von Katja Kleebank

Pflegekräfte stehen nicht erst seit der Pandemie unter erheblichem Druck: trotz der wachsenden Belastung durch Personalmangel, hoher Verantwortung und fehlender Wertschätzung sollen sie in allen Bereichen sehr gute Leistungen erbringen und ihren Bewohner*innen und Patient*innen in möglichst jeder Hinsicht gerecht werden. Der Schutz der langfristigen Gesundheit von Pflegekräften sollte daher ein zentrales Ziel unserer Gesellschaft, aber auch der jeweiligen Arbeitgeber sein. Dabei wird deutlich, wie relevant die Themen Prävention und Förderung psychischer Gesundheit im Rahmen einer nachhaltigen Unternehmensführung sind.

In der Pflege bedeutet Prävention, gesundheitliche Belastungen und Probleme der Mitarbeiter*innen zu identifizieren und künftig vorzubeugen. Bedarfsorientierte Maßnahmen zielen darauf ab, die allgemeine Gesundheit zu schützen und Risiken zu minimieren.

Grafik: EUPD Research

Grafik: EUPD Research

Gesetzliche Verpflichtung erhöht Handlungsdruck für Arbeitgeber

Wichtigstes Instrument bei der Erhebung der Bedarfe, aber auch zur Gewinnung eines Überblicks über Problemfelder ist die psychische Gefährdungsbeurteilung, für die es bereits seit 2013 eine gesetzliche Verpflichtung nach § 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes gibt.

Dennoch mangelt es weiterhin gravierend an der praktischen Umsetzung: So wird die Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen deutschlandweit lediglich in 21 % der Unternehmen durchgeführt (Beck-Lenhardt 2019). Gerade der Pflegebereich ist kaum im betrieblichen Gesundheitsmanagement aktiv, flächendeckende Maßnahmen, die über das Nötigste hinausgehen, stehen erst am Anfang.

Instrumente zur Ermittlung psychischer Gefährdungen

Der Verbund katholischer Altenhilfe Paderborn e. V. (VKA) hat angesichts der Notwendigkeit nachhaltiger Prävention für seine Beschäftigten 2021 eine erste psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt. Mit Unterstützung der langjährigen Erfahrungen von EUPD Research, Initiatoren des Corporate Health Awards, ging es zunächst darum, mit den gesetzlichen Anforderungen vertraut zu werden. Der wissenschaftlich fundierte Fragebogen bildete dann die Grundlage für die ausführliche Befragung aller Mitarbeiter*innen. Katja Kleebank von EUPD Research, verantwortlich für die Durchführung der Gefährdungsbeurteilung, lobt den Einsatz des VKA: „Die offizielle Befragung mit Unterstützung durch externe Expertise zeigt den Beschäftigten, dass ihr Wohlergehen der Unternehmensführung wirklich am Herzen liegt. Gerade im Pflegebereich, in dem viele Faktoren eine hohe Belastung bedingen, ist diese Wertschätzung unabdingbar.“

Die psychische Gefährdungsbeurteilung der VKA wurde in einem mehrmonatigen Prozess durchgeführt. So wurden zunächst die Verantwortlichen in einem Online-Workshop geschult und auf das Projekt vorbereitet. Im Anschluss wurde der Fragebogen erstellt, der den individuellen Anforderungen des VKA mit seiner Geschäftsstelle in Hamm, den insgesamt 22 Einrichtungen sowie den drei mobilen Diensten im Raum Paderborn, Gütersloh und Bielefeld gerecht werden musste. Auch bei der Erstellung von Materialien zur internen Bewerbung der Umfrage sowie bei der Implementierung selbst leistete EUPD Research Unterstützung. Im Anschluss an die Auswertung der Ergebnisse wurden diese gemeinsam mit den von EUPD Research abgeleiteten Handlungsempfehlungen vorgestellt. Besonders hervorzuheben ist, dass eine Vielzahl der Mitarbeiter*innen des VKA im Fragebogen die Möglichkeit zum offenen Feedback konstruktiv genutzt hat, wodurch die Ergebnisse und die daraus abgeleiteten Handlungsempfehlungen einen fundierten und qualitativ wertvollen Querschnitt darstellen. Zur internen Kommunikation wurden zudem ausführliche Berichtsbände erstellt, mit denen der VKA nun weiterarbeitet.

Startschuss für den Verbesserungsprozess

Nach Ende der Befragung und Auswertung im Oktober des vergangenen Jahres fokussierte sich der VKA auf die ersten Folgemaßnahmen. So wurden die Ergebnisse der Befragung den Verantwortlichen präsentiert und die Führungskräfte anhand dessen geschult. Gemeinsames Ziel ist, einen Wandel der Unternehmenskultur im Hinblick auf die Sensibilisierung für Herausforderungen und mögliche Gefährdungen herbeizuführen. Zukünftig sollen die einzelnen Einrichtungen stark einbezogen werden: die Ergebnisse werden in den Einrichtungen des Verbunds vorgestellt und Workshops mit den Mitarbeiter*innen vor Ort sind geplant. Ziel des VKA ist es, die nachhaltige Durchdringung der Handlungsempfehlungen, trotz der erschwerten Rahmenbedingungen durch die sich inzwischen wieder zuspitzenden pandemischen Verhältnisse, sicherzustellen.

Daniela Becker, BGM-Beauftragte des VKA, hat den Gefährdungsbeurteilungsprozess angestoßen und begleitet: „Ich freue mich, dass wir den ersten Schritt in Richtung eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses gemacht haben, um sukzessive Rahmenbedingungen anzupassen und zu schaffen, die unseren Mitarbeiter*innen gesundheitsförderliches Arbeiten ermöglichen. In einem Beruf, der für viele Berufung bedeutet.“.

Die übermäßigen Belastungen von Beschäftigten in der Pflege – gleich ob Alten- oder Krankenpflege – reichen bis weit vor die Pandemie zurück. Diese haben das Bewusstsein für die Herausforderungen aber verschärft. Um diesen nachhaltig gewappnet entgegentreten zu können, ist das Wissen um die Situation der Mitarbeiter*innen entscheidend – denn nur so können gemeinsam Lösungen entwickelt werden, um sie langfristig gesund, motiviert und leistungsfähig zu halten und damit auch den Bewohner*innen und Patient*innen gerecht zu werden.

Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2022 zu finden.

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