Moderne Beleuchtung kann in Pflegeeinrichtungen zum Wohlbefinden beitragen
von Dr. Jürgen Waldorf (Geschäftsführer licht.de)
Viele Menschen quälen sich mit auffallend schlechter Stimmung durch Herbst und Winter. Fehlt ausreichend natürliches Licht, entwickeln 5 – 20 % der Gesamtbevölkerung regelrechte „Mangelerscheinungen“. Ältere Menschen trifft es besonders schwer.
Bewohner von Pflegeeinrichtungen sind oft in ihrer Mobilität eingeschränkt, verbringen deshalb nicht mehr so viel Zeit im Freien und bekommen weniger Tageslicht. Wenn sich mit den Jahren die Linse trübt, fällt zudem weniger Licht ins Auge. Das bringt häufig die innere Uhr aus dem Takt, die durch Sonnenauf- und Sonnenuntergang täglich neu „gestellt“ wird. In noch höherem Maße gilt das für Demenzkranke, deren Tag-Nacht-Empfinden sich sogar umkehren kann.

Eine blendfreie und gleichmäßige Ausleuchtung verhindert störende Schatten im Flur, die zu Stürzen führen können. – Foto: licht.de/Waldmann
Das altersbedingt nachlassende Sehvermögen kann jedoch zum Teil durch höhere Beleuchtungsstärken ausgeglichen werden. Das unterstützt Senioren, gefährliche Stürze zu vermeiden und fördert ihre Unabhängigkeit. Treppen, Kanten und Unebenheiten auf dem Boden müssen gut sichtbar sein.
Gleichmäßige Helligkeit durch eine direkte und indirekte Beleuchtung ohne glänzende Stellen oder Helligkeitspunkte auf dem Boden erleichtert zudem die Orientierung im Raum. Ältere oder kranke Menschen fühlen sich deutlich sicherer, wenn sie sich gut zurechtfinden.
Höhere vertikale Beleuchtungsstärken sorgen dafür, dass Gesichter besser zu erkennen sind und tragen so zum persönlichen Wohlgefühl bei. Besonders hilfreich ist das für Demenzpatienten und nimmt ihnen Verunsicherungen und Ängste. Größere und selbstleuchtende Schalter erleichtern Bewohnern ihren Alltag in der Pflegeeinrichtung.
Der Mensch im Mittelpunkt

Mit zunehmendem Alter verschlechtert sich die Sehleistung des Auges. Dieser Prozess beginnt nicht erst im Seniorenalter: Schon ab 40 Jahren wird es schwerer Objekte, in der Nähe scharf zu sehen. Ältere Menschen brauchen deswegen mehr Helligkeit und eine gut geplante Beleuchtungslösung. – Foto: licht.de
Moderne Beleuchtungskonzepte nach dem Vorbild des Tageslichts unterstützen den circadianen Rhythmus, fördern einen erholsamen Schlaf und das Wohlbefinden. Das Konzept heißt Human Centric Lighting (HCL) und hat sich in der Pflege bewährt, wie Studien belegen. Am Morgen und Vormittag regt helles, flächiges Licht mit hohen Blauanteilen zur Aktivität an. Warmes, punktförmiges Licht am Abend lässt den Körper zur Ruhe kommen. So stabilisiert sich die innere Uhr. Von einer HCL-Beleuchtung und ihren nichtvisuellen Wirkungen profitieren vor allem Demenzkranke, die oft ihren Rhythmus für Tag und Nacht verlieren. Damit künstliches Licht die geplante biologische Wirkung entfalten kann, sollten bestimmte Mindestwerte für die melanopisch bewertete Bestrahlungsstärke am Auge erreicht werden. Details dieser Bewertung legt DIN TS 5031-100 fest, ergänzende Kriterien für die Lichtplanung nennt DIN TS 67600.
Norm empfiehlt mehr Helligkeit

Multifunktionale Beleuchtung am Bett kann als Raumlicht mit indirektem Anteil sowie als Lese- und Untersuchungslicht fungieren. – Foto: licht.de/Trilux
Seniorenheime sind nicht nur Wohnstätte, sondern zugleich Arbeitsplätze. Eine gute Beleuchtung muss auch den Bedürfnissen des Personals nach einer funktionalen Unterstützung ihrer Arbeit entsprechen. Deswegen gilt hier die Arbeitsstättennorm DIN EN 12464-1. Mit ihrer letzten Aktualisierung haben sich einige Anforderungen an Gesundheitseinrichtungen geändert: In Tagesräumen wird etwa ein höherer Wartungswert der Beleuchtungsstärke von 300 Lux verlangt und für einfache Untersuchungen 500 Lux.
Darüber hinaus sieht die Norm sogenannte Kontextmodifikatoren vor. Das sind Stufen zur Erhöhung des Wartungswertes der Beleuchtungsstärke, die immer dann angesetzt werden, wenn bestimmte Gründe dazu vorliegen – etwa das fortgeschrittene Alter. Zudem definiert die Norm weitere Faktoren für gutes Licht in Innenräumen. Dazu zählen beispielsweise Farbwiedergabe, Gleichmäßigkeit und Blendungsbegrenzung. Neben den aktuellen Tabellenwerten, die den Stand der Technik widerspiegeln, sind in Deutschland die Anforderungen der Technischen Regeln für Arbeitsstätten ASR A3.4 zu beachten.
Weil Lichtquellen und Räume mit der Zeit verschmutzen, sinkt im Laufe der Jahre das Beleuchtungsniveau. Deswegen spricht die Norm von einem Wartungswert der Beleuchtungsstärke, der jederzeit erreicht werden muss. Für neue Lichtlösungen wird er deshalb oft höher angesetzt, und Lichtplaner definieren schon im Wartungsplan Zeitpunkt und Art der Wartung. So ist sichergestellt, dass auch nach jahrelangem Betrieb die Mindestwerte der Beleuchtungsstärke für alle anfallenden Sehaufgaben eingehalten werden.
Lichtsteuerungen sparen bares Geld
In Senioreneinrichtungen ist es sinnvoll, die Beleuchtung zu automatisieren. Überall dort, wo große Fensterflächen natürliches Licht hereinlassen, nutzt das Lichtmanagementsystem das Tageslicht, um die künstliche Beleuchtung entsprechend zu reduzieren und zugleich den Energieverbrauch zu senken. Die Lichtsteuerung übernimmt auch die nächtliche Grundbeleuchtung und stellt die Sicherheit auf Verkehrswegen her. Bei Präsenz- oder Bewegungserfassung erhöht sich automatisch das Beleuchtungsniveau. Der Erfassungsbereich der Sensoren muss dabei so ausgelegt sein, dass bei Betreten des Flurs durch eine beliebige Tür das Licht zuverlässig angeht – und erst wieder ausschaltet, wenn sich nach einer zuvor festgelegten Zeitspanne niemand mehr im Flur aufhält. Alternativ kann bei Abwesenheit das Beleuchtungsniveau auf eine Grundbeleuchtung gesenkt werden. Korridore und Treppen haben in der Regel eine relative Abwesenheitsrate von 80 %. Mit einer bewegungsgesteuerten Regelung der Beleuchtung lässt sich hier deshalb viel Energie sparen. In der Pflege sind darüber hinaus kabelgebundene Lichtsteuerungen besser geeignet als Funklösungen. Sie haben weniger Wechselwirkungen mit anderen, etwa medizinischen Geräten und können von festen Stationen aus bedient werden, wie Schalter oder Wandpanels.
LED-Leuchten, Lichtmanagement und eine professionelle Lichtplanung können im Vergleich zu alten Beleuchtungsanlagen mit Leuchtstofflampen den Energieverbrauch um bis zu 85 % senken. Gleichzeitig steigt die Lichtqualität und der Wartungsaufwand sinkt. Damit ist Lichtmanagement der Schlüssel zu mehr Nachhaltigkeit in der Beleuchtung. Denn nur mit automatisierter Steuerung können Betreiber und Nutzer alle Vorteile ausschöpfen, die moderne Lichtquellen, Leuchten und Betriebsgeräte bieten – zu jeder Jahreszeit.
Über licht.de
Die Brancheninitiative licht.de ist seit 1970 kompetenter Ansprechpartner, wenn es um Fragen der Beleuchtung geht. Die Fördergemeinschaft bündelt das Fachwissen von rund 125 Mitgliedsunternehmen aus der Lichtindustrie, die im Verband der Elektro- und Digitalindustrie ZVEI e. V. organisiert sind. licht.de informiert über aktuelle Aspekte effizienter Beleuchtung und vermittelt Basiswissen rund um Licht, Leuchten und Lampen – herstellerneutral und kompetent. Das Informationsportal www.licht.de sowie die Schriftenreihen „licht.wissen“ und „licht.forum“ bieten umfassenden Service, geben praktische Hinweise und Beleuchtungsbeispiele für Architekten und Planer, Journalisten und Endverbraucher.
Dieser Artikel ist in der Ausgabe 02/2025 erschienen.





