare Nackenstützkissen und robustes Material ermöglichen eine vielseitige Nutzung – abgestimmt auf Körpergröße, Mobilität und persönliche Vorlieben. Die große, zentrale Bedientaste ist intuitiv erreich- und bedienbar – für Rechts- wie Linkshänder gleichermaßen.- Einfache, intuitive Nutzung
Ein einziger Taster genügt – selbsterklärend wie ein Lichtschalter. Keine Anleitung nötig, kein technisches Wissen – sofort verständlich für Jung und Alt.- Sensorisch wahrnehmbare Informationen
Der große Taster ist gut ertastbar und lässt sich auf Wunsch auch kontrastreich gestalten – so wird er bei Bedarf auch für Menschen mit Sehbehinderung gut wahrnehmbar. Die einsetzende Massage ist klar spürbar, auch für Menschen mit Sehbehinderung oder Vollerblindung sowie für Menschen mit Schwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit.- Fehlertoleranz
Es gibt nur eine Funktion – keine Fehlbedienung möglich. Die Reduktion auf das Wesentliche sorgt für maximale Sicherheit, intuitive Nutzung und eine hohe Fehlertoleranz. Auch das Material unterstützt eine sichere und alltagstaugliche Nutzung. Das Kunstleder ist strapazierfähig, schwer entflammbar, speichel- und schweißecht sowie beständig gegenüber Urin, Blut, Kaffee und Tee. Es ist zudem antimikrobiell, lichtecht und kältebeständig – ideal auch für den Einsatz in Gemeinschaftseinrichtungen mit hohen hygienischen Anforderungen.- Geringer Kraftaufwand
Die ergonomische Gestaltung des Senioren-Massagesessels ermöglicht ein kraftsparendes Sitzen, Aufstehen und Bedienen – auch für Menschen mit Mobilitätseinschränkungen. Die erhöhte Sitzfläche und die stabilen, breit ausgeformten Armlehnen erleichtern den Ein- und Ausstieg zusätzlich. Die Bedienung des großflächigen Tasters erfordert nur minimalen Kraftaufwand.- Größe und Platz
Mit einer Tragkraft von bis zu 150 kg und einer breiten Sitzfläche ist der Sessel für viele Körpertypen geeignet – einfach nutzbar und offen für Vielfalt.
Die sieben Prinzipien des Universal Designs machen deutlich, wie durchdacht der Senioren-Massagesessel ‚Primera Senior‘ gestaltet ist – für möglichst viele Menschen, möglichst einfach und möglichst wirksam. Doch nicht nur die Bewohnenden im BRK-SeniorenWohnen Ludwigsfeld profitieren: Auch das Team ist eingebunden – mit einem starken Zeichen für Gesundheitsförderung in der Pflege.
„Ich habe selbst in der Pflege gearbeitet und weiß, wie belastend dieser Beruf für Rücken und Gesundheit sein kann“, betont Einrichtungsleiter Gamal Löffler. „Viele unserer Mitarbeitenden nutzen die Sessel – z. B. kurz zwischen zwei Einsätzen.“ Die Nutzung sei im Haus ausdrücklich erwünscht. „Ich bestehe sogar darauf, dass unsere Pflegekräfte dieses Angebot wahrnehmen – das ist eine klare Dienstanweisung“, so Löffler. Aus seiner Sicht leisten die Massagesessel einen wichtigen Beitrag zur Gesundheitsförderung und Mitarbeiterbindung.
Ich betrachte Lösungen wie diesen Senioren-Massagesessel nicht nur aus einem Blickwinkel, sondern mit der Erfahrung aus fast vier Jahrzehnten an den Schnittstellen von Pädagogik, Pflege, Raumgestaltung, Barrierefreiheit, Universal Design, Inklusion und hochwertiger Gestaltung. Und genau deshalb weiß ich: Solche Lösungen wirken und verdienen Verbreitung.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 02/2025 erschienen.