Das Thema Energie wird in Altenhilfeeinrichtungen oft nicht weiter beachtet. Das ist verständlich, denn zu viele andere Themen fordern die Aufmerksamkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in allen Bereichen. So kommt es, dass die Heizung weiterläuft, während das Fenster für die frische Luft den ganzen Tag lang gekippt ist oder die Beleuchtung in ungenutzten Räumen angeschaltet bleibt.

An solchen Kleinigkeiten, setzte das Projekt „Modellhafte Entwicklung und Umsetzung eines ‚Umweltkommunikationskonzeptes Energieeffizienz‘ in Alten- und Pflegeheimen““ an, das fachlich und finanziell von der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) gefördert wurde. Systematisch wurden mögliche Energiesparmaßnahmen in einzelnen Einrichtungen betrachtet und, wo machbar, umgesetzt. Elf Senioren- und Pflegeheime aus Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen haben teilgenommen und ihren Energieverbrauch gesenkt. Bis zu 21 Prozent Wärme sowie je 12 Prozent Strom und Wasser konnten sie im Jahr 2017 durch energiebewusstes Verhalten sowie mit einfachen organisatorischen und technischen Maßnahmen einsparen.

Der Energieverbrauch einer Bewohnerin oder eines Bewohners in deutschen Alten- und Pflegeeinrichtungen ist Studien zufolge teilweise so hoch wie der einer vier- bis sechsköpfigen Familie. Bei der hohen und weiter steigenden Anzahl von Pflegebedürftigen und stationären Pflegeeinrichtungen ist das Potential für den Klimaschutz entsprechend hoch. Aus diesem Grund führte das Steinbeis Forschungsinstitut Solites von Juni 2015 bis Oktober 2018 gemeinsam mit dem Amt für Umweltschutz der Landeshauptstadt Stuttgart, dem Beratungsbüro Nowak und den Piloteinrichtungen die Initiative „Energieeffizienz für Pflegeeinrichtungen“ durch.

Finanzielle Anreize, ihren Energieverbrauch zu senken, haben Pflegeeinrichtungen leider kaum, denn durch die Abrechnungsstruktur verbleiben Einsparungen meist nicht in der Einrichtung. Jedoch können auch ohne große Investitionen Energieeinsparungen erzielt werden. Dafür wurde gemeinsam mit den teilnehmenden Einrichtungen ein Umweltkommunikationskonzept entwickelt, das das Bewusstsein für Energie im Pflegealltag stärken und zu energieeffizientem Verhalten motivieren soll. Zusätzlich werden geringinvestive technische und organisatorische Maßnahmen angestoßen. Das Konzept besteht aus einer Initialanalyse der Gebäudetechnik und der Energieverbräuche, Schulungen des Personals, Kampagnenmaterialien zur Sensibilisierung und Workshops zum Erfahrungsaustausch über Effizienzmaßnahmen. In der Summe soll ein langfristiges Energiemanagement entstehen.

In elf Alten- und Pflegeheimen konnte im Rahmen eines DBU-Modellprojektes der Energieverbrauch dank guter Umweltkommunikation deutlich gesenkt werden – ohne große Investitionen. Foto: Solites

In elf Alten- und Pflegeheimen konnte im Rahmen eines DBU-Modellprojektes der Energieverbrauch dank guter Umweltkommunikation deutlich gesenkt werden – ohne große Investitionen. Foto: Solites

Jeweils eine energieverantwortliche Person oder ein Team engagierte sich in den elf Häusern für die Durchführung und Erprobung des Konzepts und wirkte als Multiplikator. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wurden regelmäßig über das effiziente Verhalten bspw. in Bezug auf Heizen und Lüften und Beleuchtung informiert. Unterstützend erinnert das Maskottchen Eddie mit der „Energie-schenkt-Freude“ Kampagne an Stellen wie Lichtschalter, Fenster und Wärmewagen auf freundliche Art an das effiziente Handeln. Für die Pflegebedürftigen darf der Komfort natürlich nicht eingeschränkt werden.

Abschlussveranstaltung Solites Maskottchen Eddie und die Projektbeteiligten bei der Abschlussveranstaltung in Mülheim an der Ruhr (v.l.): Johannes Nowak (Berater für Sozialunternehmen), Stefan Baumgart (Haustechniker im Altenzentrum Haus Salem Lintorf der Kaiserswerther Diakonie), Magdalena Berberich (Projektleiterin), Thomas Krülls (Leiter der Caritasaltenheime Marienhof und St.Josef des Caritasverbandes Duisburg), Verena Exner (DBU-Referatsleiterin), Charlotte Eichmanns (Leiterin Haus Wichernheim der Evangelischen Altenhilfe Duisburg). Foto: Solites

Abschlussveranstaltung Solites – Maskottchen Eddie und die Projektbeteiligten bei der Abschlussveranstaltung in Mülheim an der Ruhr (v.l.): Johannes Nowak (Berater für Sozialunternehmen), Stefan Baumgart (Haustechniker im Altenzentrum Haus Salem Lintorf der Kaiserswerther Diakonie), Magdalena Berberich (Projektleiterin), Thomas Krülls (Leiter der Caritasaltenheime Marienhof und St.Josef des Caritasverbandes Duisburg), Verena Exner (DBU-Referatsleiterin), Charlotte Eichmanns (Leiterin Haus Wichernheim der Evangelischen Altenhilfe Duisburg). Foto: Solites

 

 

In regelmäßigen Workshops tauschten sich die Projektbeteiligten aus und diskutierten weitere Maßnahmen für Energieeinsparungen. In allen Häusern war die Umstellung der Beleuchtung auf LED-Technik ein Thema. Darüber hinaus wurden individuelle Einsparmöglichkeiten gefunden.

So konnte in einem Haus nach Rücksprache mit dem Gesundheitsamt die Kühlung der Speisereste im Keller abgeschaltet und damit 695 kWh Strom im Jahr eingespart werden. Die höchste Wärmeeinsparung im Projekt erreichte die gleiche Einrichtung durch die Absenkung der Vorlauftemperatur der Heizung und die Optimierung der Heizungsregelung. Im Jahr 2017 konnte der Wärmeverbrauch im Vergleich zu den Jahren 2013 bis 2015 um 21 Prozent reduziert werden.

In einer anderen Einrichtung wurde erfolgreich das Stoßlüften eingeführt, zuvor wurden auf den langen Gängen häufig die Fenster gekippt. Auch die Reinigungskräfte wurden einbezogen: In drei Einrichtungen mussten die Reinigungstextilien bisher aus hygienischen Gründen im Trockner getrocknet werden. Durch eine Umstellung des Ablaufs und das Waschen der Textilien am Morgen, sind sie nun zu Dienstbeginn einsatzbereit. In einer Einrichtung werden auf diese Art zwölf Trocknergänge pro Woche vermieden.

Durch eine Betrachtung der Energiekosten wurden diese in einer beteiligten Trägerorganisation erneut wahrgenommen und konnten über Vertragsverhandlungen mit Energielieferanten deutlich reduziert werden.

Zur regelmäßigen Überprüfung der Energieverbräuche werden jeden Monat die Zählerstände für Brennstoff, Strom und Wasser aufgeschrieben und über ein eigens entwickeltes Internetportal automatisiert ausgewertet. So wurden durch die Einsparmaßnahmen der elf Einrichtungen im Jahr 2017 insgesamt 380 Tonnen Kohlenstoffdioxid vermieden. Dies entspricht den durchschnittlichen CO2-Emissionen von 43 Personen in Deutschland in einem Jahr. Die in Summe eingesparten Energiemengen entsprechen dem Wärmeverbrauch von 11 Einfamilienhäusern, dem Wasserverbrauch von 26 Einfamilienhäusern und dem Stromverbrauch von 55 Einfamilienhäusern mit Vier-Personen-Haushalten in einem Jahr.

Die Ergebnisse zeigen es: die Energieverbräuche werden durch alle Personen vor Ort beeinflusst und es lassen sich schon mit kleinen Änderungen Einsparungen erzielen. Viele Effizienz-Maßnahmen sind auch in anderen Alten- und Pflegeheimen anwendbar. Eine Liste mit Vorschlägen sowie die Energiedatenauswertung der elf Pilotheime ist unter www.ee-fuer-pflege.de einsehbar.

Das Projekt ist seit Ende Oktober 2018 offiziell beendet, das nun erprobte Konzept soll aber in den Piloteinrichtungen und auch in anderen Einrichtungen weiterleben.

Kurzinfo

Solites – Steinbeis Forschungsinstitut für solare und zukunftsfähige thermische Energiesysteme

M.Sc. Magdalena Berberich

Tel.: 0711 / 673 2000-55

berberich@solites.de

www.ee-fuer-pflege.de

Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2019 zu finden.

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