Weil sie es wert sind …

Jüngste Veröffentlichung zum Ansehen von Pflegefachpersonal ist der Gesundheitsmonitor 2012 der Bertelsmann-Stiftung. Die deutsche Bevölkerung attestiert Pflegenden großes Vertrauen, schätzt ihre Leistung hoch ein und hält sie im Gesundheitssystem für unverzichtbar. Aber drückt sich diese Wertschätzung auch in den Einrichtungen, im Arbeitsalltag aus? „Mit großer Vertrauenswürdigkeit kann ich meine Miete auch nicht bezahlen!“, sagt eine Altenpflegerin dazu.

Wie ist die Arbeitsplatzrealität für beruflich Pflegende in Deutschland? Abgesehen von wenigen positiveren Ausnahmen ist sie gekennzeichnet durch viel Arbeit, hohes Tempo, große körperliche und seelische Beanspruchung, geringe Autonomie, wenig Anerkennung, familienfeindliche Arbeitszeiten und ein niedriges Gehaltsniveau. Ungeachtet solcher Arbeitsbedingungen ergreifen Tausende junger Menschen noch immer den Pflegeberuf, lassen sich ein auf eine intensive Pflegebeziehung zu kranken und pflegebedürftigen Menschen. Sie bringen viel Engagement, Empathie und große Erwartungen mit, möchten in der Berufsausbildung gelerntes Wissen umsetzen und anwenden dürfen. Und verzweifeln dann leider allzu oft an dem, was sie im Tagesgeschäft daran hindert. Erfahrene Pflegefachpersonen halten trotz Personalabbau, steigenden Krankenquoten und wenig Unterstützung von Seiten des Managements den Betrieb durch enormen Einsatz aufrecht. Sie springen bei Ausfällen ein, leisten Überstunden, kompensieren organisatorische Defizite und fehlende Ressourcen, häufig genug durch Hintanstellen eigener Bedürfnisse. Dank und Anerkennung erhalten sie dafür selten, und wer nach Jahren kontinuierlicher Belastung an berufsbedingten Erkrankungen leidet, hat das Nachsehen. All dies hat den ohnehin seit Jahren drohenden Fachkräftemangel in den Pflegeberufen noch verschärft. Verantwortliche in Politik und Unternehmen erklären seit langem, gerade als Ausweg aus dem Pflegefachkräftemangel, dass der Beruf attraktiver werden müsse. Leider fängt aber kaum jemand damit an, dies auch im eigenen Zuständigkeitsbereich umzusetzen. Und so wurde ein einstmals interessanter, konkurrenzfähiger, attraktiver und erfüllender Beruf fast systematisch ruiniert.

Guter oder schlechter Arbeitsplatz ist eine Frage der Prioritätensetzung im Unternehmen. Fast gebetsmühlenartig werden von Arbeitgebern immer die fehlenden Geldmittel vorgetragen. So einfach sollten sie es sich nicht machen! Wenn auch zahlenmäßig noch gering zeigen doch seit 2006 Jahr für Jahr die Preisträger beim Wettbewerb „Bester Arbeitgeber im Gesundheitswesen“, dass es unter gleichen Rahmenbedingungen auch anders geht. Sie sind herausragende und motivierende Beispiele dafür, dass eine weitsichtige Investition in die eigenen Mitarbeiter sich sehr schnell und nachhaltig auszahlt. „In vielen Unternehmen ignorieren Führungskräfte die zentralen Bedürfnisse und Erwartungen ihrer Mitarbeiter teilweise oder völlig. Die Folge ist eine geringe Motivation der Arbeitnehmer.“, so die Einschätzung von Unternehmensberatern. Mitarbeiter wollen wahrgenommen werden, mit ihren Stärken und Schwächen, Talenten und individuellen Potenzialen. So legt man die Grundlage für erfolgreiche Personalentwicklung und Fachkräftebindung – „Wertschätzung“ ist der Schlüssel dazu!

Die Wertschätzungskultur in deutschen Pflegeeinrichtungen ist, milde ausgedrückt, entwicklungsbedürftig. Und dabei geht es gar nicht darum, dass auch Pflegende einmal „Mitarbeiterin/Mitarbeiter des Monats“ werden und mit ihrem Foto im Eingangsfoyer hängen wollen. Wertschätzung und Lob sind eine Haltung innerhalb des Unternehmens, die sich auf allen Ebenen auswirkt. Daraus leiten sich Strategien und Einzelmaßnahmen ab. Dass die nicht alle viel Geld kosten müssen, in den Augen der Beschäftigten aber motivieren, zeigen nicht nur die Preisträger des o.g. Wettbewerbs. Eine ganze Reihe von Unternehmen hat mittlerweile erkennbar umgeschwenkt und bemüht sich, mindestens durch kleine Gesten, Mitarbeiterorientierung, wertschätzenden Führungsstil und Anerkennung zum Ausdruck zu bringen. Diese Arbeitgeber sind dabei, ihre Hausaufgaben zu machen, denn sie wissen: Über die Zukunft ihrer Einrichtung entscheidet vermutlich, ob und wie es ihnen gelingt, gute Pflegefachkräfte zu binden und zu gewinnen. 

Zur Vorbereitung der Initiative „Tausche wichtigen gegen guten Arbeitsplatz“ (siehe www.dbfk.de) hat der DBfK Pflegende in Krankenhäusern und Heimen nach positiven Erfahrungen wertschätzenden Umgangs gefragt. Hier einige Antworten, an denen sich gut ablesen lässt, wie Maßnahmen im jeweiligen Kontext bei den Adressaten ankommen und gelegentlich auch das Gegenteil dessen bewirken, was beabsichtigt war:

  •  „Die beste Motivation für mich ist also, möglichst selbständig und verantwortungsvoll arbeiten zu können.“
  •  „Doch empfinde ich als Mitarbeiter wertschätzend, wenn der Arbeitgeber mit daran interessiert ist, die Arbeitsfähigkeit im Pflegebereich zu erhalten.“
  • „Die Einrichtungsleitung bemüht sich sehr, das Personal in guter Laune zu halten. Zum Geburtstag gibt es ein Geburtstagsgeschenk persönlich überreicht mit den besten Wünschen. …  Während des Jahres werden des Öfteren von den Vorgesetzten die Mitarbeiter/innen persönlich, mündlich gelobt. Diese kleinen Gesten wirken, zumindest auf mich, sehr motivierend, und natürlich freut es mich auch, wenn ich eine ehrlich gemeinte Anerkennung bekomme.”
  • „Unsere größte Motivation im Team ist der Wunschdienstplan ….“
  • „Wir haben zweimal in einem Jahr Geldprämien erhalten. Davon einmal nur an ausgesuchtes Pflegepersonal. Dies wurde allgemein als teamspaltend empfunden. Die Prämien kamen erst nach Jahren großer Unzufriedenheit. Was nun konkreter Anlass war ist unklar.”

Kompetente, motivierte Fachkräfte sind das mit Abstand größte und wichtigste Kapital eines Dienstleistungsunternehmens. Die sollte man gut behandeln, damit sie bleiben und die gewünschte Arbeitsleistung erbringen (können). 

Johanna Knüppel, Referentin

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK), Bundesverband e.V.

Kurzinfo

Deutscher Berufsverband für Pflegeberufe (DBfK) - Bundesverband e.V.

+49 30 219157-0

http://www.dbfk.de

Der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe ist die Interessenvertretung von Beschäftigten und Selbständigen der Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Altenpflege.

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