Jahr für Jahr sind in Pflege- und Seniorenheimen zahlreiche Brandopfer zu beklagen. Besonders gefährdet sind Personen, die sich im unmittelbaren Bereich des Feuers aufhalten.

von Dr. Wolfram Krause (bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e.V.)

Feuer in Senioren- oder Pflegeheimen gehört zu den Worst-Case-Szenarien. Viele Bewohner und Patienten sind akut und lebensbedrohlich gefährdet, da sie sich im Brandfall aufgrund körperlicher oder geistiger Einschränkungen nicht selbst in Sicherheit bringen können. Auch wenn in vielen Einrichtungen jahrelang „nichts passiert“, muss auch dort jederzeit mit dem Ausbruch eines Feuers gerechnet werden. Wie real die Gefahr ist, zeigt die aktuelle Auswertung der Brandstatistiken des bvfa. Im Jahr 2024 waren in deutschen Pflege- und Seniorenheimen sowie in Einrichtungen des Betreuten Wohnens bei 162 Bränden 27 Tote und 355 Verletzte zu beklagen. Hinzu kommen 77 Brände in Wohnheimen und Sozialunterkünften mit 4 Toten und 207 Verletzten.

Zum Vergleich: Insgesamt kommen in den ca. 43 Mio. Wohnungen in Deutschland jährlich ca. 300 Menschen bei Bränden ums Leben, ein Großteil davon ist älter als 65 Jahre. Damit bleibt das Brandrisiko in Pflege- und Seniorenheimen unverändert hoch (siehe Diagramm).

Offenes Feuer und Elektrizität

In etwa der Hälfte der Fälle konnte die Brandursache ermittelt werden. Der häufigste Grund war fahrlässige oder vorsätzliche Brandstiftung (43 %), wobei in Senioren- und Pflegeheimen der Schwerpunkt auf dem fahrlässigen Umgang mit offenem Feuer lag. An zweiter Stelle stehen technische Defekte an elektrischen Anlagen oder Geräten (31 %), gefolgt von riskantem Rauchen (15 %), insbesondere in der Nähe von Sauerstoffgeräten. Hier reicht ein Funke zur Entzündung und ein Feuer breitet sich rasend schnell aus. Gerade in diesen Fällen sind nicht nur die Brandverursacher selbst gefährdet, sondern auch zahlreiche andere Bewohner und Patienten, die sich in unmittelbarer Nähe des Brandraumes aufhalten.

Rettung unter Zeitdruck: Wenn Minuten über Leben und Tod entscheiden

Fast alle der 27 Brandopfer in Alten- und Pflegeheimen im vergangenen Jahr starben in dem Bereich, in dem das Feuer ausbrach. Zwar waren Personal und Feuerwehr schnell zur Stelle und konnten durch vorbildliches Handeln Schlimmeres verhindern. Breitet sich ein Feuer jedoch zu schnell aus, ist eine Rettung oft nicht mehr möglich.

Nicht nur in Pflegeheimen, sondern auch in Seniorenheimen und Einrichtungen des Betreuten Wohnens leben überdurchschnittlich viele Bewohner mit geistigen oder körperlichen Einschränkungen. Bei einer Evakuierungszeit von ca. 3 Minuten pro Bewohner kann das Personal in diesen Einrichtungen, vor allem nachts, oft keine sichere Evakuierung gewährleisten. Trifft die Feuerwehr ein, muss sie in vielen Fällen parallel zum Löschangriff zunächst umfangreiche Maßnahmen zur Menschenrettung einleiten. Für die Menschen in direkter Nähe des Feuers kann es dann selbst nach wenigen Minuten zu spät sein.

Schutzbedürftige besonders schützen

Automatische Sprinkleranlagen sind besonders wirksam, um die Überlebenswahrscheinlichkeit im Brandraum zu erhöhen sowie Personal und Feuerwehr bei der Evakuierung zu entlasten. Sie bekämpfen einen Brand schnell und aktiv und verlangsamen damit die Ausbreitung von Feuer und Rauch in angrenzende Bereiche. Ein weitverbreiteter Irrglaube, dass Sprinkleranlagen ganze Krankenhäuser oder Pflegeheime überfluten würden, ist unbegründet. Tatsächlich lösen sie nur in unmittelbarer Nähe des Brandherdes aus und begrenzen das Feuer in der Regel mit maximal ein bis zwei Sprinklern. Der Wasserverbrauch ist dabei deutlich geringer als bei einem Feuerwehreinsatz ohne Sprinkleranlage.

Insbesondere bei Neubauten von Alten- und Pflegeheimen sollte daher der Einbau einer Sprinkleranlage sorgfältig geprüft werden, zumal je nach Bundesland Kosteneinsparungen durch größere Brandabschnitte, geringere Anforderungen an Wände und Verglasungen sowie z. B. den Verzicht auf Freilauftürschließer möglich sind.

Internationaler Vergleich: Deutschland hinkt hinterher

In deutschen Pflege- und Seniorenheimen sind nur wenige Sprinkleranlagen installiert. In Ländern wie Großbritannien und den USA dagegen sind sie wesentlich weiter verbreitet und ihre Wirksamkeit und ihr Nutzen sind anerkannt. So fordert der britische National Fire Chief Council (NFCC) Wasserlöschanlagen seit langem auch für Pflegeheime und Krankenhäuser. Nach Angaben der Staatssekretärin für Gebäudesicherheit Rushanara Ali sollen Sprinkleranlagen für neu gebaute Pflegeheime in Großbritannien gesetzlich vorgeschrieben werden. In den USA konnte nach einer Studie der National Fire Protection Association (NFPA) durch den Einsatz von Sprinkleranlagen in Wohnbereichen die Zahl der Todesopfer um etwa 90 % und die Zahl der Verletzten um 30 % reduziert werden.

Erkenntnisse und Ausblick

Brandschutz endet nicht mit der Erteilung der Baugenehmigung, sondern muss regelmäßig aktualisiert und angepasst werden. Genauso wichtig wie anlagentechnische Brandschutzmaßnahmen sind aktuelle bauliche und organisatorische Maßnahmen. Dazu gehören ein Evakuierungskonzept für den Brandfall, das die individuellen Einschränkungen der Bewohner und Patienten berücksichtigt sowie regelmäßige Schulungen des Personals, z. B. auch im Umgang mit Feuerlöschern. Ebenso hilfreich ist die konsequente Durchsetzung eines strikten Rauchverbots, insbesondere in brandgefährdeten Bereichen sowie die Verwendung von schwer entflammbarem Mobiliar. Auch in Einrichtungen mit überwiegender Wohnnutzung sollten sich die Betreiber bei der Auswahl der Maßnahmen unabhängig von der bauaufsichtlichen Einstufung an den tatsächlichen Schutzzielen orientieren.

Völlig unverständlich ist dagegen die Beseitigung vorhandener Brandschutzmaßnahmen wie jüngst in Bamberg geschehen. Dort beschlossen die Eigentümer der überwiegend vermieteten Wohnungen in einer Einrichtung des Betreuten Wohnens, die vorhandene Brandmeldeanlage abzuschalten. Pikanterweise kamen die Gegenstimmen von den beiden Eigentümern, die dort selbst einen sicheren Lebensabend verbringen wollten.

 

Brände in Pflegeheimen nehmen deutlich zu – Sicherheitskonzepte für Einrichtungen werden wichtiger.

Grafik: bvfa

Wie der bvfa Zahlen und Fakten auswertet

Der bvfa wertet regelmäßig Meldungen von Medien, Feuerwehren und Polizei über Brandereignisse in Krankenhäusern, Pflege- und Seniorenheimen sowie anderen sozialen Einrichtungen aus. Die ermittelten Zahlen stellen daher eher eine Untergrenze dar. Sie werden wöchentlich aktualisiert und stehen im Internet unter www.bvfa.de/Themen zur Verfügung.

Kurzinfo

Portrait Dr. Wolfram Krause

Foto: bvfa

Dr. Wolfram Krause ist Geschäftsführer des bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V. mit Sitz in Würzburg. Der studierte Jurist sitzt in vielen Gremien, die maßgeblich an der Brandschutzgesetzgebung in Deutschland beteiligt sind.

Dr. Wolfram Krause
bvfa – Bundesverband Technischer Brandschutz e. V.
Koellikerstr. 13, 97070 Würzburg
Telefon: 0931/35292-0
E-Mail: info@bvfa.de

Dieser Artikel ist in der Ausgabe 01/2025 erschienen.

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