von Christian Schimmelpfennig (Geschäftsführer Franziskusheim gGmbH)

Christian Schimmelpfennig

Christian Schimmelpfennig,
Geschäftsführer
Franziskusheim gGmbH – Foto: Franziskusheim gGmbH

Mit dem Klimawandel und der Zunahme von Hitzewellen wird der Hitzeschutz in Pflegeeinrichtungen zunehmend wichtiger. Besonders ältere Menschen und pflegebedürftige Personen sind gefährdet, da sie aufgrund körperlicher Einschränkungen, chronischer Erkrankungen und einer eingeschränkten Fähigkeit zur Temperaturregulation einem höheren Risiko für hitzebedingte Gesundheitsprobleme ausgesetzt sind. Daher ist es entscheidend, geeignete Maßnahmen und Strategien zu entwickeln, um das Wohlbefinden der Bewohnenden und Mitarbeitenden während heißer Monate zu gewährleisten.

Hitzeschutz – Warum so wichtig?

Die Bedeutung eines effektiven Hitzeschutzes darf durchaus hoch eingeschätzt werden. Hitzestress kann zu zahlreichen gesundheitlichen Problemen führen und den Arbeitsalltag bzw. das Leben in einer Pflegeeinrichtung stark beeinträchtigen. Ein gut durchdachtes Hitzeschutzkonzept in Pflegeeinrichtungen trägt wesentlich zu einem angenehmen Aufenthalt für die Bewohnenden sowie zu einer reduzierten Belastung für die Mitarbeitenden bei. Daher ist es wichtig, dass Einrichtungen proaktiv handeln, um die zunehmenden Gefahren und Belastungen der Sommerhitze zu minimieren.

Vor welchen Herausforderungen stehen Einrichtungen?

Eine zentrale Rolle beim Hitzeschutz spielt die bauliche Gestaltung der Einrichtung. Unsere Erfahrung zeigt, dass ein modernes, energetisch gut gedämmtes Gebäude zwar energieeffizient im Hinblick auf einen geringen Heizbedarf funktioniert, die Wärme jedoch in den Sommermonaten ebenso schwer aus dem Gebäude entweicht, was das Absenken der Raumtemperatur zusätzlich erschwert. Dieser Umstand beeinflusst den Hitzeschutz mitunter erheblich. An dieser Stelle erleben wir aktuell ein weiteres Hindernis in der Umsetzung sinnvoller bauphysikalischer Maßnahmen, da die Deckelung der Angemessenheitsgrenzen zur Herstellung einer neuen Pflegeeinrichtung nicht ansatzweise einen zeitgemäßen Gebäudestandard berücksichtigen. Die Diskrepanzen zwischen gestiegenen Anforderungen der Nachhaltigkeit, der Anpassung an den Klimawandel, der Schaffung eines angemessenen Wohnumfeldes und einer modernen technischen Infrastruktur sind mit den gesetzten Grenzen nicht zu überwinden. Als Betreiber stellt uns dies vor enorme Herausforderungen und sehr schwierige Abwägungen.

Auch die Tatsache, dass einzelne landesrechtliche Regelungen keine Nord-Ausrichtung der Bewohnerzimmer erlauben, sollte meiner Meinung nach überdacht werden. Der Mehrwert einer Süd-Ausrichtung hat sich in den letzten Jahren vielmehr zu einer Mehrbelastung entwickelt und stellt aus meiner Sicht nicht automatisch ein Qualitätsmerkmal dar.

Hilfen zur effektiven Temperaturregulierung

Effektive Sonnenschutzvorrichtungen wie Rollläden und Markisen sowie die Verwendung heller Farben im Innenraum können helfen, die Temperaturen zu regulieren und ein angenehmes Raumklima zu schaffen. Auch Klimatisierung und/oder eine gezielte Belüftung tragen zur Schaffung eines komfortablen Umfelds bei, wobei insbesondere eine aktive Klimatisierung mit einem nachhaltigen Ressourceneinsatz nicht gut zu vereinbaren ist. Natürliche Belüftungsmaßnahmen, wie das Öffnen von Fenstern in den kühleren Morgen- und Abendstunden und die Schaffung von Luftzirkulation, können hilfreich sein, um heiße Luft schnell abzuleiten.

Welche Rolle spielt die Ernährung bei Hitzestress?

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Hitzeschutzes ist eine angepasste Ernährung und Flüssigkeitszufuhr. Pflegekräfte sollten aktiv darauf achten, dass sowohl sie selbst als auch die Bewohnenden ausreichend Flüssigkeit zu sich nehmen, auch wenn kein Durst verspürt wird. Da der Flüssigkeitsbedarf in heißen Monaten steigt, sollten leichte, leicht verdauliche Speisen bevorzugt werden, um den Energiebedarf zu decken und die Gesundheit der Bewohnenden zu fördern. Der uneingeschränkte Zugang zu geeigneten Kaltgetränken, sowohl für Bewohnende als auch für Mitarbeitende, ist besonders in dieser Zeit eine wichtige und zielführende Maßnahme. Ein speziell angepasstes Freizeitangebot kann ebenfalls helfen, dass die Bewohnenden aktiv bleiben, ohne sich zu überanstrengen. Aktivitäten sollten in kühlere Tageszeiten verlagert oder in klimatisierte Bereiche verlegt werden, um die Belastungen durch Hitze zu reduzieren.

Welche Verantwortung haben die Betreiber?

Die Sensibilisierung und Schulung des Personals ist unerlässlich, um ein Bewusstsein für die Risiken von Hitzestress zu schaffen. Das Personal sollte in der Lage sein, die Symptome von Hitzestress frühzeitig zu erkennen und effektiv darauf zu reagieren. Angehörige und die Gemeinschaft sollten ebenfalls in den Hitzeschutz einbezogen werden, indem Informationen bereitgestellt werden, die das Bewusstsein und die Verantwortung für den Schutz vor damit verbundenen Risiken stärken. Bei weiterem Voranschreiten der klimatischen Veränderungen, werden wir uns analog in unserem gewohnten und über Jahrzehnte bewehrten pflegerischen Alltag anpassen müssen.

In Anbetracht der zunehmenden Hitzewellen ist es ratsam, dass Pflegeeinrichtungen Notfallpläne entwickeln. Ein Krisenmanagement, das spezifische Maßnahmen für extreme Hitzebedingungen umfasst, sollte vorhanden sein.

Wenn ich bedenke, wie vielfältig die verschiedenen externen Einflüsse sich mittlerweile auf unsere Organisationen auswirken, verlangt die Summe all dessen einiges von unseren Mitarbeitenden ab. Aus einem immer schon sehr anspruchsvollen und herausfordernden Beruf wird zunehmend eine nicht mehr zu bewältigende Belastung.

Fazit

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Hitzeschutz in Pflegeeinrichtungen eine verantwortungsvolle und ganzheitliche Aufgabe ist, die umfassende Strategien erfordert. Durch gezielte bauliche, organisatorische und edukative Maßnahmen können die Lebensqualität der Bewohnenden erhöht und das Arbeitsumfeld für das Pflegepersonal verbessert werden. Der beste Schutz ist eine Kombination aus Information, Sensibilisierung und konkreten Maßnahmen, die das Risiko von Hitzestress minimieren und allen Beteiligten eine sichere und angenehme Umgebung bieten.

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 01/2025 erschienen.

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