von Lukas Gehring (Literatur beim Verfasser)
Unter dem Begriff „Spiritual Care“ wird die Pflege, Versorgung und auch Betreuung von Kranken und Sterbenden durch Angehörige der Gesundheits- und Sozialberufe, die keine seelsorgerische Vorbildung haben, gefasst. Diese geht mit besonderen Anforderungen einher (Fischer 2021, S. 22; Burbach 2019, S. 33–35; Schregle & Eichner 2021, 149 f.). Inwieweit kann Digitalisierung in der Lage sein, Spiritual Care zu transformieren und bei der Adaption an die derzeitigen Umstände zu unterstützen?
Besondere Beachtung verdienen „soziale“ Roboter. Diese zeichnen sich durch ihre sensomotorische Ausstattung aus, die für die Interaktion mit Menschen entwickelt wurden. Sie sind mit Blick auf die soziale Interaktion gestaltet und erfüllen alltägliche und fundamentale kommunikative Bedürfnisse (Bendel 2020). Beispielhaft sei hier der Roboter Paro genannt, der – in Form eines Robbenbabys und ausgestattet mit einem flauschigen Fell – einen beruhigenden Einfluss auf dementiell veränderte BewohnerInnen, Menschen im Wachkoma oder Kinder mit Autismus haben soll (Kreis 2018, S. 222). Durch Sensoren kann Paro seine Umwelt wahrnehmen und auf diese reagieren. Wird er gestreichelt, reagiert er darauf mit Bewegungen des Schwanzes, der Augen und des Kopfes, auf Geräusche antwortet er mit robbenähnlichen Lauten (Huss 2019, S. 76).
Roboter wie Paro werden in komplexen Handlungssettings eingesetzt. Im Rahmen der Spiritual Care besteht die Aufgabe des gesamten Behandlungsteams darin, spirituelle Begleitung zu ermöglichen und betreffende Themen wahrzunehmen (Schregle und Eichner 2021, S. 162). Dies wird zunehmend in das Berufsverständnis der Professionen integriert (Wasner 2011, S. 249). Aufgaben der Spiritual Care lassen sich der folgenden Abbildung entnehmen.
Alltagspraxis der Spiritual Care in Anlehnung an Nauer
Non-Verbale Praxis
- Präsenz
- Da-Sein
- Dabei-Bleiben
- Mit-Gehen
- Mit-Schweigen
- Hand-Halten
- Zuhören
Verbale Praxis
- Gespräche
- Spirituelle Anamnese
- Fachgespräch
- Alltagsgespräch
- Krisengespräch
- Beratungsgespräch
- Biografiegespräch
- Trauergespräch
Kreative Praxis
- Singen
- Spielen
- Kreatives Schreiben
- Malen
- Tanzen
Vernetzungspraxis mit …
- Angehörigen
- Ehrenamtlichen
- SeelsorgerInnen
- Teammitglieder
Alternativ (medizinische) Praxis
- Yoga
- Tai Chi
- Meditation
- Entspannungs-übungen
- Mit-Atmen
Rituelle Praxis
- Religiös-spirituelle Rituale
- Symbolhandlungen
- Liturgische Feiern
- Segenshandlungen
- Sakramente
- Heilige Texte
- Religiöse Lieder
- Gebete
Quelle: (Wierzbicki 2022, S. 40)
VertreterInnen der Pflege sehen es zunehmend als Aufgabe der von ihnen ausgeübten Arbeit an, Menschen auch hinsichtlich ihrer spirituellen Bedürfnisse zu unterstützen (Fischer 2021, S. 22). Dadurch ergibt sich eine ganzheitliche Begleitung durch Angehörige der Gesundheitsberufe, sowie durch professionelle SeelsorgerInnen (Fischer 2021, S. 22). Kritische Erfolgsfaktoren sind dabei folgende:
Kritische Erfolgsfaktoren der Spiritual Care
- Empathie
- Akzeptanz
- Aktives Zuhören
- Ermöglichen von Begegnungsräumen
- Tabuisierung und nicht Ansprechen von bestimmen Aspekten
- Vertrauen
Quelle: (Burbach 2019, S. 33; Mönkeberg, S. 80; Schregle und Eichner 2021, S. 149 f., S. 162 f.)
Es sind also verschiedene Aspekte für eine gelingende Seelsorge vonnöten. KI kann die nötige Flexibilität und Empathie, laut aktuellem Forschungsstand, nicht eigenständig nachbilden. Eigene qualitative Forschungen und Literaturrecherchen haben gezeigt, dass KI die technischen Vorraussetzungen nicht besitzt, empathisch zu agieren oder um in einer Interaktion mit einem Menschen seelsorgerische, spirituelle Fragen zu erörtern und ihm Ansehen und Wertschätzung zu schenken. Dies aber macht den Kern seelsorgerischer Arbeit aus. KIs sind nicht in der Lage, autonom in der Qualität mit Menschen zu agieren, wie Menschen es untereinander können. Die Praktikabilität solcher Systeme kann vor dem beleuchteten Hintergrund als unzureichend bewertet werden und sollte daher nicht als Lösung für die gegenwärtigen Problemlagen angewandt werden. Die nachfolgende Abbildung verdeutlicht dies visuell.
Verdeutlichung der Praktikabilität
Maschinelles Lernen
Technische Voraussetzungen
Starke KI
Bewusstsein
Empathie
Vertrauen
Begegnungsraum
Aufgaben der Spiritual Care
Möglichkeit für eine gelingende Seelsorge
Allerdings bieten sich Roboter wie Paro an, eine Art Türöffner-Position einzunehmen und Menschen im Rahmen von Gesprächen besser einzubinden, oder aber auch Biographiearbeit anzuleiten. In Kontexten, in denen es um reine Informationsvermittlung oder Unterhaltung geht, kann KI beispielsweise in Form von Chatbots und Sprachassistenten sinnvoll unterstützend eingesetzt werden.
Kurzinfo
Lukas Gehring ist gelernter Gesundheits- und Krankenpfleger und setzte sich mit der Frage, ob Künstliche Intelligenz in der Spiritual Care eingesetzt werden kann, im Rahmen seiner Bachelorarbeit in der Sozialen Arbeit an der FH Münster auseinander. Für weitere Nachfragen und tiefergehende Informationen wenden Sie sich gerne bei Interesse an folgende E-Mail-Adresse: lukas.gehring@yahoo.de
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2022 zu finden.