Lesen sie hier den ersten Teil der Serie: Stress erkannt, Gefahr gebannt! – Was ist Stress und wie geht man damit um? – Teil I


von Thomas Eckardt

Thomas Eckardt, der Autor, der nicht nur theoretische, sondern auch praktische Erfahrungen in seinen Büchern verarbeitet. Als Psychologe und Coach weiß er, welche Informationen die Leser brauchen. 30 Jahre Erfahrung und aktuelles Wissen machen seine Ratgeber zu einem regelmäßigen Begleiter von Fach- und Führungskräften. – www.eckardt.online

Thomas Eckardt 

Wer den Stress als das verstanden hat, was er ist, nämlich eine durch Reize verursachte Mobilmachung des Körpers für eine Muskelleistung, erkennt auch, dass im Stress bereitgestellte Energie durch Bewegung abgebaut werden muss.

Der Stressmechanismus wird zwar ohne unseren Willen ausgelöst, dennoch hat der Willen auch im Stressgeschehen eine Chance. Kontrollieren Sie deshalb ihre Stressreize, und machen Sie den Versuch, sie gedanklich zu entkräften! Dann findet manche Stressreaktion gar nicht erst statt. Exkurs: „Irrationale Gedanken“.

Wenn Sie mit Ihren Stressauslösern allein nicht fertig werden und immer wieder in Stresssituationen geraten, versuchen Sie, an einem Stressbewältigungsprogramm (systematisches Problemlösen, Entspannungsübung, Ausgleich für Belastungen) teilzunehmen. Manche Krankenkassen bieten solche Kurse an. Bitte fragen Sie dort nach oder regen Sie hausinterne Kurse an (z. B. Rückenschule etc.).

Entspannung

Es gibt viele unsystematische Möglichkeiten zur Entspannung. z. B. Musikhören, Lesen, Spazieren gehen, Baden, Träumen, sich Gehen lassen, ein Wochenende vertrödeln usw.

Zusätzlich haben alle Aktivitäten, die zu Zufriedenheitserlebnissen führen, einen entspannenden Effekt. Das sind so genannte passive Methoden.

Man kann auch aktive Methoden der Entspannung lernen. Sie setzen gezielt und systematisch am Organismus an und basieren auf wissenschaftlich gesicherten Erkenntnissen.

Die Wirkung: Alle systematischen Entspannungsübungen führen

  • zur Senkung des Erregungsniveaus
  • zu einer Erhöhung der Belastbarkeit
  • zum Abbau von bereits bestehenden psychosomatischen Beschwerden

Zeit gewinnen und ökonomisch arbeiten

  1. Zeitbewusstsein entwickeln
  2. Nie versuchen, mehrere Ziele gleichzeitig zu erreichen
  3. Rangordnung für die anliegenden Aufgaben finden
  4. Positive Selbst- und Fremdkontrolle schaffen

Entspannungstechniken können auf verschiedene Weisen eingesetzt werden:

  • Man kann sie gut mit anderen langfristigen und kurzfristigen Stressbewältigungsmaßnahmen kombinieren.
  • Kurzformen der Entspannung lassen sich als Sofortmaßnahmen in der akuten Stresssituation anwenden.

Systematische Entspannungsmethoden sind u. a. progressive Muskelentspannung (PMR), Autogenes Training (AT), Atemtechniken und Visualisierungsübungen, sowie verschiedene Formen der Meditation.

Zwei Komponenten sind unerlässlich, wenn sie die Entspannungsreaktion auslösen wollen:

  • Ein mentaler Fokus: den eigenen Atem beobachten, ein Wort, Mantra oder Ton wiederholen oder eine rhythmische, muskuläre Aktivität durchführen.
    Es geht darum, den Strom der Alltagsgedanken zu unterbrechen und den Kopf „frei“ zu bekommen.
  • Eine passive Haltung gegenüber aufdringlichen Gedanken: sich beispielsweise nicht darüber sorgen, ob man es richtig macht, die Vorstellung dann sanft wieder auf den Fokus dirigieren.

Bewegen Sie sich aus dem Stress heraus!

Das kann auf ganz verschiedene Weise geschehen und jeder muss für sich selbst das Richtige herausfinden.

  • Für die meisten Berufstätigen ist auch am Arbeitsplatz eine Pause mit Bewegung möglich.
  • Unterbrechen Sie stundenlanges Sitzen durch gymnastische Übungen und steigen Sie Treppen selber hoch, anstatt nervös auf den Fahrstuhl zu warten.
  • Benutzen Sie – wo immer möglich – lieber Ihre Beine, als das Auto.
  • Machen Sie Ihre Freizeit durch Spazieren gehen, Schwimmen, Ballspiele, andere Sportarten oder auch durch Gartenarbeit zu einem entspannenden Ausgleich.

Regelmäßigkeit ist gut; aber denken Sie daran: Übertriebener Ehrgeiz passt nicht zum Ausgleichssport. Planen Sie den Ausgleich systematisch: schwere Woche – bewusster Ausgleich

Entspannungstechniken:

Progressive Muskelentspannung nach Jacobson

Muskelverspannung geht mit Angst Hand in Hand. Der amerikanische Physiologe Edmund Jacobson fand in den 20er Jahren bei seinen Forschungsarbeiten einen Zusammenhang zwischen körperlicher Erregung, innerer Unruhe und Ängstlichkeit auf der einen und erhöhter muskulärer Anspannung auf der anderen Seite. Jacobson wies auch nach, dass bei einer entspannten Muskulatur kein intensives Angsterlebnis möglich ist. Daraus leitete er die “Progressive Relaxation” ab, bei der die Entspannung der Muskulatur durch vorherige Anspannung erreicht wird. Das gezielte Anspannen betonter Muskelpartien, das jederzeit möglich ist, führt unweigerlich zu einer Verringerung der Spannung, nämlich dann, wenn die Spannung wieder losgelassen wird. Klingt paradox, aber funktioniert.

Frau Entspannt um gegen den Stress anzugehen - Foto: Karolina Grabowska – Pexels

Foto: Karolina Grabowska – Pexels

Der einfachste und unaufwendigste Weg zur Entspannung führt über folgende Stufen:

  1. Wählen Sie ein Wort, einen Begriff, ein Gebet, das Sie als Fokus verwenden wollen. Oder konzentrieren Sie sich nur auf Ihren Atem.
  2. Sitzen Sie ruhig in einer bequemen Haltung.
  3. Schließen Sie die Augen.
  4. Entspannen Sie die Muskulatur.
  5. Atmen Sie langsam und natürlich. Wiederholen Sie Ihr Fokuswort jedes Mal beim Ausatmen.
  6. Bleiben Sie passiv, kümmern Sie sich nicht darum, ob Sie es gut machen. Wenn Ihre Gedanken „wandern“, lenken Sie sie auf den Fokus zurück.
  7. Halten Sie die Prozedur 10 – 15 Minuten durch.
  8. Entspannen Sie sich nach dieser Methode ein- bis zweimal pro Tag.

Ein Mensch, der innerlich angespannt oder ängstlich ist, ist meist auch muskulär angespannt. Allerdings führt nicht nur psychische Anspannung zu höherer Muskelspannung, es gilt auch der umgekehrte Fall, dass erfahrungsgemäß eine Lockerung der Muskulatur mit einem Ruhegefühl einhergeht.

Wir haben es hier mit einem Zusammenhang zwischen Psyche und Körper zu tun, der in beide Richtungen besteht. Die Psyche wirkt auf den Körper, und umgekehrt können körperliche Veränderungen auch Veränderungen im psychischen Befinden hervorrufen. Sowohl körperliche als auch psychische Spannungen finden dementsprechend ihren Ausdruck in der Verkürzung von Muskelfasern. Dabei wird das Wort “Spannung” sowohl für die normale Anstrengung verwandt, in der die also auch gesundheitlich günstige Aktivität steckt, als auch für überfordernde krankheitserzeugende, körperliche oder psychische Anstrengung.

Eine große Zahl der Zivilisationserkrankungen wird nach Jacobsons Auffassung in ihren Entstehungsbedingungen vor allem durch die Annahme einer gestörten “persönlichen Ökonomie” verständlich. Nämlich dann, wenn die mit der Lebensbewältigung verbundenen individuellen, körperlichen und psychischen Anstrengungen auf der neuromuskulären Ebene zu Überlastungen führen.

Tiefgehende Entspannung wird ermöglicht

Durch die Methode der Progressiven Relaxation soll dem Übenden eine möglichst tiefgehende Entspannung ermöglicht werden. Hierbei versteht Jacobson unter Entspannung die direkte Umkehrung von nervöser Erregung, insbesondere das Aussetzen der Muskelkontraktion. Durch Entspannung der Willkürmuskulatur soll eine gleichsinnige Wirkung auf die Gehirnaktivität und andere körperliche Funktionsbereiche ausgeübt werden, so dass ein körperlich-psychischer Entspannungszustand erreicht ist. Eine derartige Entspannung stellt quasi einen Gegenpol zu übermäßiger Anspannung dar, woraus sich der gesundheitliche Nutzen bei spannungsbedingten Beschwerden und Erkrankungen erklärt.

Die Progressive Muskelrelaxation dient zum einen der Krankheitsvorbeugung, d. h., dass das regelmäßige Anwenden von Entspannungstechniken eine prophylaktische Wirkung zeigt. Viele Forschungsergebnisse belegen den positiven Einfluß des PMR auf eine Vielzahl von Symptomen und Erkrankungen. Hier ist zu nennen: Spannungskopfschmerzen, Ein- und Durchschlafstörungen, Herz-/Kreislauferkrankungen, Bluthochdruckerkrankungen usw.

Es ist zu beachten, dass die geschilderten gesundheitlichen Vorteile in der Regel nicht sofort nach Übungsbeginn auftreten. Obwohl für das Erlernen der Progressiven Relaxation in aller Regel zwar deutlich weniger Übungszeit – als z. B. beim Autogenen Training – aufzuwenden ist, ist doch eine disziplinierte Herangehensweise von Nutzen.

Möglichkeiten zum Erlernen

Die Progressive Relaxation kann am besten in einem von einem entsprechend qualifizierten Diplom-Psychologen oder speziell fortgebildeten Arzt geleiteten Kursus erlernt werden. Derartige Kurse werden zunehmend von Bildungseinrichtungen und Volkshochschulen sowie den Krankenkassen angeboten. Aber auch in psychologischen bzw. Arztpraxen und während eines Aufenthaltes in einer Kur oder Rehabilitationsklinik kann die Methode erlernt werden.

Kurzinfo

Dipl.-Psych. Thomas Eckardt
Am Oberfeld 12
35606 Solms
Tel. 06441 – 960 74
info@eckardt.online
www.eckardt.online

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2021 zu finden.

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