„vietduc.care“ akquiriert Pflege-Azubis aus Vietnam – von Winfried Hüttl –

 

Le Thi Ngoc aus Hanoi hat einen großen Wunsch: Sie möchte Ihren 23. Geburtstag im September 2015 in Deutschland feiern – und zwar als Auszubildende in der Altenpflege. Die examinierte Krankenschwester hätte sich vor zwei Jahren gerne für den Modellversuch der Bundesregierung beworben: Damals bekamen 120 vom vietnamesischen Ministerium MOLISA auserwählte Kolleginnen und Kollegen die Chance, am Goethe-Institut Deutsch zu lernen, um anschließend die dreijährige Ausbildung in Deutschland zu starten. Die Zwischenbilanz aus diesem Modellprojekt der GIZ und des BMWi – Referats fiel so gut aus, dass bereits im vergangenen August auf dem Berliner Pflegegipfel ein „Weiter so!“ skandiert wurde und der Appell erging, „nunmehr auf privater Basis und individuell“ junge Menschen aus Vietnam zu rekrutieren. [[wysiwyg_imageupload:769:]]

Eine weitere staatliche Förderung ist nicht vorgesehen. Allerdings: Kleinere Ausbildungseinheiten der Altenpflege können die aufwendige Suche und Akquise in Südostasien nicht leisten. Das führte vor einigen Monaten zur Gründung des gemeinnützigen Projekts „www.vietduc.care“, einem Verein, der von deutschen und vietnamesischen Hochschullehrern und Bildungsberatern ins Leben gerufen wurde und aus Vietnam heraus jährlich etwa 400 qualifizierte Bewerber in die Altenpflege-Ausbildung nach Deutschland, Österreich und der Schweiz vermitteln wird. Sprachkompetenz ist wichtigste Grundlage „Die Ausgangslage fürs Deutschlernen ist aber momentan eher prekär“ meint Huu Cao Ngan, der emeritierte Dekan der Hochschule für Fremdsprachen Hanoi. Die Nachfrage junger Vietnamesen kann gegenwärtig von den klassischen Institutionen nicht mehr befriedigt werden. Nachdem das preiswerte Studieren ohne Studiengebühren in Deutschland immer attraktiver wurde und weitere Projekte wie Blucard-Jobseeker Visum oder duale Berufsausbildung den Bedarf anheizen, müssen in Vietnam die Kapazitäten erweitert werden. Deshalb gründete Huu Cao Ngan Studienzentren für Deutsch in der Hauptstadt und unterstützt den Sprachunterricht an der Trung Vuong Universität nördlich des Flughafens Hanoi, wo der Verein den Bau eines Studentenwohnheimes mit 300 Schlafplätzen fördert. Für die potenziellen Pflege-Azubis steckt die Ziellatte beim B2-Level, das über das Goethe-Institut Hanoi geprüft wird. „Vietduc.care“ hilft dem engagierten Dekan und seinem Team, sei es mit „Senior-Experten“ als Lehrpersonal, mit Materialien zur Fachdidaktik und Fachtermini der Altenpflege und sorgt letztlich, dass die jungen Menschen auch eine Chance haben, nach Deutschland vermittelt zu werden.

 

Zentrale Pinnwand ist Webplattform www.vietduc.care

Dafür sorgt die vom Verein betriebene Webplattform, die bereits dem Namen (Vietnam – Deutschland) nach in Kurzform die Programminhalte beschreibt: Es geht um die Förderung der Pflegeausbildung in Vietnam – natürlich mit der Zielsetzung, Auszubildende für Deutschland, der Schweiz und Österreich zu gewinnen. Wie bereits der Modellversuch der Bundesregierung zeigte, entsteht eine „Triple Win Situation“: Deutschland profitiert dadurch, den Pflegenotstand hierzulande abzumildern. Die jungen Vietnamesen erhalten eine solide und zukunftsfähige Ausbildung und Vietnam, in dem mehr als 60 Prozent der Bevölkerung unter 25 Jahren alt ist, kann Jugendarbeitslosigkeit und fehlende Ausbildungskapazitäten kompensieren. Wer in Vietnam eine mindestens zehnjährige Ausbildung absolvierte und Deutsch bis Level B beherrscht und sich für eine Ausbildung als Altenpfleger im deutschsprachigen Raum interessiert, kann kostenfrei auf der Webplattform ein Bewerbungsprofil veröffentlichen. Verein prüft vorab Ausbildungsverträge Ist eine Altenpflegeeinrichtung oder -Schule an einem Bewerber interessiert, genügt ein qualifizierter Ausbildungsvertrag, um in Vietnam ein Visum beantragen zu können. Zu beachten sind gleichartige Konditionen, die auch für deutsche Bewerber gelten. Reisekosten müssen nicht übernommen werden. Aus den Jahresbeiträgen der Fördermitglieder – in der Regel 500 Euro – kann der Verein Zuschüsse zu Reisekosten zahlen. Außerdem werden mit den Airlines Sondertarife vereinbart. Verpflichtungsklauseln, wonach eine zeitweilige Weiterbeschäftigung nach der Ausbildung zwingend vereinbart wird, sind zum Beispiel unzulässig. Nicht zuletzt muss aus formalen Gründen die Zustimmung der ZAV eingeholt werden, was jedoch aufgrund der Arbeitsmarktsituation flächendeckend in Deutschland nur eine Formalität ist.

Weiterentwicklung des Ausbildungsnetzwerkes[[wysiwyg_imageupload:770:]]

In der Vereinssatzung ist mittelfristig vorgesehen, dass sich die Ausbildungs- und Pflegeeinrichtungen, die als Fördermitglieder den Verein unterstützen, innerhalb des Netzwerkes von Partnerinstitutionen in Vietnam über neue Formen und Modelle der Altenpflegebildung abstimmen. Denkbar ist die Verlagerung der Theorieausbildung an Colleges und Hochschulen, sodass in Deutschland eine verkürzte praxisbezogene Ausbildung reichen wird. Grundsätzliches ist ohnehin infrage zu stellen: Sind „College nurses“ mit einer sechssemestrigen Ausbildung in Vietnam überqualifiziert sind und ist es nicht unangemessen, nochmals drei Jahre Altenpflegeschulung in Deutschland anzuhängen? Warum federt man den Pflegenotstand nicht dadurch ab, dass auch Altenpflegehelfer aus Vietnam hierzulande arbeiten können? Der Verein versteht sich somit auch als Lobbyist sowohl im Interesse der Altenpflege in Deutschland als auch für Bewerber aus Vietnam, wenn es darum geht, bürokratische Hürden anzuprangern und abzubauen. Zum Kennenlernen: Workshops und Kontaktbörse Ende Mai 2015 vor Ort

„Es ist ein Muss, dieses Land und die Mentalität der Menschen kennenzulernen“ so Vorstandsmitglied Prof. Dr. Huth, der als ehemaliger Vizepräsident der deutschen Hochschulrektorenkonferenz bei der Internationalisierung deutscher Bildungsangebote umfangreiche Erfahrungen sammelte. Eine Kontaktbörse in Hanoi, Da Nang und Ho-Chi-Minh-City ermöglicht es, direkt Bewerber/innen kennenzulernen und eine Auswahl für 2015 und 2016 zu treffen. Ziel der Mitgliederreise ist ferner der Kontakt zu einschlägigen Bildungseinrichtungen und zu Vertretern vom Arbeitsministerium MOLISA und der Agentur DOLAB, dem ZAV- Pendant in Vietnam.

 

Zum Autor:

 

Professor Winfried Hüttl ist Vorsitzender des gemeinnützigen Vereins zur Förderung der Pflegeausbildung in Vietnam e.V. Seit 1990, der Öffnung des Landes nach der Doi Moi- Phase, der Perestroika Vietnams, ist der gelernte Journalist und PR-Unternehmer in Vietnam beruflich tätig, unter anderem auch als Vizepräsident der privaten Trung Vuong Universität. Er ist erreichbar über die Mailadresse vorstand@vietduc.care

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