von Ulrike Jocham (Frau Nullschwelle®, www.die-Frau-Nullschwelle.de)
Eines der zentralen Themen im Sachgebiet der Pflege ist die Sturzprophylaxe. Mittlerweile gibt es sogar digitale Lösungen, die Gangbilder analysieren und individuelle Sturzprognosen erstellen, um Stürze vorzubeugen. Die bauseitige Sturzprävention hingegen lässt seit Jahrzehnten in vielen Pflegeimmobilien einen längst möglichen Fortschritt vermissen. Statt technisch schon seit 1996 möglicher barrierefreier Nullschwellen, sind häufig immer noch 1 – 2 cm hohe Sturzgefahren an den Außentüren vorzufinden. Noch erstaunlich wenige Vorreiter haben die Chancen dieser bautechnischen Innovation für die Altenpflege erkannt. Mit den nachhaltig sicheren und selbstständigkeitsfördernden Auswirkungen von Nullschwellen können sich nun alle Innovatoren mit einem jahrelangen Entwicklungsvorsprung in der gesamten Pflegelandschaft spürbar hervorheben. Aber nicht nur das. Nur die, die konsequent Nullschwellen in Pflegeimmobilien ausgeführt haben, sind bauordnungsrechtlich auf der sicheren Seite.
Die Rechtslage:
1 – 2 cm hohe Türanschlagdichtungen und Schwellen sind nach DIN 18040-1 und -2 unzulässig, da es seit 1996 keine technischen Gründe mehr gibt, die diese Barrieren und Gefahren an Eingangs- und Freisitztüren rechtfertigen können. Dies besagt die alles verändernde Nullschwellen-Stellungnahme vom Arbeitsausschuss der DIN 18040 aus dem Jahr 2013 – Download unter:
https://www.die-frau-nullschwelle.de/die-nullschwellen-stellungnahme/
Nullschwellen als Mindestmaß
„Wir bauen seit mehr als 15 Jahren die barrierefreien Magnet-Nullschwellen von Alumat ein“, berichtet Christian Möhrke, der Geschäftsführer der Cureus GmbH aus Hamburg. Das Unternehmen verfügt über eine langjährige Pflegeimmobilienkompetenz und hat mit der Systempflegeimmobilie einen eigenen Standard für Immobilien der vollstationären Pflege und des Service-Wohnens aufgebaut, der bundesweit skalierbar ist.
„Ein Teil unseres heutigen Teams hat die Systempflegeimmobilie vor rund 15 Jahren begonnen zu entwickeln und seitdem stetig optimiert. Wir sind das einzige Unternehmen mit diesem Ansatz, der die Immobilien von innen nach außen sowie die immobilienwirtschaftlichen Prozesse dahinter (von Grundstücksankauf bis Übergabe/Bewirtschaftung) durchdacht und standardisiert hat. Damit werden wir den unterschiedlichen Bauvorgaben aller Bundesländer und vor allem den Betreiber- und Bewohneranforderungen in qualitativ und wirtschaftlich höchstem Maße gerecht“, so Möhrke und betont, dass Nullschwellen an Außentüren in der Altenhilfe grundlegend seien. „Wir empfinden das als Mindestmaß, da es Stand der Technik in auf Senioren ausgerichteten Immobilien ist. Wir haben den Bedarf und die Vorteile durch enge Zusammenarbeit mit Betreiberpartnern erkannt und daher auch in unseren Standard aufgenommen.“
Cureus stattet alle Terrassen- und Balkonausgänge der Gemeinschaftsbereiche (Wohngruppenräume, Wohnküchen, Restaurant etc.) sowie die Zimmer für Rollstuhlnutzer mit Magnet-Nullschwellen aus. „Wir sind sehr zufrieden mit dieser türanschlagfreien Technik. Sie erhöht den Bewohnerkomfort, lässt sich leicht verbauen und zeichnet unsere durchdachten Gebäude mit aus“, erklärt der Cureus-Geschäftsführer und betont, dass es bisher keine Probleme mit diesen Nullschwellen gab. „Wir haben seit Beginn der Systempflegeimmobilie bis heute über 70 Seniorenresidenzen für verschiedene Betreiber wie u. a. Belia, Dorea, Insanto und die Schönes Leben Gruppe (mit Mediko, Compassio) errichtet. Aktuell bauen wir als Bestandshalter ca. 17 neue Pflegeheime pro Jahr, ab 2022 über 20.
Nullschwellen als Auszeichnung
„Die Systempflegeimmobilie von Cureus und die sturzpräventiven Magnet-Nullschwellen von Alumat mit ihren nachhaltig positiven Auswirkungen begeistern uns“, sagt der Geschäftsführer Michael Burmester von der Belia Seniorenresidenzen GmbH aus Winsen (Aller).
„Wir als Betreiber können unsere Wünsche und Bedarfe aus dem Pflegealltag beständig einbringen und so zusammen mit Cureus Ergebnisse erzielen, die eine herausragende Immobilien- und Nutzerqualität in der Pflege- und Gesundheitswirtschaft aufweisen.“ Die barrierefreien Nullschwellen seien ein Teil dieses interdisziplinären Erfolges. „Sie werden nicht nur positiv von Bewohnern und Angehörigen wahrgenommen, sondern zusätzlich sogar von den Heimaufsichten“, berichtet Burmester und ergänzt, dass sturzpräventive Schwellenlosigkeit außerdem die Arbeitgeberqualität von Betreiberseite steigere. „Die Bewohner können mit den Magnet-Nullschwellen selbstständig auf die Freisitze und in den Garten und das ohne Sturzgefahr.“ Mehr Selbstständigkeit für die älteren Menschen und weniger Stürze würden mehr Lebensqualität für die Bewohner und mehr Arbeitsqualität für die Pflegefachkräfte bedeuten.
Einzigartige Möglichkeiten für alle
Mit Türanschlagschwellen seien all diese Vorteile laut dem Belia-Einrichtungsleiter Sebastian Fittkau aus Bochum-Langendreer nicht erreichbar. „Selbst bei 1 – 2 cm hohen Stolperkanten müssen viele Bewohner Hilfe beanspruchen und alle werden durch diese Barrieren beständigen Sturzgefahren ausgesetzt. Unsere Magnet-Nullschwellen stellen im Vergleich dazu einen gravierenden Mehrwert für Bewohner und Mitarbeiter dar“, erklärt Fittkau und ergänzt stolz: „Ein ganz besonderes Highlight sind unsere extra breiten Terrassen- und Balkontüren, durch die ganz einfach ein Pflegebett geschoben werden kann.“
Wichtige Prüfungen vor dem Türschwellen-Rückbau im Bestand!
Im Bestand gibt es grundsätzlich zwei verschiedene Möglichkeiten Türschwellen mit langzeiterprobten Lösungen zurückzubauen. Diese müssen vor dem Start dringend geprüft werden. In manchen Fällen kann einfach und problemlos unterhalb des Nullschwellen-Übergangs Platz für eine Nullschwelle in Neubau-Qualität geschaffen werden. Dies ist jedoch eher selten der Fall. Für die meisten Einbauvoraussetzungen im Bestand gibt es ein spezielles Renovierungsprofil, das ganz einfach wie in der Carl und Amanda Behrs Wohnanlage auf den Estrich aufgesetzt werden kann.
Dadurch könnten Bewohner, z. B. bei einer palliativen Versorgung, auf Wunsch ohne großen Aufwand mit dem Pflegebett auf die Freisitze und sogar bis in unseren Garten geschoben werden. „Dieser extrem hohe Qualitätsstandard mit neuen Bewegungsflächen für Pflegebetten ist in der Altenpflege bisher einzigartig“, so Fittkau. Eine unabdingbare Grundvoraussetzung dafür seien allerdings die Nullschwellen an den Außentüren. Hier könnten die schweren Pflegebetten, ohne jegliches Anheben, komfortabel für alle Pflegekräfte über den niveaugleichen und kantenfreien Übergang geschoben werden.
Nullschwellen-Chancen für bestehende Pflegeimmobilien
„In unserer Carl und Amanda Behrs Wohnanlage in Hamburg-Horn, die 1985 eröffnet wurde und in der Servicewohnen für Senioren angeboten wird, konnten wir bereits über 30 Terrassen- und Balkontürschwellen mit einer Höhe von rund 5 cm zurückbauen“, freut sich Michael Kleindienst von der Bau- und Gebäudetechnik der Alida Schmidt-Stiftung aus Hamburg. Dies sei Dank der Technik der Magnet-Nullschwelle mit dem speziellen Renovierungsprofil für den Bestand, das ganz leicht auf den Estrich aufgesetzt werden kann, sehr einfach möglich gewesen.
Weg mit den Schwellen
„Unsere Mieter freuen sich, dass die Türschwellen zurückgebaut und die Freisitze deshalb wieder für alle nutzbar sind“, berichtet Michael Kleindienst. Die Seniorenwohnanlage besteht aus insgesamt vier Häusern mit ca. 17 Wohnungen pro Haus. In zwei Häusern konnten die barrierefreien Umbaumaßnahmen bereits abgeschlossen werden, die restlichen erfolgen 2021 und 2022.
Die alten Türen mit Stolperfallen wurden komplett durch neue türanschlagfreie Terrassen- und Balkontüren ersetzt. Die Alida Schmidt-Stiftung konnte dabei zusätzlich gleich mehrere Verbesserungen für ihre Mieter erwirken. „Wir haben u. a. die Wärmedämmung optimiert, die Öffnungsmaße verbreitert und die Balkonböden außen mit einem wasserdurchlässigen Boden (Grätlings) auf das Niveau des Innenfußbodens aufgestockt. Unsere neuen niveaugleichen Übergänge sind nun für Nutzer von Gehhilfen, Rollatoren und Rollstühlen gleichermaßen geeignet. Für all diese Maßnahmen haben wir einen Zuschuss von der Investitions- und Förderbank (IFB) Hamburg erhalten – das war genial“, erklärt Michael Kleindienst. Laut den Förderrichtlinien der IFB sind für schwellenfreie Terrassen- und Balkontüren bis zu 850,00 Euro pro Wohneinheit und für die Höhenanpassung von Balkonen bis zu 535,00 Euro pro Wohneinheit möglich. Mehr unter: https://www.ifbhh.de/api/services/document/211
Gut zu wissen:
Die erste schlagregendichte barrierefreie Nullschwelle mit beweglichen Magnetdichtungen wurde 1996 auf dem Markt eingeführt. Zuvor konnten Drehflügel-Außentüren nur mittels eines erhöhten Türanschlags abgedichtet werden.
„Einige unserer Mieter berichteten immer wieder, dass sie sich wegen der vorhandenen Türschwellen sowie des Höhenunterschieds zwischen Innenfußboden und Balkon (Sturzgefahren), nicht auf ihre Terrassen und Balkone trauten oder dass sie diese Barrieren nur schwer überwinden konnten.“ Dies war laut dem erfahrenen Architekten der Auslöser für die Suche nach technischen Abdichtungsmöglichkeiten, die die barrierefreie Nutzbarkeit von Freisitzen in bestehenden Gebäuden ermöglichen sollten. „Zuerst haben wir uns bezüglich der bekannten 1 – 2 cm hohen Türanschlagdichtungen Informationen eingeholt. Doch der Artikel „Schwellenfreie Türen in der Altenhilfe“ aus dem Seniorenheim-Magazin Ausgabe 02/2016 hat uns auf bessere Lösungen hingewiesen“, berichtet Michael Kleindienst. Er habe sich gleich im Anschluss an die Autorin des Artikels gewandt und u. a. von ihren interdisziplinären Untersuchungen bezüglich der schon seit vielen Jahren vorhandenen Magnet-Nullschwellen erfahren. Alle untersuchten Einbaubeispiele hätten sich bei fachgerechtem Einbau als nachhaltig dicht erwiesen, sogar die Nullschwellen-Einbauten, die bereits Ende der 1990er Jahre verbaut wurden. „Außerdem wurde ich darüber informiert, dass es bereits seit 2013 eine Nullschwellen-Stellungnahme vom Arbeitsausschuss der Norm für barrierefreies Bauen (DIN 18040-1 und -2) gibt, aus der klar hervorgeht, dass türanschlagfreie Übergänge nach DIN 18040 vorgeschrieben sind“, berichtet der verantwortliche Architekt. Hierbei handle es sich um barrierefreie Anforderungen, die Altenhilfeträger an vielen Stellen schlichtweg erfüllen müssten.
„Die erhaltenen wertvollen Anregungen setzen wir um und steigern dadurch die Lebensqualität und die Sicherheit unserer Mieterinnen und Mieter spürbar“, freut sich Christina Baumeister, die Geschäftsführerin der Alida Schmidt-Stiftung. Die Rückmeldungen der betreffenden Seniorinnen und Senioren seien durchweg positiv.
Der Artikel ist in der Ausgabe 02/2021 zu finden.