Lebensmittelinformationsverordung – Möglichkeiten zur praxisnahen Umsetzung

Die Deklarationspflicht der Allergene ist aktuell ein sehr großes Problem für alle Küchen. Nach drei Jahren Übergangsfrist ist die Lebensmittelinformationsverordnung zum Dauerbrenner geworden und sie wird uns auch noch eine ganze Weile beschäftigen. Die Industrie hat sich rechtzeitig mit diesem Thema auseinander- und die notwendigen Änderungen umgesetzt. In den Küchen der Gastronomie und der Gemeinschaftsverpflegung sieht das etwas anders aus. Hier rückt die LMiV meist jetzt erst auf die Tagesordnung. Die Umsetzung wird mit Sicherheit problematisch, aber das wissen wir schon.

Wo liegt das Problem?

Die Allergenkennzeichnung verändert das Arbeitsfeld vieler Küchen massiv. Essen ist etwas sehr lebendiges und bedeutet Genuss und Kreativität. Diese Kreativität der Köche wird stark eingeschränkt, weil es eben nicht mehr egal ist, ob Sellerie oder Senf eingesetzt wird. Im Tagesgeschäft gilt es immer wieder, Rohstoffe vernünftig zu verarbeiten, bevor Verluste entstehen – es wird variiert. Beschäftigen Sie sich einmal mit Ihren Gewürzen: Pfeffer kann Spuren enthalten von…!

Erfahrene Kollegen sind bisher auch ohne schriftliche Kalkulationen in der Lage, eine kleinere Küche zu führen. Der Küchenleiter ist gleichzeitig einer der Köche und der Verwaltungsaufwand bleibt eher gering.

Der Verwaltungsaufwand wird steigen, das ist leicht vorherzusagen. Fraglich ist nur: Wie können die aktuellen Anforderungen erfüllt werden, ohne das bisherige System völlig über den Haufen zu werfen?

Ignorieren oder nicht ignorieren?

Standhaftes Ignorieren könnte eine Taktik sein. Nur: Wie hoch ist das Risiko für die Küchenleiter und welche Konsequenzen haben Verstöße gegen die Vorschriften? Die Kontrollen der Lebensmittelüberwachung sind vermutlich unangenehm, letztlich aber eher unproblematisch. Was passiert aber, wenn Sie einen Sellerie – Allergiker als Gast haben und in Ihrer Küche ist an dieser Stelle ein Fehler passiert? Sellerie ist hochallergen…

Er wird vermutlich nicht gleich das Zeitliche segnen. Allerdings fürchte ich amerikanische Verhältnisse, denn auch Anwälte verdienen gerne Geld.

Wird die LMiV „aufgeweicht“ werden?

Aus dem ursprünglichen Konzept des HACCP wurde in vielen Fällen eine „abgemilderte“, praxisnahe Lösung. Mit der Allergenkennzeichnung wird das vermutlich nicht so sein. Es gibt klare europarechtliche Vorgaben, die aktuell in nationales Recht umgesetzt werden. Die 14 Hauptallergene sind zu deklarieren – Punkt.

Was müssen Sie tun?

Sie können versuchen, Ihre Speisepläne nach bestem Wissen und Gewissen per Hand mit den Allergenen zu versehen. Für den Anfang besser als nichts, nur gibt es 2 Probleme: Die Fehlerquote ist zu hoch, denn sie werden nicht alle Allergene tatsächlich erfassen. Und ein Wechsel des Speiseplanes oder der Speisen verursacht sofort neuen Aufwand. Sicherer ist der grundsätzliche Weg und die Schaffung eines eigenen Systems.

Wenn die enthaltenen Allergene deklariert werden, sollte zunächst einmal Klarheit über den Wareneinsatz vorhanden sein. Was wird eingekauft, was ist drin und wie wird es verwendet – diese Fragen gilt es zu klären. Es geht auch darum, das Einkaufsverhalten zu überprüfen, denn häufiges Wechseln von Anbietern und Artikeln erschwert eine saubere Deklaration. Manch ein Sonderangebot könnte zusätzlichen Aufwand verursachen.

Wie können die entsprechenden Daten verwaltet werden? Sie benötigen ein praxistaugliches System, welches Ihnen schnelle Informationen liefert. Ordner voller Produktspezifikationen sind das nicht. Wer sich sehr gut in Excel auskennt, kann hier einiges erreichen. Eine einfache, aber professionelle Softwarelösung ist sicher der beste und langfristig einfachste Weg. Im Idealfall bekommen Sie quasi nebenbei zusätzliche Funktionen zur Steuerung Ihrer Küche und die Rezepturen müssen ja sowieso erstellt werden. Schauen Sie sich aber gut um! Nicht jede Lösung ist im Alltag auch wirklich praxistauglich.

Die praktische Umsetzung im Arbeitalltag umfasst zwei Bereiche. Sie müssen das Problembewusstsein ihrer Kollegen entwickeln, denn ohne die entsprechende Arbeitsdisziplin sind ständige Fehler zu erwarten. Und Sie benötigen eine praktikable Lösung zum Druck des Speiseplanes mit allen Daten im richtigen Layout. Aufwändige Nacharbeiten sollten unbedingt vermieden werden.

Welche Chancen bietet die Allergenkennzeichnung?

Für alle Kunden im Einzelhandel ist die Kennzeichnungspflicht unbestritten ein Vorteil. Für unsere Gäste besteht dagegen immer ein Restrisiko und ein Allergiker wird sich nie ganz auf die Angaben verlassen können.

Für die Küchen bedeutet das Erarbeiten von Rezepturen erst einmal Aufwand und kostet Zeit. Sich bewusst mit dem Wareneinsatz, dem System der Küche, auseinanderzusetzen, ist jedoch auch eine große Chance. Es kann dazu führen, dass bewusster, genauer gearbeitet wird, dass die erforderlichen Lösungen insgesamt zu neuen Ideen und zur Optimierung führen. Nehmen Sie die aktuellen Aufgaben zum Anlass und Ihre Kollegen mit ins Boot! Es lohnt sich.

Autor: Matthias Höfig

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