Lesen sie hier den ersten Teil der Serie: Entstressen Sie sich – 10 goldene Regeln gegen zu viel Stress – Teil I

von Thomas Eckardt

Thomas Eckardt, der Autor, der nicht nur theoretische, sondern auch praktische Erfahrungen in seinen Büchern verarbeitet. Als Psychologe und Coach weiß er, welche Informationen die Leser brauchen. 30 Jahre Erfahrung und aktuelles Wissen machen seine Ratgeber zu einem regelmäßigen Begleiter von Fach- und Führungskräften. – www.eckardt.online

Thomas Eckardt 

Es gibt einiges, was Sie unmittelbar vor, während oder direkt nach einer akuten Stresssituation tun können, um die anschließende Erregung abzufangen oder abzudämpfen:

Die Ebene der Seele

Unmittelbar vor, während oder direkt nach einer akuten Stresssituation können Sie einiges tun, um die anschließende Erregung abzufangen oder abzudämpfen:

  • Kognitiv emotionale Ebene: Nachdenken, Aufschreiben, Strukturieren, Gespräche führen, Abschalten, Visualisieren, Meditieren, Selbstsicherheitstraining („Nein“ sagen lernen)
  • Vegetative Ebene: Autogenes Training
  • Muskuläre Ebene: Progressive Muskelentspannung

Was Sie immer tun sollten, ist eine sog. unsystematische Entspannung, die Sie immer wieder in Ihren Tagesablauf einschieben können:

  • Nutzen Sie Ihre persönlichen Entspannungsmethoden (z. B. Lesen, Musik hören, Baden, träumen …) und lassen Sie sich Zeit dabei.
  • Tragen Sie auch die Zeit für Entspannung in Ihrem persönlichen Kalender ein – als verpflichtende Verabredung mit sich selbst.
  • Genießen Sie die Entspannung. Ist die Unruhe zu groß, dann zählen Sie Ihre Atemzüge. So konzentriert sich Ihr stets waches Hirn auf eine Aufgabe und kann nicht endlos plappern.

Daneben gibt es auch aktive Methoden der Entspannung. Dabei setzen Sie gezielt und systematisch am Organismus an. Fakt ist: Alle systematischen Entspannungsübungen führen zur Senkung des Erregungsniveaus, zu einer Erhöhung der Belastbarkeit und zum Abbau von bereits bestehenden psychosomatischen Beschwerden.

Sie können systematische Entspannungsübungen auf verschiedene Weisen einsetzen, diese mit anderen langfristigen und kurzfristigen Stressbewältigungsmaßnahmen kombinieren oder als Sofortmaßnahmen in der akuten Stresssituation einsetzen.

So geht der einfachste und unaufwändigste Weg zur Entspannung:

  1. Wählen Sie ein Wort, einen Begriff oder ein Gebet als Fokus. Oder konzentrieren Sie sich nur auf Ihren Atem.
  2. Sitzen Sie ruhig in einer bequemen Haltung.
  3. Schließen Sie die Augen.
  4. Entspannen Sie Ihre Muskulatur.
  5. Atmen Sie langsam und natürlich. Wiederholen Sie das gewählte Fokuswort jedes Mal beim Ausatmen.
  6. Bleiben Sie passiv, kümmern Sie sich nicht darum, ob Sie es besonders gut machen. Wenn die Gedanken „wandern“, lenken Sie sie auf den Fokus zurück.
  7. Halten Sie 10 – 15 Minuten durch.
  8. Entspannen Sie nach dieser Methode ein- bis zweimal pro Tag.

Die Ebene des Körpers

Körperliche Aktivität wirkt sich auch positiv auf den beruflichen/privaten Alltag aus: geringere Erregbarkeit, mehr Geduld, größere Belastbarkeit, höhere Selbstsicherheit, Ungezwungenheit, mehr Kontakte und größere Durchsetzungskraft sind nur einige der vielen Vorteile.

Wer körperlich fit ist, bietet dem Alltagsstress weniger Angriffsfläche. Und deshalb sollten Sie Sport treiben. Gute Sportarten sind z. B. Laufen, Wandern, Rad fahren oder Schwimmen. Aber vermeiden Sie dabei Gewaltleistungen. Das Ziel ist nicht Hochleistung, sondern regelmäßige Bewegung.

Denken Sie auch daran, dass Ihr Körper Ruhe braucht. Gehen Sie konkreten äußeren Stressauslösern aus dem Weg oder stellen Sie sie ab. Wenn Sie der ständige hohe Geräuschpegel stört, müssen Sie Maßnahmen ergreifen, um sich dem zu entziehen, z. B. mit geräuschunterdrückenden Kopfhörern. Das ist aktives Reizmanagement.

Muskelverspannungen und Angst gehen Hand in Hand. Der amerikanische Physiologe Edmund Jacobson fand in den 1920er Jahren bei seinen Forschungsarbeiten einen Zusammenhang zwischen körperlicher Erregung, innerer Unruhe und Ängstlichkeit auf der einen und erhöhter muskulärer Anspannung auf der anderen Seite. Jacobson wies auch nach, dass bei einer entspannten Muskulatur kein intensives Angsterlebnis möglich ist. Daraus leitete er die „Progressive Relaxation“ ab, bei der die Entspannung der Muskulatur durch vorherige Anspannung erreicht wird. Das gezielte Anspannen betonter Muskelpartien, das jederzeit möglich ist, führt unweigerlich zu einer Verringerung der Spannung, nämlich dann, wenn die Spannung wieder losgelassen wird. Klingt paradox, funktioniert aber.

Ein Mensch, der innerlich angespannt oder ängstlich ist, ist meist auch muskulär angespannt. Allerdings führt nicht nur psychische Anspannung zu höherer Muskelspannung! Es gilt auch der umgekehrte Fall, dass eine Lockerung der Muskulatur mit einem Ruhegefühl einhergeht.

Wir haben es hier mit einem Zusammenhang zwischen Psyche und Körper zu tun, der in beide Richtungen besteht. Die Psyche wirkt auf den Körper und umgekehrt können körperliche Veränderungen auch Veränderungen im psychischen Befinden hervorrufen. Sowohl körperliche als auch psychische Spannungen finden dementsprechend ihren Ausdruck in der Verkürzung von Muskelfasern. Dabei wird das Wort „Spannung“ sowohl für die normale Anstrengung verwandt, in der also auch die gesundheitlich günstige Aktivität steckt, als auch für überfordernde krankheitserzeugende, körperliche oder psychische Anstrengung.

Durch die Methode der „Progressiven Relaxation“ soll dem Übenden eine möglichst tiefgehende Entspannung ermöglicht werden. Hierbei versteht Jacobson unter Entspannung die direkte Umkehrung von nervöser Erregung, insbesondere das Aussetzen der Muskelkontraktion. Durch Entspannung der Willkürmuskulatur soll eine gleichsinnige Wirkung auf die Gehirnaktivität und andere körperliche Funktionsbereiche ausgeübt werden, sodass ein körperlich-psychischer Entspannungszustand erreicht ist. Eine solche Entspannung stellt quasi einen Gegenpol zu übermäßiger Anspannung dar, woraus sich der gesundheitliche Nutzen bei spannungsbedingten Beschwerden und Erkrankungen erklärt.

Die „Progressive Muskelrelaxation“ (PMR) dient zum einen der Krankheitsvorbeugung, d. h., dass das regelmäßige Anwenden von Entspannungstechniken eine prophylaktische Wirkung zeigt. Viele Forschungsergebnisse belegen den positiven Einfluss der PMR auf eine Vielzahl von Symptomen und Erkrankungen. Hier sind zu nennen: Spannungskopfschmerzen, Ein- und Durchschlafstörungen, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Bluthochdruckerkrankungen usw.

Allerdings: Sie werden nicht sofort spüren, dass die gesundheitlichen Vorteile unmittelbar nach Übungsbeginn auftreten. Obwohl für das Erlernen der „Progressiven Relaxation“ in aller Regel zwar deutlich weniger Übungszeit – im Gegensatz zum „Autogenen Training“ – aufzuwenden ist, ist doch eine disziplinierte Herangehensweise von Nutzen.

 

Progressive Muskelrelaxation (PMR): So geht’s

  • Atmen Sie durch die Nase ganz tief ein und durch den Mund wieder aus (5x). Atmen Sie tief ein und entspannen Sie sich, während Sie ausatmen.
    • Mit jedem Ausatmen entspannen Sie sich tiefer und tiefer, alle Spannung fällt von Ihnen ab, Sie werden ganz ruhig und gelöst.

Eine Minute Pause

  • Spannen Sie jetzt die Zehen ganz fest an.
    • Zählen Sie ganz langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).
  • Spannen Sie die Zehen- und Wadenmuskulatur ganz fest an.
    • Zählen Sie langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).
  • Spannen Sie die Zehen-, Waden-, Oberschenkel- und Gesäßmuskulatur ganz fest an.
    • Zählen Sie langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).
  • Spannen Sie die Zehen-, Waden-, Oberschenkel-, Gesäß-, Bauch- und Rückenmuskulatur ganz fest an.
    • Zählen Sie langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).
  • Spannen Sie die Zehen-, Waden-, Oberschenkel-, Gesäß-, Bauch-, Rücken-, Brust- und Schultermuskulatur ganz fest an.
    • Zählen Sie langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).
  • Spannen Sie die Zehen-, Waden-, Oberschenkel-, Gesäß-, Bauch-, Rücken-, Brust-, Schulter-, Arm- und Handmuskulatur ganz fest an, ballen Sie die Fäuste.
    • Zählen Sie langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).
  • Spannen Sie die Gesichtsmuskulatur ganz fest an: Mund, die Wangen, die Stirn, kneifen Sie die Augen ganz fest zu, spitzen Sie die Lippen.
    • Zählen Sie langsam bis 5 und lassen Sie wieder los (2x).

Alle Übungen können Sie sowohl im Liegen als auch im Sitzen, z. B. im Flugzeug, machen. Vielleicht sogar mit einer ruhigen Musik?

Spannen Sie die verschiedenen Muskeln innerhalb von zehn Sekunden immer fester an, jedoch nie so fest, dass sie schmerzen. Halten Sie die erreichte Spannung fünf Sekunden, bevor Sie langsam loslassen. Sie werden erleben, dass der körperlichen Entspannung auch allmählich eine mentale folgt.

Ein paar Wochen Geduld brauchen Sie schon (und sollten währenddessen täglich 10 – 15 Minuten üben), aber dann haben Sie eine gute, langfristig wirksame Methode, die Sie zuverlässig aus dem Stress bringt.

Die „Progressive Relaxation“ lässt sich am besten in einem Kurs von einem entsprechend qualifizierten Diplom-Psychologen oder speziell fortgebildeten Arzt erlernen. Solche Kurse werden von Bildungseinrichtungen, Volkshochschulen und den Krankenkassen angeboten. Aber auch in Arztpraxen oder während eines Kur- oder Reha-Aufenthaltes werden Sie auf diese Methode stoßen.

Lassen Sie sich Zeit

Zeit ist immer knapp und Ratgeber zum Zeitmanagement gibt es jede Menge. Einziges Manko: Mehr als 24 Stunden pro Tag sind nicht drin. Wenn Sie also das Gefühl haben, Sie verplempern davon den größten Teil, ist ein wenig Nachhilfe in Zeitmanagement angesagt. Ob Seminar, Webinar oder Buch – Hauptsache, Sie beschäftigen sich mit Ihrer Art von Zeitmanagement. Dazu gehört auch, dass Sie ein Bewusstsein für die Zeit entwickeln, nicht mehrere Ziele gleichzeitig verfolgen, Ihre Aufgaben nach Wichtigkeit und Dringlichkeit sortieren – und sich stets sagen:
„Ich habe gar keine Zeit, mich zu beeilen!“

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2023 zu finden.

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