Inkontinenz in Seniorenheimen: Mit einem soliden Pflegekonzept für alle Beteiligten leichter
Jede vierte Frau und jeder achte Mann in Deutschland sind heute von Inkontinenz betroffen. In Seniorenheimen liegen die Zahlen weitaus höher. „Das muss nicht sein.“ sagt Angelika Sonnenberg. Seit 30 Jahren ist sie Krankenschwester, betreut eine Selbsthilfegruppe der Deutschen Kontinenz Gesellschaft am St. Elisabeth Krankenhaus in Köln Hohenlind und berät Gemeinden und Senioreneinrichtungen zum Thema ‚Inkontinenz in der Pflege‘.
„Eine solide Pflegeberatung zur Inkontinenz beginnt zunächst einmal mit der Förderung der Kontinenz. Dabei muss ich jedoch immer wieder fordern, dass besonders demente Menschen alle drei Stunden daran erinnert werden, zur Toilette zu gehen – oder besser noch: dorthin begleitet werden. Meistens stöhnen die Pflegeteams dann auf und fragen, wie sie diese Zusatzaufgabe auch noch bewerkstelligen sollen. Sie sind aber schnell überzeugt, wenn ich darauf hinweise, dass ein Gang zur Toilette viel schneller erledigt ist als das komplette Umziehen einer eingenässten Person und eines nassen Betts.“. Die Erfahrung von Angelika Sonnenberg hat gezeigt, dass es relativ schwierig ist von der Inkontinenz wieder wegzukommen wenn sie sich erst einmal als körperliche Fehlfunktion manifestiert hat. Es ist in jeder Hinsicht leichter, durch Maßnahmen wie Toilettentrainings, sinnvoll über den Tag verteiltes Trinken und eine genaue Ursachenforschung die Inkontinenz erst gar nicht hinzunehmen. „Manchmal sind nasse Hosen auch einfach ein Mittel, um Aufmerksamkeit zu bekommen. Gerade hier ist es wichtig, dies zu erkennen um nicht einen gesunden Menschen krank zu machen.“
Häufig ist erst eine aufreibende Überzeugungsarbeit notwendig, um die Pflegenden zum Umdenken zu bewegen. Auch sie befassen sich nicht gern mit Inkontinenz. „Oft hilft da nur eins: Ich fordere dazu auf, einmal selbst verschiedene Hilfsmittel zu testen – am Besten so, wie sie in der Einrichtung eingesetzt werden. Auf die Idee ist noch kaum jemand gekommen. Meistens ändert sich nach dieser Erfahrung nicht nur der Umgang mit den Hilfsmitteln, sondern auch die Wahrnehmung der Inkontinenz als großes Problem der Patienten. „Die Betroffenen merken ganz genau, ob sie ernst genommen werden und ob ihrem Gegenüber das Thema unangenehm ist. Nur wenn die Inkontinenz ganz offen und professionell angesprochen wird, öffnen sich die Angesprochenen. Erst dann kann man die Hilfe richtig planen.“
Besonders wichtig ist Angelika Sonnenberg aber die Aufklärung des Fachpersonals über Hilfsmittel. „Es ist erschreckend, wie wenig verbreitet die Kenntnis bei Fachleuten ist, dass Hilfsmittel wie Vorlagen und Tampons verschreibungsfähig sind. Oft muss ich dazu sogar den betreffenden Gesetzestext kopieren. Und auch die Eigenschaften und Einsatzbereiche möglicher Materialien sind Vielen nicht bekannt. Sie setzen die Hilfsmittel oft seit langer Zeit immer gleich ein, auch wenn es immer wieder hilfreiche Neuerungen gibt. Dabei kann man fast jedem Patienten, dessen Inkontinenz ärztlich austherapiert ist, mit der Auswahl der passenden Hilfsmittel ein weitgehend normales Leben ermöglichen.“ Dabei weist die erfahrene Krankenschwester daraufhin: „Die meisten denken dann, dass ich sicher Produkte einer speziellen Firma empfehle. Das ist falsch. Alle Produkte haben ganz unterschiedliche Eigenschaften. Die kenne ich einfach in- und auswendig. Damit ist es ganz leicht etwas zu finden, das in dem entsprechenden Fall optimal hilft.“
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