Die Dokumentation – Fluch oder Segen?
Mit dem Thema der Dokumentation werden in aller Regel unangenehme Lästigkeiten verknüpft. Dokumentation kostet Zeit – die ist kaum verfügbar. Sie hält von der Pflege
selbst ab und damit vom zu pflegenden Menschen. Da in kaum einem Berufszweig so viele idealistische Menschen anzutreffen sind wie in der Pflege hält sich das Verständnis für den „Papierkrieg“ in Grenzen. Außerdem bestehen Vorbehalte: wenn ich dokumentiere, dann birgt dies Gefahren. Wer dokumentiert, manifestiert. Im Zweifel auch Fehler. Es ist jedoch an der Zeit, sich für das Thema der Dokumentation zu sensibilisieren – und umzudenken. Im Zuge der Einführung der Transparenzkriterien und der
Veröffentlichung der Ergebnisse der Qualitätsprüfungen in Form von Transparenzberichten erfährt die Dokumentation existentielle Bedeutung für jede Einrichtung. In praxi wird hier nämlich überwiegend die Qualität der Dokumentation geprüft. Ist die Dokumentation schlecht oder mangelhaft oder in nicht ausreichendem Maße durchgeführt, so bringt dies empfindliche Bewertungsabzüge. Auch wenn das Benotungssystem auf der Grundlage der PTVS und der PTVA immer mehr in die Kritik gerät, so ist es doch Tatsache, dass die Angehörigen, die auf der Suche nach einem geeigneten Heimplatz sind, zuerst Informationen im Internet suchen. Eine schlechte Benotung wird mit einem schlechten Heim und mangelhafter Pflege gleichgesetzt und wird der tatsächlichen Pflegequalität in der Einrichtung damit häufig nicht gerecht. Sie hält jedoch Angehörige davon ab, sich für die Pflegeeinrichtung zu entscheiden, die schlecht abgeschnitten hat. Schlechte Benotungen können für den Ruf der Einrichtung gravierende Folgen haben. Sie zu korrigieren kostet Zeit – und Geld. Durch eine gute Dokumentation wird regelmäßig eine bessere Benotung erzielt. Und damit erlangt sie eine neue ernstzunehmende
Bedeutung. Im Folgenden sollen Ihnen einige bedeutende Beispiele mit Umsetzungshilfen für die pflegerische Praxis dargestellt werden:
Dokumentation bei Bedarfsschmerzmitteln:
Die MDK-Prüfer leiten aus jedem Hinweis auf ein Bedarfsschmerzmittel einen Bedarf für ein Schmerzmanagement ab. Obwohl ein solches vielleicht gar nicht veranlasst ist führt dann das Fehlen eines Schmerzmanagements zu Abzügen. Dies vermeiden Sie, wenn sich aus der Dokumentation selbst ergibt, dass im Einzelfall ein Schmerzmanagement gerade nicht erforderlich ist. Der Umgang mit Bedarfsschmerzmitteln ist deshalb zu dokumentieren: wann erfolgte der Einsatz des Bedarfsschmerzmittels zuletzt? In die Dokumentation mit aufzunehmen ist außerdem, dass der Bewohner seitdem nicht mehr unter Schmerzen geklagt hat und
deshalb kein weiteres Schmerzmanagement erforderlich ist. Dokumentation des Sturzrisikos: Der MDK fordert auch bei Bewohnern, die nicht zur Risikogruppe
zählen eine Dokumentation. Also auch bei Bewohnern, bei denen überhaupt kein Sturzrisiko besteht. Denn es muss individuell positiv festgestellt werden, dass ein solches Risiko nicht besteht und aus diesem Grunde keine Prophylaxemaßnahmen geplant werden. Erweitern Sie deshalb das Dokumentationssystem im Bereich Sturz- und Kontrakturenrisiko auch auf die Bewohner, bei denen ein solches Risiko nicht vorliegt.
Dokumentation ärztlicher Verordnungen und Anordnungen
Auch ärztliche Verordnungen müssen in der Pflegedokumentation aufgeführt werden. Häufig vermerkt der verordnende Arzt seine Verordnungen lediglich in seiner ärztlichen Patientendokumentation. Denn nur mit dieser erfüllt er seine eigene Dokumentationspflicht und kann sich im Haftungsfall entsprechend entlasten. Es ist jedoch wichtig, dass die Verordnung auch in der Pflegedokumentation enthalten ist, dies insbesondere für die leitende Pflegefachkraft. Gleiches gilt für Anordnungen des behandelnden
Arztes. Denn die leitende Pflegefachkraft muss sicherstellen, dass sie die Verordnungen und Anordnungen des Arztes richtig umsetzt – hierfür haftet sie persönlich. Wenn der Arzt die Verordnung mithin nicht selbst in die Pflegedokumentation aufnimmt, sollte die und ambulante Pflegedienste. Pflegefachkraft diese dort aufnehmen. Sie sollte sich diese Verordnung dann vom Arzt bestätigen lassen mit dem Vermerk „vorgelesen und genehmigt“. Damit hat sie dann alles getan um einen Übermittlungsfehler auszuschließen. In der Pflegedokumentation müssen zudem die ärztlichen Anordnungen enthalten sein. So muss in ihr vermerkt sein, wann, wie und wie oft
eine bestimmte Maßnahme durchgeführt werden muss. Häufig wird die ärztliche Anordnung vom behandelnden Arzt nur mündlich erteilt. Dann muss ebenfalls nach dem sogenannten „VUG-Prinzip“ dokumentiert werden. Die Pflegefachkraft, die die Anordnung entgegengenommen hat, notiert diese in der Pflegedokumentation und vermerkt dahinter zusätzlich, dass sie diese Anweisung dem Arzt nochmal vorgelesen und dieser die wiederholte Anweisung genehmigt hat. Dies kann mit dem Kürzel „VUG“ in kurzer und damit zeitsparender Weise umgesetzt werden. Es ist aus den neuen MDK-Berichten ersichtlich, dass die Prüfer des MDK genau hierauf die Dokumentationen
absuchen. Häufig lässt sich die Bemerkung: „Die Einrichtung arbeitet nach dem VUG-Prinzip“ finden. Die Dokumentation ärztlicher Verordnungen und Anordnungen
ist mithin zum einen im Rahmen etwaiger Haftungsansprüche von Bedeutung. Denn durch diese Dokumentation entlastet sich die zuständige Pflegefachkraft. Zum anderen ist sie jedoch auch für die Benotung im Rahmen der Qualitätsprüfungen von Bedeutung. Denn hierfür muss aus der Pflegedokumentation hervorgehen, dass die Einrichtung eine aktive Kommunikation mit dem Arzt pflegt und die Durchführung der behandlungspflegerischen Maßnahmen der ärztlichen Anordnung entspricht.
Dokumentation als Nachweis für die Pflegeplanung
Immanent wichtig ist, dass die Dokumentation eine Pflegeplanung belegt. Prüfen Sie die Dokumentation auf die Frage, ob sie nur für sich den Pflegeprozess lückenlos nachvollziehbar werden lässt. Grundsätzlich gilt das, was nicht dokumentiert ist als nicht erbracht. Alleine aus dem Umstand, dass eine Pflegemaßnahme
nicht dokumentiert wird, kann mithin eine Haftung resultieren! Alles was wichtig ist, ist deshalb zu dokumentieren. Zudem kann eine lückenhafte, in sich nicht nachvollziehbare oder fehlende Dokumentation im Haftungsprozess zu einer sogenannten Umkehr der Beweislast führen. Dies ergibt sich aus einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 21. November 1995 (VI ZR 341/94). Das hat zur Folge, dass dann nicht mehr der Anspruchsteller, also der Bewohner oder die Krankenkasse,
einen Pflegefehler darzulegen und zu beweisen hat, sondern die Pflegekraft bzw. die Einrichtung beweisen muss, dass ein solcher gerade nicht vorliegt Eine sorgfältige Dokumentation schützt damit zum einen vor einer Haftung im Schadensfall und ermöglicht zum anderen eine deutlich bessere Benotung im Rahmen des Transparenzberichtes. Ihr ein besonderes Augenmerk zu widmen lohnt sich daher.
Alexandra Zimmermann,
Rechtsanwältin und Fachanwältin für Strafrecht und Medizinrecht
Ferdinandstr. 3, 30175 Hannover, Fon: 0511 / 33 65 09 – 0
Email: info@zimmermann-heimrecht.de
Mitglied im Deutschen Pflegeverband
Frau Rechtsanwältin Zimmermann berät stationäre Pflegeeinrichtungen und ambulante Pflegedienste.
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