von Sebastian Schulz (Head of Medical Affairs bei MedKitDoc)

Pflegende in Heimen hoffen täglich, dass ihnen solche Situationen erspart bleiben: Der Zustand des Bewohners verschlechtert sich. Der behandelnde Arzt ist nicht mehr erreichbar. Die Mittel des Pflegeheims reichen für eine optimale medizinische Versorgung nicht mehr aus. Der einzige Ausweg: Den Rettungswagen rufen und den Heimbewohner ins Krankenhaus einweisen. Leider nicht die Ausnahme, sondern mittlerweile die Regel in vielen Seniorenheimen. Dabei ließen sich Hospitalisierungen, die besonders für Patienten enorm belastend sind, stark reduzieren. Das Unternehmen MedKitDoc hat dafür eine Lösung entwickelt, die es bereits zusammen mit der AOK und der Barmer in Pflegeeinrichtungen erfolgreich einsetzt und auch für das Kostenmanagement interessant ist.

„Ich höre immer wieder von meinen Patienten: ‘Bloß nicht ins Krankenhaus’”, sagt Dr. med. Benjamin Gutermann. Er ist Arzt und Teil des Berliner Unternehmens MedKitDoc. Bewohner von Pflegeheimen mit chronischen Krankheiten, die teils intensiv versorgt werden müssen, wünschen sich nichts sehnlicher, als nicht in eine Klinik zu müssen. MedKitDoc baut daher an der besten Lösung für medizinische Fernbehandlungen. Geschäftsführer Jan Koolen: „Eine reine Videosprechstunde mit dem Hausarzt greift besonders bei chronisch Kranken zu kurz. Wir denken daher Telemedizin weiter und ergänzen die Video-Visite mit vernetzten medizinischen Geräten, der Live-Übertragung von Vitaldaten und einer Gesundheits-App. Die Videosprechstunde wird daher zu einer echten vollumfänglichen, zertifizierten Fernbehandlung.”

Das sogenannte MedKit, das im Heim bereit liegt, besteht aus zertifizierten, vernetzten Medizingeräten zur Messung von Blutdruck, Blutsauerstoff, Temperatur, EKG sowie zum Abhören von Herz & Lunge. Die gemessenen Gesundheitsdaten werden an die MedKitDoc-App übertragen und dort datenschutzkonform gespeichert. Die gerätegestützten Videosprechstunden ermöglichen dem Arzt direkt eine umfassende medizinische Fernbehandlung.

Die Erkenntnis, jetzt etwas zu ändern und in die Zukunft zu investieren, ist allen Akteuren klar. Und doch haben viele Heimbetreiber noch Bedenken, wie Christof Weigerstorfer, Geschäftsfeldentwickler bei MedKitDoc, berichtet: „Ich führe täglich dutzende Gespräche mit Managern und Einkäufern von Pflegeheimen – entweder auf Messen oder am Telefon. Etwa ein Drittel ist begeistert und möchte sofort mit uns starten, ein Drittel ist sehr interessiert aber skeptisch, ein Drittel belässt lieber alles beim Alten. Ich schätze, diese Dreiteilung trifft auf die gesamte Pflegebranche in Sachen Investitionswille und Mut zur Digitalisierung zu.”

Dabei sind die Vorteile eindeutig: Fernbehandlungen verdoppeln die Diagnose- & Behandlungsmöglichkeiten im Vergleich zu einer gewöhnlichen Videosprechstunde. Niemand musste sich aus seinem gewohnten Umfeld bewegen: Der Patient bleibt in seiner vertrauten Wohnumgebung, das Pflegepersonal an seinem Arbeitsplatz, der Arzt in seiner Praxis. Die dadurch gesparte Zeit kommt allen zugute.

Geschäftsführer Jan Koolen: „Unser besonderes Augenmerk gilt der Versorgung stationär pflegebedürftiger Patienten in Pflegeheimen. Hier haben wir mit unserer innovativen Telemedizin-Plattform einen besonders großen Hebel aufgrund der hohen Anzahl von Patienten in einer Einrichtung. Wir können hier einen wichtigen Beitrag leisten, um vermeidbare Krankenhauseinweisungen, Krankentransporte und unnötige Fahrtwege von lokalen Hausärzten zu den jeweiligen Einrichtungen zu reduzieren. Indem wir unsere Technologie und Dienstleistungen auf diese Pflegeheime und deren Personal ausrichten, möchten wir sicherstellen, dass auch vulnerable und pflegebedürftige Personen Zugang zu einer optimalen medizinischen Betreuung erhalten. Gleichzeitig wollen wir durch den effizienten Einsatz unserer innovativen Technologie einen Beitrag dazu leisten, stetig steigenden Kosten im Gesundheitswesen entgegenzuwirken.”

Durch regelmäßige Messungen der Gesundheitsdaten können Krankheiten zudem schon frühzeitig erkannt und behandelt werden. Sowohl Pflegekräfte als auch Behandelnde dokumentieren ihre Visiten in der App. Auf Basis der Vitalparameter wird ein Behandlungsplan erstellt, der für beide Seiten einsehbar ist und auch geteilt werden kann, z. B. mit anderen Fachärzten. Die Integration in führende Dokumentationssysteme auf der Pflegeseite, aber auch in Systeme auf Arztseite, ist eine der größten Aufgaben für dieses Jahr und steht unmittelbar bevor. Auch die Konformität mit der Telematikinfrastruktur der Gematik ist geplant.

Jan Koolen zu seinen Plänen: „Es gibt rund 16.000 Pflegeheime in Deutschland. Wir wollen bis 2030 mindestens die Hälfte davon mit unseren MedKits ausgestattet haben. So hätten wir dann für Millionen Seniorinnen und Senioren die Pflege verbessert und ihren Lebensabend verschönert.”

Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2024 zu finden.

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