Robert Pelzer, Fachbereichsleiter Pflege beim MDK Nordrhein, erklärt im Interview wie ein MDK-Besuch nach Einführung der neuen Qualitätsprüfung aussehen wird.  Auf welche erweiterten Prüfinhalte sich Seniorenheime einstellen müssen, welche Informationsquellen die Prüfer heranziehen können und wie eine Einrichtung von der Beratung des MDK profitieren kann.

Herr Pelzer, die Qualitätsprüfungen in Pflegeeinrichtungen stehen vor einem Neustart. Wann beginnt der MDK Nordrhein mit den Prüfungen nach dem neuen Verfahren?
Ab November. Aber natürlich haben wir schon lange damit begonnen, unsere Gutachterinnen und Gutachter auf das geänderte Procedere vorzubereiten. Denn das neue System erfordert ein ganz grundsätzliches Umdenken bei allen Beteiligten.

Was meinen Sie mit grundsätzlichem Umdenken?
Mit der Reform rückt nun das Ergebnis der Versorgung in den Vordergrund. Die neue Prüfphilosophie setzt auf wesentlich umfassendere Qualitätsaspekte, die anhand von Leitfragen besprochen werden. Der fachliche Dialog zwischen MDK-Prüfteams und Pflegefachkräften der Einrichtung gewinnt an Bedeutung. Das setzt auf beiden Seiten ein hohes Maß an fachlicher Qualifikation voraus.

Welches sind die neuen Prüfinhalte?
In Zukunft betrachten wir sechs verschiedene Qualitätsbereiche, die wiederum in 24 Qualitätsaspekte unterteilt sind. Davon beziehen sich 21 Kriterien unmittelbar auf die Bewohner selbst: Wie laufen bestimmte Pflegeprozesse ab? Und welches Ergebnis kommt für die Bewohner dabei heraus? Auch das Spektrum der Prüfinhalte wird erweitert. Zu den klassischen Themen wie Ernährung, Körperpflege, Medikamenten- und Wundversorgung kommen neue hinzu: Wie steht es beispielsweise um die Unterstützung der Bewohner hinsichtlich ihrer Mobilität, der Strukturierung ihres Tages oder ihrer sozialen Kontakte?

Wie wird eine MDK-Prüfung künftig ablaufen?
Nach wie vor sind die persönliche Befragung und die Inaugenscheinnahme von Bewohnern zentrale Elemente. Als weitere Informationsquelle rückt jetzt das Fachgespräch mit den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Einrichtung in den Vordergrund. Hinzu kommen die Beobachtungen während der Prüfung und die Pflegedokumentation durch die Einrichtung. Die Prüferinnen und Prüfer entscheiden von Fall zu Fall, welche Informationen für die Bewertung benötigt werden.

Und wie werden die überprüften Kriterien künftig beurteilt? Bislang stellte sich ja nur die Frage, ob eine Anforderung erfüllt wurde oder nicht?
Die Beurteilung wird deutlich differenzierter. Die Ergebnisse werden danach unterschieden, welche konkreten Auswirkungen sie für den Pflegebedürftigen haben. Die Skala reicht von „keine Defizite“ über „Auffälligkeiten ohne Bedeutung für den Bewohner“ und „Defizite mit dem Risiko negativer Folgen für den Bewohner“ bis zu „Defizite mit bereits eingetretenen negativen Folgen für den Bewohner“. Wird zum Beispiel eine bettlägerige Patientin nicht regelmäßig umgebettet? Dann kann der Prüfer künftig vermerken, dass das „Risiko negativer Folgen“ – nämlich des Wundliegens – besteht.

Zu „negativen Folgen“ sollte es erst gar nicht kommen. Auch in diesem Punkt hält das neue Verfahren Verbesserungen bereit.
Ja, künftig wird die Verantwortung der Pflegeeinrichtungen für die interne Qualitätssicherung gestärkt. Ab Oktober sollen vollstationäre Pflegeeinrichtungen zweimal pro Jahr intern von allen Bewohnerinnen und Bewohnern sogenannte Daten für Qualitätsindikatoren erheben. Erfasst wird beispielsweise, wie mobil die Personen sind, wie viele von ihnen gestürzt sind oder ein Druckgeschwür entwickelt haben. Die Daten werden anonymisiert an eine zentrale Datenauswertungsstelle übermittelt. Dort werden die Ergebnisse mit dem Durchschnitt aller Heime bundesweit verglichen und die Einrichtungen erhalten einen Bericht mit den Ergebnissen. So können die Pflegeheime selbst erkennen, wo sie gut sind oder wo noch Verbesserungsbedarf besteht.
Wir überprüfen dann bei einigen der besuchten Pflegeheimbewohner zusätzlich die von der Einrichtung erhobenen Indikatoren auf Plausibilität. Bei den Indikatoren und der Qualitätsprüfung geht es um dieselben Themen. Dadurch entsteht eine enge Verknüpfung zwischen dem internen Qualitätsmanagement und unserer Prüfung. Das ist neu.

Wie profitieren Pflegeheime noch von der geänderten Prüfung?
Durch das neue Verfahren gewinnt unsere pflegefachliche Beratung an Bedeutung. Durch die verschiedenen Informationsquellen, die uns künftig zur Verfügung stehen, können wir einen Beratungsansatz verwirklichen, der weit über das hinausgeht, was wir bisher gemacht haben.
Unsere Prüfteams erläutern die Ergebnisse und geben konkrete Hinweise für Verbesserungen – etwa wenn bei einzelnen Qualitätsaspekten Defizite festgestellt worden sind oder die Einrichtung bei bestimmten Indikatoren nur unterdurchschnittliche Ergebnisse erzielt. So können die Pflegeheime künftig noch gezielter zu etwaigen Defiziten beraten werden. Davon profitieren in erster Linie die Seniorinnen und Senioren, die in der Pflegeeinrichtung versorgt werden.

Kurzinfo

Der MDK Nordrhein

Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) Nordrhein ist der unabhängige sozialmedizinische Beratungs- und Begutachtungsdienst in Nordrhein, der die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung in medizinischen und pflegerischen Fragen berät und unterstützt. Seit 2009 überprüft der MDK im Auftrag der Pflegekassen jedes Jahr die Qualität von Pflegeheimen und Pflegediensten.

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2019 zu finden.

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