von Dr. Wolfram Krause (Geschäftsführer des bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V.) und Rudolf Reimers (Vorstandsvorsitzender bvfa)

Pflege- und Seniorenheime sind mit hohen Anforderungen an den vorbeugenden Brandschutz verbunden. Viele Bewohner können sich bei einem Brand aufgrund geistiger oder körperlicher Einschränkungen nicht selbst in Sicherheit bringen, sondern sind auf fremde Hilfe angewiesen. Viel Zeit dazu ist nicht vorhanden: nach Ausbruch eines Brandes stehen für die Räumung eines betroffenen Gebäudeabschnitts im Regelfall nicht mehr als 10 Minuten zur Verfügung, in der Nähe des Brandherdes oft nicht mehr als 2-3 Minuten. In dieser Zeit müssen der Brand entdeckt, das Personal, die Feuerwehr und ggf. Bewohner alarmiert, erste Brandbekämpfungsmaßnahmen eingeleitet und mindestens der betroffene Gebäudeabschnitt geräumt werden.

Die Brandgefahren in sozialen Einrichtungen sind ernst zu nehmen, das zeigen die Brandstatistiken des bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V. Insgesamt sind dort in den letzten fünf Jahren bei über 700 Bränden 79 Todesopfer und 1160 Verletzte zu beklagen. Die Tendenz ist steigend: allein im Jahr 2023 (Stand 4. Dezember) gab es 180 Brände, 27 Tote und über 270 Verletzte in Pflege- und Seniorenheimen sowie anderen sozialen Einrichtungen (ohne Krankenhäuser).

Gesetze und Richtlinien

Verantwortlich für den Brandschutz in Pflege- und Seniorenheimen sind grundsätzlich die Betreiber dieser Einrichtungen. Die gesetzlichen (bauordnungsrechtlichen) Mindestanforderungen dazu sind in den jeweiligen Landesbauordnungen (LBO) niedergelegt. Pflegeeinrichtungen gelten als Sonderbauten mit besonderen Anforderungen an den Brandschutz. Manche Bundesländer haben dazu Verordnungen erlassen (z. B. „Betreuungsverordnung“ in NRW). Darüber hinaus geben auch die Feuerwehren bzw. deren Verbände Empfehlungen (z. B. in Niedersachsen). Hinweise gibt auch die VdS-Richtlinie 3402 („Pflegeheime“). Weitere Anforderungen an den Brandschutz können sich aus arbeitsschutzrechtlichen Bestimmungen und aus möglichen Auflagen der Sachversicherer ergeben.

Anlagentechnischer Brandschutz

Die Brandgefahren in Pflege- und Seniorenheimen lassen sich nur mit einem individuellen Konzept aus anlagentechnischen, baulichen und organisatorischen Brandschutzmaßnahmen beherrschen. Im Vergleich zu baulichen sind anlagentechnische Brandschutzmaßnahmen flexibel einsetzbar. Sie entlasten das Personal im Brandfall, was insbesondere bei geringen „Personalschlüsseln“ von entscheidender Bedeutung sein kann. Das nutzbare Zeitfenster für eine Räumung wird durch eine frühe Branderkennung und die Kontrolle der Brandausbreitung deutlich vergrößert.

Anlagentechnische Brandschutzmaßnahmen können in Bestandsbauten das Brandschutzniveau auf wirtschaftliche Weise verbessern und eine sichere Weiternutzung der Einrichtungen ermöglichen. Aber auch in Neubauten können die Schutzziele durch Anlagentechnik in vielen Fällen intelligenter, flexibler und wirtschaftlicher erfüllt werden. Die Vereinigung zur Förderung des Deutschen Brandschutzes e. V. (vfdb) hat ein Merkblatt für Krankenhäuser und Pflegeeinrichtungen erstellt, das die Auswahl von anlagentechnischem Brandschutz in Krankenhäusern und Pflegeeinrichtungen erläutert.

Automatische Brandmeldeanlagen (BMA) spielen im Brandfall eine zentrale Rolle, weil sie mit einer frühen, schnellen und zuverlässigen Branderkennung die Grundlage für alle weiteren Maßnahmen liefern. Entstehungsbrände, auch ohne Flammenbildung, werden so frühestmöglich erkannt. Je früher ein Brand erkannt wird, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, Personen aus dem Brandraum und der unmittelbaren Umgebung erfolgreich in Sicherheit zu bringen und erste Brandbekämpfungsmaßnahmen einzuleiten. Kleinere Brände können häufig bereits durch Feuerlöscher erfolgreich bekämpft werden.

Feuerwehr löscht einen Brand der ein Todesopfer forderte

Der vermutlich durch einen technischen Defekt ausgelöste Brand in einem Seniorenwohnheim in Schenefeld forderte drei Todesopfer – Foto: Pinneberger Tageblatt

Selbsttätige Sprinkleranlagen erhöhen die Überlebenswahrscheinlichkeit im Brandraum, da sie den Brand rasch und automatisch eindämmen. Sprinkler lösen selektiv nur in der Nähe des Brandherdes aus, was mögliche Löschwasserschäden im Vergleich zu einem Feuerwehreinsatz erheblich vermindert. Gleichzeitig verlangsamen Sprinkler die Ausbreitung von Feuer und Rauch in angrenzende Bereiche. Je nach Bundesland ermöglichen Feuerlöschanlagen größere Brandabschnitte, geringere Anforderungen an Wände und Verglasungen sowie z. B. den Verzicht auf Freilauftürschließer.

Rauch- und Wärmeabzugsanlagen (RWA) ermöglichen im Brandfall die Ableitung von Rauch und Wärme aus dem Inneren von Gebäuden nach außen. Je nach Anlagenausführung unterstützen sie durch raucharme Schichten die Selbst- und Fremdrettung und den Löschangriff der Feuerwehr sowie den Sachschutz von Inventar und Gebäude durch Verminderung von Schäden durch Rauch und Ruß.

Organisatorischer Brandschutz

Eine erfolgreiche Brandbekämpfung bis zum Eintreffen der Feuerwehr ist nur mit gut geschultem und motiviertem Personal möglich. Bei einem Brand haben die Mitarbeitenden zahlreiche Aufgaben: Räumung des Brandabschnittes, Unterstützung bei der Selbstrettung, Bekämpfen des Brandes und die Betreuung von Bewohnern. Die Voraussetzungen dazu schaffen organisatorische Brandschutzmaßnahmen. Dazu gehören u. a. ein detaillierter Räumungs- bzw. Evakuierungsplan, fundierte Gefährdungsbeurteilungen, die regelmäßige Aus- und Weiterbildung von Brandschutzbeauftragten und Brandschutzhelfern, das Bereitstellen von Flucht- und Rettungswegplänen und die Festlegung einer Brandschutzordnung.

Fazit

Die allermeisten Brände in Pflege- und Seniorenheimen gehen durch den Einsatz des gut geschulten Personals und der Feuerwehren sowie durch effiziente vorbeugende Brandschutzmaßnahmen glimpflich aus. Die immer noch zu hohe Anzahl an Toten und Verletzten in den zahlreich stattfindenden Bränden in Pflege- und Senioreneinrichtungen verdeutlicht aber auch Handlungsbedarf. Der anlagentechnische Brandschutz bietet vielfältige Möglichkeiten, die Sicherheit hier auch in Zeiten des Fachkräftemangels auf wirtschaftliche Weise zu verbessern.

Kurzinfo

bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V.
Koellikerstr. 13; 97070 Würzburg
Telefon: 0931/35292-0
E-Mail: info@bvfa.de

Der Artikel ist in der Ausgabe 01/2024 zu finden.

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