von Thomas Eckardt
Thomas Eckardt, der Autor, der nicht nur theoretische, sondern auch praktische Erfahrungen in seinen Büchern verarbeitet. Als Psychologe und Coach weiß er, welche Informationen die Leser brauchen. 30 Jahre Erfahrung und aktuelles Wissen machen seine Ratgeber zu einem regelmäßigen Begleiter von Fach- und Führungskräften. – www.eckardt.online
Stress wird häufig die Krankheit der Gegenwart genannt. Fast alle Menschen kennen aus Erfahrung Situationen, in denen sie sich beruflich oder privat überfordert fühlen, wo sie überlastet, gereizt, hektisch oder nervös sind. Man ärgert sich, ist ohnmächtig und niedergeschlagen.
Was ist Stress?
Das Gleichgewicht zwischen An- und Entspannung, Aktivität und Ruhe, Stress und Erholung ist heute allzu oft gestört und entspricht nicht mehr dem naturgegebenen Harmonieprinzip. Man denke nur an die rastlose Hektik in der „besinnlichen Vorweihnachtszeit“.
Stress gehört zum Leben. Er vermag sogar die Leistungsfähigkeit zu erhöhen. Aber zu viel Stress kann krank machen. Alarmierende Statistiken zeigen, dass die ursprünglichen biologischen Abwehrkräfte oft nicht ausreichen oder manchmal sogar ungeeignet sind, den Organismus vor Dauerschäden zu bewahren. Rund 200.000 Herzinfarkte pro Jahr in Deutschland sind dafür ein sicherer Beleg.
Dauerstress ist nicht nur Mitverursacher zahlreicher Erkrankungen, auch indirekt kann er sich negativ auswirken. So verhalten sich Menschen in Belastungssituationen, wenn sie sich unter Druck fühlen, häufig gesundheitsschädigend: Sie rauchen mehr, ernähren sich ungesund, trinken mehr Alkohol, zudem steigt das Unfallrisiko am Arbeitsplatz, die Leistungsfähigkeit nimmt ab, wir machen mehr Fehler und fühlen uns häufig unwohl.
Der leistungsbezogene Alltag erfordert nahezu die gesamte Energie. Deshalb ist es wichtig, mit der eigenen Energie optimal haushalten zu können und Überforderungen zu vermeiden.
Wie man mit Belastung fertig wird, kann man erlernen. Dies sollte nicht nur auf die Behandlung von Stressfolgeschäden beschränkt bleiben, sondern sinnvollerweise schon im Vorfeld der Belastung, also vorbeugend, praktiziert werden. Auch die positive Nutzung der Stressenergie kann eine sinnvolle Form des Umgangs mit Stress sein.
Allgemein gültige und einfache Formeln zur Lösung von Stressbelastungen gibt es nicht. Wohl aber Informationen über geeignete Mittel zur Stressbewältigung und zur aktiven Entspannung, Entscheidungshilfen zur persönlichen Auswahl der jeweiligen Methode und Hilfestellung zu deren Erwerb (Training).
EuStress und DiStress
Viele beklagen sich über den Stress unseres modernen Lebens. Aber sehr oft wird dieser Begriff missverstanden.
Leben und Stress sind untrennbar miteinander verbunden. Ohne körperliche und geistig-seelische Anstrengungen wäre unser Leben langweilig, unproduktiv, sinnlos.
Der Mensch ist seiner Natur nach belastbar und braucht sogar zur Aufrechterhaltung seiner Gesundheit und seines Wohlbefindens ein gewisses Maß an Belastung. Warum dann heutzutage so viel Worte über den Stress?
Stress ist zunächst nichts weiter als die Reaktion des Körpers auf äußere und innere Reize. Er ist ein seit Millionen Jahren in allen höheren Tierarten und Menschen eingebauter Verteidigungsmechanismus zum Schutz vor Gefahren aus der Umwelt und damit eine natürliche Überlebenshilfe. Diese „normale“ Stressreaktion wird auch als EuStress (DiStress) bezeichnet.
Wenn wir von Stress reden, meinen wir meistens nicht, wie es richtig wäre, die körperliche Reaktion, sondern die sie auslösenden Reize.
Stressanalyse
Stress ist ein lebenswichtiger Vorgang, aber zu viel Stress macht krank. Vielen der kleinen täglichen Ärgernisse, die zu Stressreaktionen führen, lassen sich vermeiden, wenn man sie als Stressoren erkannt hat.
Was geschieht im Stress?
In Sekundenschnelle macht der Organismus bei Wahrnehmung eines Stressreizes mobil. Durch nervöse und hormonelle Steuerung wird der Herzschlag beschleunigt und der Blutdruck erhöht. Die Muskeln werden besser durchblutet und durch Abbau der Fett- und Glykogenreserven des Körpers mit Energie versorgt. Im Blut erhöht sich der Gehalt an freien Fettsäuren und Zucker; der Wert der Blutgerinnungsfaktoren steigt an, damit sich bei eventuellen Verletzungen die Wunden schneller schließen.
Gleichzeitig werden alle für den Moment der Gefahr nicht unbedingt nötigen Vorgänge wie Verdauung, Sexualfunktionen, Immunabwehr und Eiweißaufbau gedrosselt. Auch die Denktätigkeit des Gehirns wird blockiert, damit nicht lange Überlegungen die Reaktion des Körpers verzögern. Der gesamte Organismus wird so auf eine körperliche Höchstleistung vorbereitet.
Kennzeichnen eines Stress-Typs
- Bedürfnis nach Anerkennung, Angst und Kritik
- Wettbewerbshaltung, latente Feindseligkeit, Unabhängigkeit in Leistungssituationen
- Verausgabungsbereitschaft, Ignorierung von Entspannungsbedürfnissen
- Genauigkeit, Gewissenhaftigkeit, Perfektionsstreben durch Störungen
- Hetze, Zeitdruck, Ungeduld, Irritierbarkeit durch Störungen
- Berufliche Distanzierungsunfähigkeit, Verantwortungsbewusstsein, hohe Identifikationsbereitschaft mit vorgegebenen und selbst gesetzten Zielen
Was führt zum Stress?
Stressauslöser können körperlicher und seelischer Art sein. Körperliche Stressreize sind Hunger und Durst, Hitze und Kälte, Lärm, Schlafmangel; ob eine seelische Empfindung als Stressauslöser wirkt, hängt von der Persönlichkeit des Einzelnen ab. Nicht selten sind es die vielen kleinen Belastungen des täglichen Lebens, die sich zur Stresssituation summieren.
Jede Form innerer Anspannung kann zu Stress führen, meistens jedoch sind es anhaltende negative Empfindungen wie Angst, Ehrgeiz und Prestigedenken, Langeweile, Zank und Streit, mangelnde Anerkennung in Beruf und Familie, Trauer, Einsamkeit und Gedanken an den Tod, die je nach Empfindlichkeit des Betroffenen den Körper in Alarmbereitschaft versetzen können. Schließlich können auch Krankheiten als körperliche und seelische Stressreize wirken.
Wann wird Stress gefährlich?
Das biologische Konzept der Stressreaktion sieht vor, dass die bereitgestellte Energie in einem körperlichen Kraftakt zur Abwehr oder Flucht verbraucht wird und dass danach eine Zeit der Erholung folgt bis zum Eintreten einer neuen Gefahr.
Die Lage des modernen Menschen ist ganz anders:
Meist verharrt er in seinen Stresssituationen, besonders im Auto oder am Arbeitsplatz bewegungslos, d. h., er reagiert seinen Stress nicht ab. Außerdem wird der Mensch heute mit Reizen aus der zivilisierten Umwelt geradezu überflutet. Sie versetzen seinen Körper in eine Art Daueralarmzustand; die Erholungsphasen sind kurz oder fehlen; die Anpassungsfähigkeit des Körpers wird überfordert, und je nach Konstitution entstehen Herz- und Gefäßerkrankungen (Gefäßverhärtung, Thrombosen, Bluthochdruck, Herzinfarkt, Kollapsneigung), Magen- und Darmgeschwüre, Infektionsanfälligkeit, Impotenz und Nierenerkrankungen. Dieses Zerrbild der normalen Stressreaktion wird deshalb mit dem Begriff „DisStress“ charakterisiert.
Lesen sie hier den zweiten Teil der Serie: Stress erkannt, Gefahr gebannt! – Wie wird man mit dem Stress besser fertig? – Teil II
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Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2021 zu finden.