So gewann das Seniorenzentrum Wohnen am Schlossanger den GERAS-Preis
Das Seniorenzentrum Wohnen am Schlossanger hat durch einfache, aber effektive Maßnahmen die Lebensqualität seiner sehbeeinträchtigten Bewohnenden erheblich verbessern können und wurde dafür 2023 mit dem GERAS-Preis ausgezeichnet. Dieser wird seit 2016 von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO) verliehen und setzt bei jeder Preisausschreibung unterschiedliche Themenschwerpunkte. 2023 war das Motto des Preises „Sehbehindertenfreundliche Alten- und Pflegeeinrichtungen“. Sehbeauftragte Daniela Donaubauer erzählt im Interview mit Tobias Lang (Blindeninstitut Regensburg) und Amelie Seidel (Blindeninstitut Würzburg) von der siebenjährigen Entwicklung hin zur prämierten sehgerechten Senioreneinrichtung.
Frau Donaubauer, vor sieben Jahren hat das Seniorenzentrum Wohnen am Schlossanger den Weg zu einer sehgerechten Einrichtung eingeschlagen. Was war die ursprüngliche Motivation hinter dieser Entscheidung?
Unsere damalige Heimleitung hatte vom Präventionsprogramm „Gutes Sehen in Pflegeeinrichtungen“ Infomaterialien zum Thema Sehen im Alter erhalten. Als wir uns diese durchgelesen hatten, waren wir sehr erschrocken, welche Auswirkungen eine Sehbeeinträchtigung haben kann. Zum Beispiel kann der soziale Rückzug der Bewohnenden bis hin zu einer Depression die Folge sein. Daraufhin wollten wir den Weg zu einer sehgerechten Einrichtung schnellstmöglich einschlagen, um die Lebensqualität unserer Bewohnenden zu verbessern.
Hat Ihre Einrichtung eine Strategie zur Umsetzung dieses Vorhabens entwickelt?
Eine konkrete Strategie haben wir nicht entwickelt. Es gab aber in regelmäßigen Abständen Meetings mit der Heimleitung, bei denen wir uns überlegt hatten, welche Maßnahmen getroffen werden könnten und welche davon für unsere Einrichtung realisierbar sind.
Welche dieser Maßnahmen konnten zu Beginn umgesetzt werden?
Begonnen haben wir mit kleinen Maßnahmen. Wir wollten z. B. sicherstellen, dass alle Bewohnenden die richtige Brille tragen. Darum haben wir dokumentiert, wer welches Hilfsmittel trägt und mit Nagellack die Brillengestelle farblich markiert, um zu unterscheiden, ob es sich um eine Lesebrille, eine Gleitsichtbrille oder eine Fernbrille handelt. Außerdem haben wir festgestellt, dass unsere Bäder nicht sehgerecht gestaltet sind. Unsere Fliesen sind weiß, genau wie die Sanitäranlagen. Um diese durch einen höheren Kontrast sichtbarer zu machen, haben wir unsere weißen Toilettendeckel durch rote ausgetauscht und rote Markierungen mit Isolierband gesetzt.
Das sind wirklich einfache, aber wirkungsvolle Lösungen, die Sie für diese Probleme gefunden haben. Gab es auch Vorhaben, deren Umsetzung mit Schwierigkeiten verbunden waren?
Um das Sehvermögen unserer Bewohnenden regelmäßig überprüfen zu lassen, waren wir jahrelang auf der Suche nach einem mobilen Augenarzt oder einer mobilen Augenärztin für unser Haus. Es war wirklich sehr mühsam. Wir haben jedoch nicht aufgegeben und letztendlich eine Augenärztin gefunden, die sogar zweimal im Jahr unsere Einrichtung besucht.
Sie sind eine von mehreren Sehbeauftragten in Ihrem Haus. Können Sie erklären, welche Aufgaben damit verbunden sind?
Wir kümmern uns um den sehbezogenen Maßnahmenplan, optimieren ihn und entwickeln diesen weiter. Beispielsweise haben wir uns dazu entschieden, Brillen nicht mehr mit Nagellack zu markieren. Wir hängen nun in den Zimmern der Bewohnenden Symbole auf, die kennzeichnen, welches Hilfsmittel benötigt wird. So können auch Mitarbeitende aus der Zeitarbeit sofort erkennen, wer welche Brille braucht. Darüber hinaus überprüfen wir Sehbeauftragten auch, ob die Brillen sauber sind. Um das Thema „Sehen im Alter“ nachhaltig zu verankern, geben wir zudem anderen Mitarbeitenden In-House-Schulungen.
Ihre Bemühungen haben sich sichtlich gelohnt, denn Sie haben letztes Jahr den GERAS-Preis für sehbehindertenfreundliche Alten- und Pflegeeinrichtungen erhalten. Wie kamen Sie auf die Idee sich zu bewerben und wie lief die Bewerbung letztendlich ab?
Sabine Kampmann, Leiterin des Präventionsprogramms „Gutes Sehen in Pflegeeinrichtungen“, bei dem ich mich als Sehbeauftragte habe qualifizieren lassen, hatte vorgeschlagen, dass wir uns bewerben sollten. Für die Bewerbung musste auf rund zwei DIN-A4-Seiten die gesamte Senioreneinrichtung beschrieben werden. Als ich den Preis dann in den Händen hielt, war ich sehr überwältigt und stolz darüber, wie viel wir doch in den vergangenen sieben Jahren letztendlich erreichen konnten.
Welche Tipps würden Sie Einrichtungen an die Hand geben, die ihr Haus sehgerechter gestalten möchten?
Immer dranbleiben und nicht das Handtuch werfen, auch wenn Probleme auftauchen. Die Mühe lohnt sich allemal für das Wohlbefinden und die Teilhabe der Bewohnenden.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2024 zu finden.