Die Zeit heilt keineswegs immer alte Wunden …

NRW-weites Verbundprojekt bietet umfassende Hilfs- und Informationsangebote zum Thema „Alter und Trauma“

Ungefähr zwei Drittel der Menschen in Deutschland, die bis 1946/47 geboren wurden, wurden im Krieg und in der Nachkriegszeit durch Bombardierungen, Flucht, Verluste oder Hunger traumatisiert. Darüber hinaus wird geschätzt, dass in ganz Deutschland in dieser Zeit mehr als 890.000 Frauen vergewaltigt wurden oder Übergriffe beobachten mussten1. Und auch außerhalb von Kriegszeiten haben alte Menschen in ihrem Leben verschiedene Traumata – wie bspw. Unfälle oder (sexualisierte) Gewalterfahrungen – erlitten.

Wenn die Gefühle von damals im Heute lebendig werden, Foto: Wildwasser

Viele von ihnen hatten in der Nachkriegszeit kaum Möglichkeiten, das Geschehene zu verarbeiten, denn Wiederaufbau musste geleistet werden. Eine Inanspruchnahme von Therapie galt als verpönt, spezialisierte Beratungsstellen etablierten sich erst im Laufe der 80er Jahre, so dass die Menschen individuelle Bewältigungsstrategien zum Umgang mit den Erlebnissen entwickeln mussten. Viele haben Zeit ihres Lebens nicht über ihre schmerzhaften Erfahrungen sprechen können.

Neuere Erkenntnisse belegen, dass die psychisch und physisch extrem belastenden Auswirkungen von traumatischen Erfahrungen – wie Albträume, Herzrasen, Panik oder auch Übererregbarkeit – häufig erst im Alter massiv auftreten. Die Lebensphase Alter ist eine Phase des Wandels und Umbruchs: Die Aufgabe des Berufs, der Verlust des Partners oder der Partnerin, eigene Erkrankungen oder der Umzug in ein Pflegeheim. Auch wenn eine Person Bewältigungsstrategien zum Umgang mit den Erlebnissen entwickelt und angewandt hat, können diese Veränderungen dazu beitragen, dass sie im Alter nicht mehr darauf zurückzugreifen kann2.

Vor allem Pflegesituationen beinhalten viele potentielle Auslöser für die Reaktivierung alter Traumata, denn sie können mit Gefühlen von Kontroll- und Hilflosigkeit, Ohnmacht und dem Verlust von Selbstbestimmung einhergehen. Denn genau dieses Erleben entspricht den Gefühlen in der zurückliegenden traumatischen Situation.

Das Verbundprojekt „Alter und Trauma – Unerhörtem Raum geben“ bietet Unterstützung für Betroffene, ihre Angehörigen und Professionelle aus dem Bereich der Altenhilfe an.

Weitere Informationen:

Auf der Internetseite www.alterundtrauma.de finden sich zahlreiche Informationen, Praxistipps, Zeitzeugenberichte, Fortbildungstermine und die Möglichkeit Fragen zu stellen.

Finanziert wird das Projekt noch bis August 2016 durch die Stiftung Wohlfahrtspflege NRW und das MGEPA NRW . Verbundprojektpartner sind Wildwasser Bielefeld e.V., das Institut für soziale Innovationen in Neukirchen-Vluyn (ISI e.V.), das Deutsche Institut für angewandte Pflegeforschung in Köln (dip e.V.) und die PariSozial Minden-Lübbecke/Herford.

 

1 Gebhardt, M. (2015): Als die Soldaten kamen. München: DVA.

2 u.a. Heuft, G. (2004): in: PIA, Nr. 3, 1

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