Wie sicher ist Ihre Einrichtung?
Die Betriebssicherheitsverordnung (§ 10 und § 11) fordert, dass alle Arbeitsmittel auch in Altenpflegeeinrichtungen in bestimmten Zeitabständen auf ihre Funktion, ihren äußeren Zustand und ihre elektrische Sicherheit zu prüfen sind. Diese Prüfungen werden BGV A3-Prüfungen genannt. Die Prüfergebnisse sind zu protokollieren und mindestens bis zur nächsten Prüfung aufzubewahren.
Unter dem technischen Begriff „Arbeitsmittel“ sind in Altenpflegeeinrichtungen Medizingeräte (Absauggeräte, Ernährungspumpen, Antidekubitus-Motoren, Inhalationsgeräte…) und Nichtmedizingeräte (Bürogeräte, Küchengeräte, Werkstattgeräte, Verlängerungskabel, Tischsteckdosen, aber auch Geräte von Bewohnern, u.v.a.m.), zu verstehen.
Bei den Prüfungen ist zu beachten, dass Medizingeräte elektrisch nach der Norm IEC 62353 und Nichtmedizingeräte nach der Norm VDE 701-702 mit den darin geforderten Messungen und nach deren Grenzwerten zu prüfen sind. Aufgrund des Anwendungsbereiches von Medizingeräten haben diese andere Grenzwerte bei der Prüfung ihrer elektrischen Sicherheit. Die Norm, nach der das jeweilige Arbeitsmittel geprüft wird, muss deswegen neben den elektrischen Messwerten auch in dem je Gerät zu erstellenden Prüfbericht dokumentiert sein. Prüfberichte ohne dokumentierte Messwerte sind ebenso wie die alleinige Dokumentation des Schutzleiterwiderstandes, oder eine tabellarische Zusammenfassung der Prüfergebnisse, mit „in Ordnung “bzw. „nicht in Ordnung“ nicht nachvollziehbar und daher ungültig.
Sogenannte „Elektrotechnisch unterwiesene Personen“ dürfen alleine, ohne die ständige Kontrolle bzw. Überwachung durch einen Elektromeister, Techniker oder Ingenieur diese Prüfungen nicht durchführen – Medizingeräte nur von besonders darauf geschulten Medizintechnikern, -ingenieuren oder Personal von Servicefirmen.
Prüfungen durch nicht dazu befähigte Personen bzw. falsch durchgeführte Prüfungen gelten im Zweifelsfall als nicht durchgeführt. Bei einer Beauftragung sollten daher entsprechende Befähigungsnachweise abgefragt werden.
Die Unterlassung dieser Prüfungen gilt nach § 25 Betriebssicherheitsverordnung als Ordnungswidrigkeit bzw. bei Gefährdung von Leben und Gesundheit nach § 26 als Straftat.
Die ordentliche Dokumentation dieser Prüfungen ist ebenfalls Bestandteil von QM-Maßnahmen.
Wie sollte dokumentiert werden?
Es empfiehlt sich das nach § 8 der Medizinproduktebetreiberverordnung zu führende Bestandsverzeichnis für Medizingeräte mit den Nichtmedizingeräten ergänzend fortzuführen. Hierzu sollten diese neben der Prüfplakette, aus der die nächste Prüfung hervorgeht, auch eine fortlaufende ID-Nummer erhalten. Als Nachweis für die regelmäßige Durchführung dieser Prüfungen, obwohl dies nicht gefordert ist, sollten die Prüfberichte jährlich sortiert aufbewahrt werden. Hierbei können evtl. Reparaturmaßnahmen bei bemängelten Arbeitsmitteln mitdokumentiert werden. Eine elektronische Speicherung der Prüfberichte, z.B. als PDF-Datei, ist zulässig.
In welchen Fristen sind die Prüfungen durchzuführen?
Die Gemeindeunfallverbände bzw. Berufsgenossenschaften gaben eine Prüffrist von 6 Monaten für ortsveränderliche und 48 Monate für ortsfeste Arbeitsmittel – in Baustellenbereichen sogar alle 3 Monate und kürzer vor. In Altenpflegeeinrichtungen haben sich unter Beachtung der 2%-Regel, d.h. es werden weniger als 2 % Mängel pro Haus und Prüfzyklus festgestellt, folgende Prüffristen durchgesetzt:
Alle 12 Monate → Medizingeräte (Absauggeräte, Ernährungspumpen, Antidekubitus-Motoren, Inhalationsgeräte…), aber manche Hersteller von Elektrobetten fordern aufgrund eigener Risikoanalysen sogar 6 Monate. Diese Forderung ist bindend. Meist findet man die Angabe der Prüffrist von Elektrobetten in der jeweiligen Bedienungsanleitung (die auf jeder Station vorhanden sein muss) des entsprechenden Bettentyps.
Alle 12 Monate → Werkstattgeräte (Bohrmaschen, Winkelschleifer, Verlängerungskabel…)
Alle 12 Monate → Bewohnergeräte (Tisch-/Stehlampen, Radiogeräte, Mehrfachsteckdosen…)
Alle 12 Monate → Küchengeräte (Mixer, Pürier Geräte, Elektromesser, Eierkocher, Waffeleisen…)
Alle 24 Monate → Geräte in Büros (PC, Drucker, Monitore, Tischsteckdosen, Kaffeemaschinen…)
Alle 48 Monate → Großgeräte, die nicht einfach bewegt werden können.
Es ist jedoch zu beachten, dass der Prüfer in der Wahl der Prüffristen und seiner Prüftätigkeit weisungsfrei ist. Er allein bestimmt die Frist der Prüfung. Eine weitere Verlängerung der o.g. schon verlängerten Fristen ist aus sachverständiger Sicht nicht empfehlenswert. Bei häufigen Mängeln, beispielsweise defekten Netzkabeln an Staubsaugern, können sich auch kürzere Prüffristen ergeben.
Wer kann beauftragt werden?
Eigenes Personal
Vorteil: Kennt die Örtlichkeiten, das Personal und die Bewohner.
Nachteil: Befindet sich in einer Zwickmühle, da er seinem Arbeitgeber ein mängelfreies Gerät schuldet. Infolge anderer zusätzlichen Aufgaben kommt es leicht zu Terminverschleppungen.
Service durch Hersteller
Vorteil: Kennt sich mit den eigenen Geräten sehr gut aus.
Nachteil: Befindet sich ebenfalls in einer Zwickmühle, da er seinem Auftraggeber ein mängelfreies Gerät schuldet. Es müssen mehrere verschiedene Hersteller beauftragt werden.
Prüforganisationen/Sachverständige
Vorteil: Nur eine Person geht durchs Haus. Neutrale Prüfungen.
Nachteil: Beanstandete Mängel werden durch Prüforganisationen/Sachverständige in der Regel nicht behoben.
Welche Mängel können leicht vermieden werden?
Viele Mängel können vermieden werden, wenn vom Personal festgestellte Mängel umgehend weitergeleitet werden. Dazu gehört natürlich auch die Kontrolle, ob die festgestellten Mängel behoben wurden.
Ein besonders hohes Risiko stellen von Bewohnern oder deren Angehörigen mitgebrachte selbstgebaute Verlängerungskabel dar. Diese sind häufig falsch zusammengebaut oder schon so alt, dass sie nicht mehr zulässig sind (es gab früher einmal Verlängerungskabel ohne Schutzleiter in die man auch Stecker mit Schutzleiter stecken konnte). Abhilfe: Nur gekaufte, neue Verlängerungskabel mit vergossenen (nicht geschraubten) Netzsteckern und Netzbuchsen zulassen.
Schadhafte Bedienteile von Elektrobetten (Kabel defekt, Gehäuseschäden oder abgebrochene Aufhängung) können dazu führen, dass Bewohner wegen unkontrollierter Ingangsetzung des Elektrobettes verletzt werden. Im Extremfall folgt eine Anzeige bei der Kripo durch deren Angehörige. Abhilfe: Elektrobetten sind bereits beim Feststellen eines Mangels außer Betrieb zu nehmen. Das verantwortliche Personal ist zu unterrichten und der Netzstecker ist zu ziehen, so dass ein weiterer Betrieb nicht möglich ist. Das Bedienteil ist umgehend auszutauschen.
Verlängerungskabel, Tischsteckdosen und Netzkabel unter Elektrobetten stellen ein weiteres hohes Risiko dar. Diese können durch die Bewegungen des Elektrobettes leicht gequetscht, zerdrückt oder zerrissen werden. Abhilfe: Verlängerungskabel, Tischsteckdosen und Netzleitungen nicht im Bewegungsbereich der Elektrobetten verlegen. Ein Anbinden mittels Kabelbindern an das Bettgestell ist nicht zulässig, da dies nicht der Zweckbestimmung des Elektrobettes entspricht. Falls es nicht anders geht sollten entsprechende Wandsteckdosen verlegt werden. Bei deren Platzierung ist darauf zu achten, dass keine Aufputz-Steckdosen verwendet werden und die eingesteckten Netzstecker nicht durch die Auf- und Abwärtsbewegungen des Elektrobettes ab geschert werden können.
Nachträglich durch Angehörige auf Netzspannung „elektrifizierte“ Lämpchen (z.B. geschnitzte Holzfiguren mit Laternen, Weihnachtskrippen, Selbstbaulämpchen…) sind zum einen nicht zugelassen und zum anderen teilweise lebensgefährlich. Abhilfe: Nur batteriebetriebene Lösungen zulassen.
Der Autor, Dipl.-Ing. Hans-Dieter Dejon (von der Industrie- und Handelskammer des Saarlandes öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Medizintechnik, Geräte der Elektromedizin – Defibrillatoren und HF-Chirurgie) führt schon seit Jahren BGV A3-Prüfungen mit seinem Ingenieurbüro u.a. auch in Altenpflegeeinrichtungen bundesweit durch.