Beim Um- und Neubau Demenz mit bedenken

Baustelle Seniorenheim?

Außer der Personalgewinnung haben Heimleitungen häufig mit einer weiteren Baustelle zu tun: der Sanierung, Renovierung oder dem Neubau ihrer Einrichtung. Brandschutz, barrierefreie Zugänge, Einzel- statt Mehrbettzimmer, neue Pflegekonzepte: Innenarchitektin Elke Rabl-Schmidt (Foto) vom Innenarchitekturbüro DOPPELPUNKT – wir gestalten Lebensräume ist auf Senioren- und Pflegeeinrichtungen spezialisiert. Sie erklärt im Interview, worauf diese unbedingt achten sollten.

Warum müssen so viele Träger kräftig in die Sanierung und den Ersatzneubau ihrer Einrichtungen investieren?

Wartelisten gibt es nur noch selten, die Konkurrenz unter den Einrichtungen ist groß – es reicht nicht mehr, Seniorenheime alle 20, 25 Jahre zu renovieren. Zudem war Barrierefreiheit bei Heimen, die vor 30, 40 Jahren gebaut wurden, kein großes Thema. In Bayern z. B. greifen die baulichen Bestimmungen zur Barrierefreiheit zum 1. September 2016. Man ging früher vom rüstigen Rentner aus, der morgens im Park spazieren und mittags zum Speisesaal geht. Fakt ist: Die Altersstruktur hat sich geändert. Im Durchschnitt kommen Menschen im Alter von über 80 Jahren ins Heim, da die ambulante Versorgung besser geworden ist. Der Pflegegrad ist deutlich höher als früher, die Verweildauer kürzer.

Was bedeutet das für die Inneneinrichtung der Bewohnerzimmer?

Der Trend in Neubauten geht zur Vollausstattung. Es ist zwar gewünscht, dass die Bewohner ihr Mobiliar von zu Hause mitbringen, doch in der Realität sieht es meist so aus: Kleiderschränke sind für das Zimmer oft viel zu groß und sperrig, auch das Anbringen von eigenen Leuchten bringt allein schon aus Sicherheitsgründen Probleme mit sich. Daher muss ich das Interieur bei vielen Einrichtungen mit einplanen. Kleinere Möbel wie einen kleinen Tisch, den Lieblingssessel oder ein Sideboard bringen die meisten Bewohner aber mit.

Foto: drapilux

Das Wichtigste ist doch aber, dass sich der Bewohner wie zu Hause fühlt. Wie schaffen Sie das?

Indem ich berücksichtige, wie die heute 80-/90-Jährigen in der Mitte ihres Lebens gelebt haben. Es darf modern, aber nicht trendig sein. Es sollte etwas schicker als im eigenen Zuhause sein, aber das oberste Gebot ist Normalität. Bei den Gardinen im Bewohnerzimmer zum Beispiel wähle ich gern sogenannte Inbetween – das sind ganz luftige Gardinen, die zugezogen werden können, wenn z. B. ein Blendschutz gewünscht wird. Ich suche meist sonnige Töne aus, damit der Raum bei zugezogenen Vorhängen in ein schönes Licht getaucht wird, und dezente Muster, die zur Bettwäsche passen. Der Textilhersteller drapilux beispielsweise bietet eine Kollektion, deren Farbwelten auf Basis der Farbpsychologie entwickelt wurden und auf die besonderen Bedürfnisse von Demenzpatienten abgestimmt sind. Und ich nutze natürlich gerne die Möglichkeit, den Stoff individuell bedrucken zu lassen. Was diese Vorhänge außerdem von denen im eigenen Zuhause unterscheidet, sind intelligente Zusatzfunktionen. Die schalldämpfenden, luftreinigenden und antimikrobiellen Eigenschaften der Textilien helfen, die Lebens- und Raumqualität dauerhaft zu verbessern.

Stichwort Demenz. Das ist sicher ein Thema, das auch in der Inneneinrichtung wichtiger wird?
Richtig, schon heute ist, meiner Erfahrung nach, etwa die Hälfte der Bewohner in Seniorenheimen an Demenz erkrankt. Ich arbeite daher sehr viel mit Farbe, Licht und Akustik, um eine Umgebung zu schaffen, die Vertrautes und Schutz bietet. Zudem setzen immer mehr Betreiber das Wohngruppenkonzept um und bauen im Wohnbereich eine Küche ein, um die Bewohner teilhaben zu lassen, um sie zu stimulieren. Schließlich ist es etwas ganz anderes, wenn es nach frisch gebackenem Kuchen riecht als wenn dieser abgepackt von einem Lieferservice gebracht wird. Wer plant, um- und neuzubauen, sollte die besonderen Bedürfnisse von Demenzerkrankten unbedingt berücksichtigen.

 

» Bis 2018 wollen 68 % der Heime renovieren oder sanieren

Bis 2018 planen Heimleitungen rund 1.360 Einrichtungen neu zu bauen. Das ergab die Reichweitenstudie Pflegezeitschriften 2015 des IMK Institut für angewandte Marketing- und Kommunikationsforschung für Vicentz Network. Zudem sollen etwa 7.500 Einrichtungen saniert oder renoviert werden: Bei 10.949 vollstationären Einrichtungen betrifft dies etwa 68 %. Allein 2016 sollen nach Angaben des Informationsdienstleisters marktdialog.com 467 Bauprojekte (stationäre Pflegeheime, verbundenes „Betreutes Wohnen“ sowie Tagespflege für Senioren) fertiggestellt werden. Das sind über 20 % mehr als 2015, darunter 257 Neubauten.

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