Ein Fachbeitrag von Martin Berke

Die Erfahrung lehrt eines: Wenn es darum geht, eine Senioreneinrichtung mit Bildern auszustatten, ist ziemlich alles möglich. Aber: Ist auch alles gut?

Kaum. Bevor man sich also für eine Variante der Bilderausstattung entscheidet, sollte man zunächst über ein paar Fragen nachdenken:

  • Was kann ein Bild leisten?
  • Was können viele Bilder leisten?
  • Und, nicht zu vergessen, weil ebenso wichtig: Können Bilder womöglich gar Schaden anrichten?

Für Senioreneinrichtungen gilt zunächst das, was für alle Räume gilt, in denen Menschen leben: Bilder haben eine ganz unmittelbare ästhetische Qualität. Sie sind schön – und steigern damit die Wohnlichkeit. Wo Bilder hängen, fühlt man sich wohl. In unserem speziellen Fall geht es primär um das Wohlbehagen der Bewohner. Doch bereits darin liegen viele Fallstricke verborgen: Bei Senioren müssen wir mit physischen und (insbesondere bei Demenz-Erkrankten) auch mit psychischen Einschränkungen rechnen. Konkret: Im Alter lässt die Fähigkeit, Farben zu sehen, rapide nach. Folglich brauchen ältere Menschen einen starken Kontrast, um Bildinhalte zu erkennen. Zudem wird das Blickfeld enger. Auch die Fähigkeit, durch Drehung des Kopfes den Blickwinkel zu erweitern, lässt merklich nach.

Foto: Peter Bajer Fotografie

Foto: Peter Bajer Fotografie

Es liegt auf der Hand, dass diese Besonderheiten bei der Bildauswahl in Rechnung gestellt werden müssen: Wir brauchen Bilder, deren Format so ist, dass sie vom Betrachter-Standpunkt aus „auf einen Blick“ erfasst werden können. Zudem müssen die Farben intensiv sein, die Kontraste stark (doch Vorsicht: Schwarz-Weiß-Motive können jene depressiven Zustände verstärken, die sich oft mit einer beginnenden Demenz einstellen).

Einen Negativ-Effekt hat Verglasung: Glas schluckt Licht, zudem können sich (übrigens gleichermaßen bei Acryl) störende Lichtreflexe ergeben. Bewährt haben sich in diesem Kontext stattdessen Ölbilder: Sie bieten eine unerreichte Farbintensität sowie – insbesondere bei pastösem Farbauftrag – eine Plastizität, die auch anders als mit dem Auge sinnlich erfahren werden kann: mit zart fühlenden Fingern.

Vor diesem Hintergrund wird es deutlich, dass die oft geübte Praxis der „Bewohnerbilder“ ihre Tücken hat:  In den wenigsten Fällen werden sie den Erfordernissen genügen, die an Bilder in Gemeinschaftsbereichen gestellt werden müssen. Nein: Das Bewohnerbild gehört ausschließlich ins Zimmer, zu jenem Menschen, der es als geliebten persönlichen Gegenstand mitgebracht hat.

Vollends unangenehm wird es dort, wo Gemeinschaftsbereiche mit einer Mixtur aus Bewohnerbildern bespielt werden – hier potenzieren sich nicht selten die Unzulänglichkeiten. Wobei wir schon bei der nächsten Klippe angelangt sind: Wenn mehrere Bilder in einer Räumlichkeit hängen, ist es äußerst wichtig, dass jene sorgsam zu einem Ganzen komponiert sind. Entsprechend beginnt ein professioneller Bilderausstatter seine Arbeit zunächst mit einer eingehenden Analyse: Welche Räumlichkeiten sind zu bebildern? Wie sind die architektonischen Gegebenheiten, wie ist die funktionale Aufteilung? Wie ist der Stil des Hauses? Sollen in der Motivik spezielle Themen aufgegriffen werden? Die so gewonnenen Antworten leiten zu einem schlüssigen GesamtKonzept. Dann folgt die akribische Bilderauswahl. Und schließlich die Hängung: Einerseits müssen die Bilder die nötige Dichte haben, andererseits müssen sie „atmen“ können. Aus der Berücksichtigung beider Parameter ergibt sich der ideale Rhythmus.

Eine so angelegte Bilderausstattung tut ihre Wirkung: Sie unterstützt die Identifikation mit dem Haus, sie sorgt für eine bessere Orientierung. Je nach Bedarf aktiviert oder beruhigt sie, animiert zum Essen und Trinken – doch vor allem erhöht sie das Wohlbehagen.

Foto: Peter Bajer Fotografie

Foto: Peter Bajer Fotografie

Jede Bilderausstattung wirkt zweigleisig, einerseits im Bewussten, andererseits im Unbewussten. Letzteres erfahren wir nicht selten als Negation: Die misslungene Bilderausstattung erzeugt ein Unbehagen, dessen Ursache wir kaum konkret benennen können – etwas „stimmt nicht“ im Raum, wir verweilen ungern. Die Umkehrung des Ganzen, die gelungene Bilderausstattung, erzeugt Zufriedenheit, Fröhlichkeit gar. Im Wissenschaftlichen widmet sich die Psychologie solchen Phänomenen, im Kommerziellen tut es etwa die Werbung. Viele Senioreneinrichtungen aber hingegen hinken den Standards noch hinterher. Hier gilt es aufzuschließen – denn in der perfekten Bilderausstattung liegt womöglich ein entscheidender Wettbewerbsvorteil.

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